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Wie es mit der Windkraft in Eningen weitergeht

Nach langer Zeit ist das Thema Windkraft wieder in der öffentlichen Sitzung des Eninger Gemeinderates aufgeschlagen. Was beschlossen wurde und wie es weitergeht.

Drei Anlagen könnten auf dem Windenergie-Vorranggebiet RT-18, das sich auf der Hochfläche vor dem Gestütshof St. Johann auf Enin
Drei Anlagen könnten auf dem Windenergie-Vorranggebiet RT-18, das sich auf der Hochfläche vor dem Gestütshof St. Johann auf Eninger Gemarkung befindet, gebaut werden. Foto: Gambarini/dpa/dpa
Drei Anlagen könnten auf dem Windenergie-Vorranggebiet RT-18, das sich auf der Hochfläche vor dem Gestütshof St. Johann auf Eninger Gemarkung befindet, gebaut werden.
Foto: Gambarini/dpa/dpa

ENINGEN. Es ist ein Thema, dass oft für Aufruhr sorgt: Windkraftanlagen. Was die einen als Natur verschandelnd empfinden, ist für die anderen ein wichtiger Schritt gegen den Klimawandel. Auch in Eningen wurde erneut über das Thema gesprochen: Auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Gemeinderates ging es um die Entwicklung von Windenergieanlagen. Und obwohl noch nicht final bekannt ist, ob es überhaupt Flächen für Windkraftanlagen auf Eninger Gemarkung gibt, wurde doch lange und ausführlich darüber gesprochen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger waren in die HAP-Grieshaber-Halle geströmt, um den Ausführungen des Gremiums zu lauschen.

»Das Thema Windkraft ist eines, dass die Menschen bewegt«, sagte Eningens Bürgermeister Eric Sindek vorab beim Pressegespräch. »Ich finde es aber wichtig, dass wir uns als Gemeinde einbringen und unseren Beitrag leisten.« Aktuell gebe es zwei Gebiete in der Achalmgemeinde, auf denen Windenergieanlagen gebaut werden könnten: Der Regionalverband Neckar-Alb (RVNA) hatte die beiden Vorrangflächen RT-18 und RT-19 ausgewählt. In der Gemeinderatssitzung im März 2024 hatte das Gremium diesen mit großer Mehrheit zugestimmt.

Flächen für Windkraft noch nicht final

»Wir haben zwar diese beiden Vorrangflächen, final beschlossen sind sie so aber noch nicht«, erklärte Sindek. Die Flächen könnten sich noch einmal ändern oder gar ganz vom Tisch kommen, sollten beispielsweise bestimmte Gutachten gegen deren Nutzung sprechen. Geplant werde trotzdem, »als ob sie so bleiben«. RT-18 befindet sich auf der Hochfläche vor dem Gestütshof St. Johann rechts und links der Straße Richtung Würtingen auf Höhe des Oberen Stausees beziehungsweise des Schafstalls. Die Fläche ist 68 Hektar groß und ist weitestgehend in der Hand der Gemeinde. RT-19 ist ein 77 Hektar großes Areal, das am Fuße der Alb, westlich des Glemser Stausees liegt und größtenteils zu Metzingen gehört. Der Teil auf Eninger Gemarkung hat einen »bunten Strauß« an Eigentümern.

Das Gebiet RT-18 im Regionalplan für Windenergie-Vorranggebiete liegt vollständig auf Eninger Gemarkung.
Das Gebiet RT-18 im Regionalplan für Windenergie-Vorranggebiete liegt vollständig auf Eninger Gemarkung. Foto: Regionalverband Neckar-Alb
Das Gebiet RT-18 im Regionalplan für Windenergie-Vorranggebiete liegt vollständig auf Eninger Gemarkung.
Foto: Regionalverband Neckar-Alb

»Wir waren mit dem Gemeinderat schon vor Ort und haben uns die Fläche RT-18 angeschaut«, sagte Sindek. Auch verschiedene Projektierer seien mit von der Partie gewesen. In den zahlreichen nicht-öffentlichen Beratungen zum Thema Windkraft auf Eninger Gemarkung wurde deutlich, dass es ein regionaler Projektierer sein soll, der auch zu Eningen passt.

