ENINGEN. »Es gibt zahlreiche Rechtsverfahren innerhalb der Baurechtsbehörde, die es uns erschweren, für die Zukunft zu arbeiten, da wir zuerst die Vergangenheit bewältigen müssen«, schrieb Bürgermeister Eric Sindek vor geraumer Zeit im Eninger Amtsblatt. Und dass es frustrierend sei, wenn unter dieser personalintensiven Arbeit die Gegenwart leide. Was steckt hinter diesen Worten? Sindek und Ortsbaumeisterin Angela Spoljar erklären die Hintergründe.
Wer bauen will und auf die Baugenehmigung wartet, dem wird schnell die Zeit zu lang. Das weiß auch Eningens Bürgermeister Eric Sindek. »Das könnte doch jetzt fertig sein«, so die Erwartung. Doch Anspruch und Realität klaffen - nicht nur - auf dem Eninger Rathaus auseinander. Und das hat aus Sicht der Ortsbaumeisterin mehrere Gründe. Zum einen hat in vielen Fällen nicht nur das Bauamt der Gemeinde ein Auge auf die Unterlagen. »Wir brauchen auch die Fachbehörden, etwa beim Brandschutz«, erklärt Angela Spoljar. Das heißt, ihr Team muss auf die Antwort – etwa aus dem Landratsamt – warten. Hinzukommen viele Widerspruchsverfahren, weil die Bürger mit den Entscheidungen und Festlegungen nicht einverstanden sind. Das habe zugenommen. Und da sei noch die allgemeine Unzufriedenheit der Bürger mit der Regierung in Berlin. »Wir sind der Prellbock. Hier kann man seinen Frust ablassen«, erklärt Sindek, warum der Umgang mit den Bürgern nicht einfacher wird.
Frist nicht einhaltbar
Das alles bindet Kapazitäten. Mit großer Sorge blicken die beiden deshalb auf eine geplante Änderung in der Landesbauordnung. Demnach sollen in Zukunft eingereichte Bauanträge, die nicht innerhalb von drei Monaten bearbeitet wurden, automatisch als genehmigt gelten. Spoljar macht deutlich, mit der momentanen Personalstärke im Bauamt ist die Frist nicht zu schaffen und geeignetes Personal sei nicht einfach zu finden. Noch in diesem Jahr soll es zumindest eine zusätzliche Stelle geben, die zu 50 Prozent auf Baurecht spezialisiert ist und zu 50 Prozent die Aufgaben eines Klimamanagers übernimmt. »Das hilft«, sind sich die beiden sicher.
Nur im rechtlichen Rahmen: Wohnen im Gewerbegebiet
Und Hilfe braucht’s vor allem wegen des dritten Problems des Ortsbauamts: den Altlasten. Sindek hat einige Beispiele parat. So will die Gemeinde den weitgehend ungenutzten Spielplatz im »Hörnle« in einen Bauplatz umwandeln. Im Prinzip kein Problem, wenn nicht Anlieger die Gemeinde darauf aufmerksam gemacht hätten, dass diese Fläche gar nicht der Gemeinde gehört, sondern den Anliegern. Die hätten nämlich damals die Fläche für den Bau nur zur Verfügung gestellt. In den Unterlagen der Gemeinde findet sich nichts dazu. Ein weiteres Problem: Wohnen im Gewerbegebiet. Klar ist, dass dies nur sehr eingeschränkt gestattet ist, etwa für Firmeninhaber oder einzelne Beschäftigte, die rund um die Uhr für den Betrieb schnell erreichbar sein müssen. Doch was ist, wenn’s den Betrieb nicht mehr gibt? Eningen will da in Zukunft eine klare Linie fahren, erklärt Sindek und Wohnen im Gewerbegebiet nur innerhalb der gesetzlichen Vorgaben gestatten.
Der Bürgermeister hat noch einige weitere Altlasten in petto. Etwa den nie vollzogenen Ringschluss zwischen Charlieuer Straße und Sulzwiesenstraße. Beide enden abrupt, unter anderem für den Winterdienst und die Müllentsorgung ein Problem. Dass Altlasten auch andernorts für Arbeit sorgen, sind sich die beiden bewusst. Doch in Eningen balle sich die Arbeit momentan. Denn es liegen auch wichtige Bebauungspläne auf dem Tisch, die Kräfte binden, etwa die Neugestaltung der Ortsmitte, die Umnutzung des Geländes der ehemaligen Gärtnerei zwischen Einsteinstraße und Max-Planck-Straße oder des Möve-Areals. Die Bebauung zwischen Jahnstraße und Zeppelinstraße kostet ebenfalls Zeit. Sindek und Spoljar können noch weitere aufzählen. Sprich: Es gibt jede Menge zu tun.
Vor Ort entscheiden
»Das liegt auch daran, dass der Bürgermeister eine Ortsentwicklung will«, betont Sindek. Wäre es dann nicht gut, einen Teil der Aufgaben abzugeben – etwa ans Landratsamt? Sindek verneint das schon, bevor die Möglichkeit ins Spiel gebracht wird. »Wir sind froh, dass wir die untere Baurechtsbehörde haben«, erklärt er, »so haben wir die Prozesse in der Hand.« Heißt: Nicht das Landratsamt entscheidet, sondern die Gemeinde, beispielsweise über Baugenehmigungen. Für das Bauamt bedeutet das, es muss weiter priorisieren, Altlasten abbauen und die Topthemen angehen. Und die Bauherren müssen etwas Geduld mitbringen, bis ihre Baugesuche den Genehmigt-Stempel bekommen – zumindest vorerst. (GEA)