ENINGEN. Katzen, die tot in Scheunen und Hütten liegen, die mit Behinderungen auf die Welt kommen und - teils tödliche - Krankheiten in sich tragen und auch übertragen: »Es gibt mindestens zehn Hotspots in Eningen, an denen jeweils bis zu 200 Katzen leben, denen es gar nicht gut geht«, erklärt Svenja Große-Kleffmann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Mensch und Tier Region Schwäbische Alb (MuT). Seit Anfang dieses Jahres sind dem Verein vermehrt solche Fälle aus der Achalmgemeinde gemeldet worden. Vor Ort wurde den Tierschützern klar: Eningen hat ein Katzen-Problem.
Große-Kleffmann steht seitdem in engem Kontakt mit Bürgermeister Eric Sindek und Ordnungsamtsleiterin Anke Arnold. Gemeinsam wollen sie das Problem aus der Welt schaffen. Die Gemeindeverwaltung möchte dafür eine Katzenschutzverordnung einführen. Was das bedeuten würde und wie groß das Katzen-Problem in Eningen wirklich ist, erklären die drei im GEA-Gespräch.
Was ist eine Katzenschutzverordnung?
»Diese Verordnung dient dem Schutz von freilebenden Katzen vor erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden« - so beginnt der erste Paragraf der möglichen Katzenschutzverordnung für Eningen. Deren Sinn und Zweck ist es demnach, durch tierschutzgerechte Maßnahmen die Zahl der freilebenden Katzen zu verringern. Eine bekannte Maßnahme ist die Kastration all jener Tiere, die uneingeschränkt frei umherlaufen können.
Welche Auswirkungen hätte die Eninger Katzenschutzverordnung auf Katzenhalterinnen und -halter?
Eningerinnen und Eninger mit einer Freigänger-Katze müssten aktiv werden, sollte die Katzenschutzverordnung eingeführt werden. Wer also eine Katze hat, die frei in der Natur umherspazieren kann, muss diese - sofern nicht schon geschehen - chippen oder tätowieren und auch kastrieren lassen. Die Katzen werden registriert, indem neben den Daten des Chips oder der Tätowierung auch Name und Anschrift der Halter in das kostenlose Haustierregister »Tasso e.V.« oder in das des Deutschen Tierschutzbunds (FINDEFIX) eingetragen werden. Hauskatzen, die keinen Freigang haben, sind von der Regelung ausgenommen. Im Fall von Zuchtkatzen hafte der Besitzer, sagt die Ordnungsamtsleiterin.
Kontrolliert wird die Umsetzung der Verordnung nicht aktiv. Katzenhalter müssen jedoch gegebenenfalls nachweisen können, dass sie den Auflagen nachgekommen sind. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem droht ein Bußgeld. »Die Höhe der Geldstrafe liegt im Ermessen der Gemeinde. Wir werden dies dann immer im Einzelfall bewerten«, erklärt Arnold.
Warum möchte die Gemeindeverwaltung Eningen eine Katzenschutzverordnung einführen?
»Die Lage ist wirklich ernst. Wir müssen verhindern, dass eine Überpopulation entsteht«, sagt Bürgermeister Sindek. Das wäre nämlich nicht nur für die Katzen selbst ein Problem, sondern auch für andere Tiere wie beispielsweise Vögel oder sogar für den Menschen. »Auch der Mensch kann sich mit gewissen Krankheiten bei Katzen anstecken«, erklärt Große-Kleffmann. Trotz der gängigen »Einfangen-Kastrieren-Freilassen«-Methode des Tierschutzvereins sei die Katzenpopulation bisher stabil geblieben und nicht gesunken.
»Jetzt müssen eben neue Methoden her«, betont Arnold. »Wir sind mit unserer Verordnung nicht gegen die Katzen, sondern für sie und möchten sie schützen.« Unter den derzeit gegebenen Umständen stehe in Eningen auch rechtlich einer Katzenschutzverordnung nichts im Wege. Neben dem Tierwohl habe die Gemeinde dabei zusätzlich auch den Schutz der heimischen Wildkatze im Fokus. Aktuell gebe es zwei in Eningen. »Wenn sich freilebende Hauskatzen und Wildkatzen paaren, dann entstehen Hybride, die in der Natur nicht überlebensfähig sind«, erklärt Sindek. Das würde den Erhalt dieser geschützten Art erschweren.
Wie schätzen regionale Tierschützer das Katzen-Problem in Eningen ein?
»Auch, wenn wir in der gesamten Region aktiv sind, gehört Eningen mit seinen zahlreichen Hotspots ganz klar zu einem unserer größten Fälle«, erklärt Große-Kleffmann. Ein Fangteam des Vereins sei dauerhaft ausschließlich in der Achalmgemeinde dabei, die unzähligen heimatlosen Katzen einzufangen. Es sind schreckliche Fälle, von denen die Tierschützerin berichtet, und von einigen während des GEA-Gesprächs auch Bilder und Videos zeigt. Zahlreiche tote Katzen, die in einer Scheune liegen, verletzte und behinderte Katzen, die in die Fallen laufen. »Allein an einer Stelle haben wir 300 Tiere gefangen. Die Dunkelziffer ist bestimmt um einiges höher, weil wir immer wieder auch auf unzählige Katzenleichen stoßen.«
Die Katzen würden sich überall verstecken: in Ställen, Scheunen oder Schuppen. »Einige sind nachweislich auch schon Richtung Pfullingen abgewandert«, sagt Große-Kleffmann. Doch nicht nur die unkontrollierte Vermehrung der Vierbeiner und das anhaltende Katzensterben seien ein Problem: »Einige Tiere tragen Krankheitserreger in sich, die sie übertragen können.« Dadurch seien nicht nur die Katzen selbst gefährdet, sondern auch Hunde, Schafe und alle anderen Tiere sowie in einigen Fällen sogar der Mensch. »Es herrscht ein enormes Katzenelend, das wir in den Griff bekommen müssen.«
Wie reagiert der Tierschutzverein aktuell auf das Katzen-Problem in Eningen?
»Wir stellen Fallen mit Futter auf und installieren Kameras, durch die wir die Lage im Blick behalten können«, erklärt Große-Kleffmann. Katzen, die nachweislich kein Zuhause haben, werden tätowiert, kastriert und wieder freigelassen. Katzen, die schon tätowiert oder gechippt sind, werden ebenfalls wieder freigesetzt. »Private Halter müssen sich keine Sorge machen, dass wir einfach so ihre Katzen festhalten oder gar kastrieren.« Durch das inzestuöse Verhalten der Katzen würden viele Tiere mit Einschränkungen auf die Welt kommen. »In den Fällen, bei denen es möglich ist, lassen wir diese behandeln.« So wurden beispielsweise bei einer Katze die Fangzähne, die zu groß geraten waren, abgeschliffen. »Das Tier konnte nicht einmal den Mund richtig schließen, geschweige denn essen. Sie wäre gnadenlos gestorben«, sagt Große-Kleffmann.
Ab wann könnte die Katzenschutzverordnung in Kraft treten?
Noch ist in Sachen Katzenschutzverordnung für Eningen nichts entschieden. Die Gemeindeverwaltung wünscht sie sich. Entscheiden wird darüber aber der Gemeinderat in seiner kommenden Sitzung. Ob und wann die Verordnung also eingesetzt werden könnte, wird frühestens Ende November oder spätestens Anfang Dezember feststehen. (GEA)