Sonnenbühler Firma soll Planung übernehmen

Genau darum ging es auch in der Gemeinderatssitzung: Bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme wurde beschlossen, dass die Sonnenbühler Firma Sowitec sich der Planung und Umsetzung der Windkraftanlagen annimmt. »Das bedeutet also, dass wenn es Windkraft in Eningen geben soll, was ja noch nicht sicher ist, dann nur mit Sowitec«, ergänzte Sindek. Es wurde auch besprochen, dass die Eningerinnen und Eninger zeitnah mit ins Boot geholt werden sollen.

Das Gebiet RT-19 liegt nur zum Teil auf Eninger Gemarkung. Der größere Teil gehört zur Stadt Metzingen.
Das Gebiet RT-19 liegt nur zum Teil auf Eninger Gemarkung. Der größere Teil gehört zur Stadt Metzingen. Foto: Regionalverband Neckar-Alb
Das Gebiet RT-19 liegt nur zum Teil auf Eninger Gemarkung. Der größere Teil gehört zur Stadt Metzingen.
Foto: Regionalverband Neckar-Alb

»Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger gut mitnehmen und bestens und über die Flächen und die möglichen Auswirkungen der Windkraftanlagen informieren«, sagte Ute Petrick, Leiterin des Haupt- und Ordnungsamts. Wer der jüngsten Gemeinderatssitzung beiwohnte, konnte einen ersten Geschmack dafür bekommen, wie die Veranstaltung laufen könnte.

Firma auch bei Projekten auf der Alb beteiligt

Vorrangig ging es darum, den Projektierer kennenzulernen: Die Sonnenbühler Firma Sowitec wurde 1993 gegründet und baut und betreibt seitdem Windparks auf der ganzen Welt. »Wir haben bereits 32 Windparks mit 105 Windenergieanlagen in Deutschland gebaut und haben weitere Projekte am Laufen«, erklärte Gerd Hummel, Sowitec-Geschäftsführer. Auch bei den Parks in Trochtelfingen und Grabenstetten, ist die Firma von der Alb beteiligt. Neben den allgemeinen Informationen sprachen Hummel und der Sowitec-Projektentwickler Steffen Mauser aber auch konkret über ihre Pläne für Eningen.

Auf der RT-19-Fläche könnten drei Windkraftanlagen gebaut werden, von der eine auf Eninger Gemarkung stehen würde. Auf der RT-18-Fläche könnten es vier Anlagen sein. Um einige Biotope müsse herum gebaut werden, ansonsten gebe es auf den Arealen keine weiteren Schutzgebiete, die gegen den Bau sprächen. »Die Flächen befinden sich beide in der Entwicklungszone des Biosphärengebietes, das ist aber kein Hindernis«, erklärte Mauser.

Bis zu 3.200 Meter Abstand zu Eningen

Die Entfernung der RT-19-Anlagen zu Eningen würde 1.300 Meter betragen und die der RT-18-Anlage 3.200 Meter. »Letzteres ist ein beachtlicher Abstand, den wir so selten auf der Schwäbischen Alb finden«, sagte Mauser. Die Anlagen, die auf den beiden Arealen gebaut werden könnten, heißen Vestas V172. Sie haben eine Rotorblattlänge von 89 Metern und eine Gesamthöhe von 261 Metern.

Weil die Firma Sowitec akkreditierte Gutachter im Haus hat, konnten sie auch schon Schall- und Schattengutachten erstellen: »Wir haben dazu jeweils den schlimmst möglichen Fall gewählt und unserer Berechnung erstellt«, sagte Mauser. Wenn der Wind im »ungünstigsten Fall« direkt auf Eningen zuweht, würden zwischen 35 und 40 Dezibel am Ortsrand zu hören sein - sollten sie nicht von Alltagsgeräuschen überlagert werden. Das entspricht etwa dem Geräusch, das ein Kühlschrank erzeugt. Schattenwürfe würde es durch die Anlagen in Eningen nie geben.

Wind ausreichend vorhanden

»Der Wind wird in den Gebieten kräftig genug wehen, die Anlagen werden sich lohnen«, schloss Mauser seine Ausführungen mit einem Blick auf den Windatlas ab. Pro Jahr könnten so rund 121.600 Megawattstunden produziert und damit rund 37.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Finanziell könnten sich die Windkraftanlagen positiv auf die Gemeinde auswirken. Sindek sprach sogar davon, dass die Einnahmen, die durch Anteile an der Stromproduktion, die Gewerbesteuer und die Pachtzahlungen der Grundstücke entstehen, »Haushaltslöcher« stopfen könnten.

