GAMMERTINGEN. Waschen, Trocknen, Falten, von der Socke bis zum Restauranttischtuch: 21 Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten in der Mariaberger Textilservice gGmbH gleichberechtigt und zum selben Tarif Seite an Seite. Der coronabedingte Wegfall von Aufträgen belastet das Inklusionsunternehmen finanziell immens: Ab Oktober steht für die Festangestellten Kurzarbeit ins Haus. Aktion Mensch unterstützt die Wäscherei nun im Rahmen ihrer Corona-Soforthilfe für Inklusionsunternehmen und Zuverdienstbetriebe mit 20 000 Euro.
Die Mariaberger Textilservice gGmbH verzeichnete seit seiner Gründung 2008 stetiges Wachstum und eine Umsatzsteigerung von 112 Prozent. Rund 403 Tonnen Wäsche gingen hier 2019 über den Tisch; zehn Jahre zuvor waren es noch 286 Tonnen. Neben der internen Reinigung für die Wohngruppen des diakonischen Trägers Mariaberg und den Aufträgen der gewerblichen Tochter Mariaberger Bildung & Service GmbH gehören auch regionale Gastronomie und Hotellerie zum Kundenstamm.
Brücken zum Arbeitsmarkt
In den Corona-Monaten kam es dadurch zu massiven Einbußen, von der sich das Unternehmen laut Geschäftsführer Rüdiger Böhm aktuell langsam erholt: »Bei allen Maßnahmen der vergangenen Jahre und auch jetzt kam von Aktion Mensch und vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) stetige Unterstützung. Dafür sind wir sehr dankbar.«
Inklusionsbetriebe schlagen die Brücke zwischen den Werkstätten für Menschen mit Behinderung und dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Neben aktuell vier Minijobbern stemmen in Mariaberg 17 Beschäftigte die Wäscheberge, davon sieben Inklusionsmitarbeitende. Sibylle Mahler ist als Betriebsleitung von Anfang an dabei und teilt die Mitarbeitenden gemäß ihren Fähigkeiten an den Stationen ein: »Unsere neue Faltmaschine ist zum Beispiel so schlau konzipiert, was die Bedienung angeht, dass sie auch sehr gut für unsere Inklusionsmitarbeitenden geeignet ist.« Die Hälfte der Anschaffungskosten (28 000 Euro) hat dabei der KVJS Baden-Württemberg beigesteuert.
Inklusion ist Teamwork: Im Fall von Patricia Kley, einer gehörlosen Mitarbeiterin, helfen der Integrationsfachdienst und die freiberufliche Diplom-Dolmetscherin für Gebärdensprache Elli Schob bei der Verständigung. Corinna Kanz, stellvertretende Betriebsleitung, weist Kley in den Umgang mit der neuen Faltmaschine ein, während Schob simultan mit Gebärden übersetzt. »Die Kommunikation mit den anderen ist manchmal ein bisschen schwierig. Vor allem der Mundschutz erschwert das zusätzlich: so kann ich nicht Lippenlesen. Aber besonders Corinna gibt sich viel Mühe«, erklärt Patricia Kley mit der Übersetzung von Elli Schob.
Rony Huber arbeitet seit 2012 als Inklusionsmitarbeiter in der Wäscherei. Gewissenhaft legt er die Arbeitskleidung von medizinischem Fachpersonal nach dem Trocknen aufeinander, damit keine Falten entstehen. Die Arbeit macht ihm Spaß, auch wenn es durch die Tourenabfertigung manchmal sehr viel auf einmal zu tun gibt: »Mit dem Tempo komme ich klar. Es ist zwar hoch, aber wir kriegen das immer hin.« Der 28-Jährige wohnt allein in einem ambulant betreuten Apartment in Mariaberg. Nach Feierabend lässt er privat die Schmutzwäsche aber lieber bis zum Wochenende liegen, erzählt er lachend. (eb)