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Aktuell Geschichte

Hunderte Besucher beim Pfullinger Mittelalter-Event

Reise in die Vergangenheit: Uni-Mitarbeiter und historische Gruppen zeigen »Mittelalter Live« (Living History) in Pfullingen.

Dr. Michael Kienzle hoch zu Ross als Ritter von Greifenstein mit seinem Gefolge.
Dr. Michael Kienzle hoch zu Ross als Ritter von Greifenstein mit seinem Gefolge. Foto: Gabriele Böhm
Dr. Michael Kienzle hoch zu Ross als Ritter von Greifenstein mit seinem Gefolge.
Foto: Gabriele Böhm

PFULLINGEN. Wie lebten die Ritter im Mittelalter? Wie funktionierten ihre Waffen und was brauchte man, damit das Leben auf einer Burg funktionierte? In einem äußerst aufwendigen Living History-Event (dt. lebendiges Geschichts-Event) mit 70 Darstellerinnen und Darstellern erlebten Hunderte von Gästen im Pfullinger Schlössles-Park »Mittelalter live«. Jedoch nicht in Hollywood-Manier, sondern aufgebaut auf sorgfältiger wissenschaftlicher Recherche der Universität Tübingen, unterstützt vom Landesdenkmalamt.

Archäologe Dr. Michael Kienzle und sein Team hatten alles aufgeboten, um die Zeit der Greifensteiner im 13. Jahrhundert begreifbar zu machen. Jenes Adelsgeschlecht lebte am Albtrauf, wo ihre ehemaligen Burgen seit Jahren untersucht werden und spektakuläre Entdeckungen hervorbrachten. Da diese auf Pfullinger und Lichtensteiner Gemarkung liegen, entstand das Event als Kooperationsprojekt beider Gemeinden, unterstützt von den Geschichtsvereinen und dem Kreisarchiv.

In Rüstung und Helm

Projektleiter Kienzle selbst schwang sich in Rüstung und Helm als Herr von Greifenstein aufs Pferd, seine Knappen trugen Standarte und Schild. Dann ging es ins Turnier, an dem auch die Ritter von Lichtenstein, von Altenburg oder der Ministeriale des Herrn von Pfullingen teilnahmen. Steinewerfen, Speerschleudern und schließlich der Zweikampf wurden von den Zuschauern bejubelt, während Mittelalterexperten das Geschehen erläuterten: Der Ernst eines Ritterlebens begann mit sechs Jahren und erforderte später zweimal täglich Training in voller Rüstung, erfuhr man.

Im Schlössle war im Obergeschoss eine mittelalterliche Schreibwerkstatt zu sehen. Im Erdgeschoss wurde die Ausstellung »Ausgegraben! Ritter und Burgen im Echaztal« eröffnet, die die spannenden Grabungsfunde der letzten Jahre zeigt. Neben Keramik, Glas und den Knochen von Nutztieren sind auch die Spielsteine vom Burgstein zu sehen, die inzwischen europaweit Aufsehen erregen. Schautafeln und Filme sorgen dafür, dass selbst die kaum noch erkennbare Burg Stahleck wieder zum Leben erwacht.

Mittelalterliche Rezepte

»Man braucht sehr viel Wissen«, sagte Klaus von der Gruppe »Ratisbona 1250«, der Kettenhemden anfertigt und die Gäste über die Schulter schauen ließ. »Alles muss absolut authentisch sein.« Diesen Anspruch hatte auch die Gruppe »Comitatus 1280«, die nach mittelalterlichen Rezepten kochte und viele Fragen beantworten musste. So berichtete Hans-Ulrich Frieser vom mittelalterlichen Starkoch und Buchautor »Maestro Martino«, dessen Anweisungen man allerdings erst aufschlüsseln müsse.

»Im Mittelalter wäre ich jetzt erwachsen«, sagte Luis (14), der eifrig für die Ritter der Gruppe »Die Reisecen« aus Großbettlingen die Helme auf Hochglanz brachte. Die Köchinnen bereiteten Lauchgemüse und Krapfen für das abendliche Buffett aller Teilnehmenden zu. Von Zuschauern umlagert waren der Drechsler, der Musiker Jonathan Frey aus Olten (Schweiz) und die Färber, die aus unzähligen Pflanzen und Tieren die buntesten Garne herstellten. Überall brannten Feuer und duftete es nach Holz und Gewürzen. Viele hatten Spaß an mittelalterlichen Spielen. Überall gab es fundierte Erklärungen. Historische Musik und eine Modenschau zeigen die damaligen Vorlieben. Besonders idyllisch war der am Fluss sitzende Fischer mit seinen Netzen.

In der Baumannschen Mühle bot der Albverein Kaffee und Kuchen an, Caterer lockten mit Genüssen aus Asien oder Brot aus dem Lehmofen. Infostände gab es von ikuh, den Geschichtsvereinen Pfullingen und Lichtenstein sowie der Uni Tübingen. (GEA)