Sogar die Bürgerinnen und Bürger könnten sich finanziell beteiligen. »Wie das aussieht, können wir aber noch nicht genau sagen«, ergänzte Sindek. Auch sonst gibt es noch vieles, das geklärt werden muss, sollten die Vorranggebiete RT-18 und RT-19 so bestehen bleiben: Zufahrtswege, naturschutzrechtliche Belange und auch die Frage danach, wo der Strom dann hingehe, seien nur einige von vielen Punkten, die durchdacht werden müssen, sagte Sindek. »Auch luftrechtliche Fragen müssen wir noch klären«, da das Fluggelände Rossfeld nahe ist.

Als Windkraft-Gegner geoutet

»Ich bin froh, dass wir mit dem Thema an die Öffentlichkeit gehen«, sagte Cliff Werz (CDU). »Aber bei aller Sympathie gegenüber der Firma Sowitec, oute ich mich als Windkraft-Gegner.« Er sei auch gegen Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen. Werz verstehe nicht, wie man von Naturschutz sprechen könne, gleichzeitig aber die Natur durch solche Anlagen zerstören wolle. »Diesen Eingriff finde ich nicht gut. Die Energiewende muss anders funktionieren.« Dass der Strom nicht aus der Steckdose komme, sondern irgendwo produziert werden müsse, ist für Rebecca Hummel klar. »Wir haben in den letzten Jahren keine guten Erfahrungen mit Gas gemacht und ich bin froh, dass wir jetzt ein neues Projekt starten«, erklärte die SPD-Rätin. Für sie ist das Thema Windkraft ein Gemeinschaftsprojekt, dass mit der Firma Sowitec strukturiert angegangen werde und an dem sich alle Eninger beteiligen können.

Die GAL-Fraktion zeigt sich glücklich über das Thema. »Wir können mit der Windkraft den Klimawandel beeinflussen und unabhängiger von politischer und fossiler Energie werden«, sagte Katharina Eckert. »Wir können die Natur nur retten, wenn wir auf erneuerbare Energie umsteigen.« Sie mahnte aber auch an, dass beim Bau so schonend wie möglich mit der Flora und Faune umgegangen werden solle. Lena Hönes (FWV) dankte der Sonnenbühler Firma für den informativen Einblick. »So, wie sie bauen würden, scheint es sinnvoll zu sein. Das ist eine schöne Möglichkeit, um an Strom zu kommen.«

Windkraft ist politische Vorgabe

»Windkraftanlagen müssen einem nicht gefallen«, sagte Florian Weller (CDU). Er verstehe jeden, der eine kritische Haltung dagegen habe. »Aber es ist heutzutage keine Frage des Geschmacks, ob es Windkraft geben soll oder nicht. Es ist eine politische Vorgabe.« Ein bestimmter Teil der Fläche des Landes Baden-Württemberg muss für den Ausbau der Windenergie genutzt werden. »Wenn wir dafür stimmen, geschieht dieser Ausbau nicht über unsere Köpfe hinweg.« Weller sieht vor allem in dem Einfluss, den die Gemeinde haben könne, wenn sie das Thema aktiv angehe und auch in den finanziellen Auswirkungen einen enormen Profit für Eningen.

Ralph Sautter (CDU) sprach das Thema Speicherung an: »Wie könnten wir den gewonnenen Strom speichern, wenn wir mehr produzieren, als wir brauchen?« Sowitec-Geschäftsführer Hummel erklärte, dass sie sich auch darüber Gedanken machen, zuerst müsse aber das Netz zur Versorgung stabil sein. »Ich könnte mir vorstellen, dass irgendwann die Elektromobilität als Speicher dienen könnte.« In einigen Ländern sei dies schon der Fall.

Standort soll so gut ausgenutzt werden wie möglich

»Sind wir denn auf alle Anlagen angewiesen?«, fragte Regine Gorgas (GAL). Die Firma würde auf jeden Fall auf die Wünsche der Öffentlichkeit eingehen, rate aber dazu, den Standort so gut auszunutzen, wie nur möglich, antwortete Hummel. »Was passiert eigentlich, wenn wir die Anlagen kleiner machen?«, wollte Martin Desczyk (CDU) wissen. Die Anlage V172 sei schon die kleinstmögliche, sagte Hummel. »Die Faustregel besagt: je höher, desto mehr Wind und mehr Strom.« Je kleiner die Anlage also werde, desto weniger Leistung würde sie erbringen können. (GEA)