LICHTENSTEIN. Mehr als 330 GEA-Abonnenten hatten mitgemacht, fünf wurden ausgelost und konnten noch jeweils eine weitere Person mitbringen: Am Freitag erlebten GEA-Leser die Premiere der Laternenführungen auf Schloss Lichtenstein. Schlossverwalter Eberhard Etter leitete sie ab 16 Uhr durch die Räume, die kaum noch vom Tageslicht erhellt wurden. Flackernde Laternen tauchten die Kammern und Säle in ein geheimnisvolles Licht und ließen immer neue Entdeckungen erstrahlen. Diese besondere Form der Führungen ist bis zum Jahresende bereits ausgebucht, soll jedoch im Jahr 2025 wieder angeboten werden. Die Termine werden auf der Homepage eingestellt.
Die Gewinner wurden mit einem heißen Getränk, Glühwein oder Kinderpunsch, empfangen, bevor es über die in Nebel getauchte Zugbrücke ins Märchenschloss ging. Alle Teilnehmer bekamen eine Laterne, die tatsächlich sehr hilfreich war, denn das Gebäude hat nur die allernötigste elektrische Beleuchtung. Extra für dieses Event wurden auch schöne Leuchten mit dem Lichtenstein als Scherenschnitt-Motiv angefertigt. Sie werden von nun an für zehn Euro verkauft, die einem sozialen Zweck zugutekommen, doch exklusiv für die GEA-Abonnenten war die Lampe an diesem Tag kostenlos. In sanftem Schein ließ es sich erahnen, wie man früher in den Häusern ohne Elektrizität zurechtkommen musste.
Sabine Siegel aus Pfullingen hat auf dem »Schloss, das in den Wolken liegt« schon ihren 60. Geburtstag mit einer Führung gefeiert. »Es ist eine nette Überraschung, das Schloss auch mal mit Laternenbeleuchtung zu erleben«, sagte sie und war sehr gespannt auf die Ereignisse. Rein zufällig war auch ein Bekannter von ihr und ihrem Partner Gottfried Heß unter den Gewinnern. Alle Drei sind überzeugte Fans des Jazz Clubs in der Mitte.
»Ich gewinne nie was und mache eigentlich schon gar nicht mehr mit«, schilderte Susanna Rinker aus Reutlingen. Umso mehr freue sie sich, jetzt tatsächlich das große Los gezogen zu haben. Mehrere Gäste, zu denen sich inzwischen Schlosskatze Urmel gesellt hatte, berichteten, sie seinen schon längere Zeit nicht mehr auf dem Lichtenstein gewesen. Offenbar gerade deshalb, weil sie in der Nähe wohnten. Daher sei es mal wieder »dringend an der Zeit« gewesen.
Über die Zugbrücke gelangte die Gruppe in den Innenhof. »Was haben wir hier, Schloss oder Burg?« fragte Eberhard Etter. Die Gäste sind sich nicht ganz sicher. Und zu Recht, denn es handele sich bei dem in den Jahren 1840 bis 1842 von Wilhelm Graf von Württemberg, später Herzog von Urach, nach dem Roman »Lichtenstein« von Wilhelm Hauff erbauten Gebäude um eine Mischform. Der Herzog nutzte es als Sommerhaus, lud illustre Gäste ein, zechte mit ihnen in der Trinkstube und präsentierte ihnen seine mittelalterliche Sammlung.
Besonders beeindruckte die Teilnehmer die Waffenhalle mit den Schwertern und Rüstungen, die im Laternenlicht schimmernd aufleuchteten. Bekanntermaßen wohnt in der Kammer auch Schlossgespenst Alfons, das sich aber nicht blicken ließ. »Er ist es halt nicht gewohnt, dass zu später Stunde noch Betrieb ist, aber wird sich schon dran gewöhnen«, meinte Etter.
Der Schlossverwalter erklärte nicht nur, er prüfte auch das Wissen der Besucher und fragte zum Beispiel nach den Tugenden eines Ritters. Paul Leonhardt (9), der mit seinem Vater Robert gekommen war, konnte das einwandfrei beantworten. Erstaunt vernahmen die GEA-Leser, dass damals bei Hofe auch Schachspielen verlangt wurde. »Um strategisches Denken zu lernen«, erläuterte Etter. Auf sehr lebendige Weise, angereichert mit Anekdoten, brachte er den Gästen das Haus nahe.
Besuch der herzoglichen Privaträume
Im Ahnensaal lernte die Gruppe Graf Eberhard im Bart kennen, dem die Schwaben sowohl Kehrwoche als auch Laugenbrezel zu verdanken haben. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch der herzoglichen Privaträume, die nicht bei jeder Führung gezeigt werden. Seidene Sesselbezüge und Vorhänge mit dem eigenen Wappen – das hat nicht jeder zu Hause. Und sicher auch nicht luxuriöse Tapeten mit Goldpartikeln. Gerne leuchteten die Gäste auch auf die berühmten herzoglichen Sammlungen von Pfeifen und Spazierstöcken.
»Einfach großartig!« So lautete die einhellige Meinung der Teilnehmer am Schluss der eineinhalbstündigen Führung. Es sei ein unvergessliches Erlebnis. Auf dem Weg zum Parkplatz kamen Paul und Robert Leonhardt noch einmal auf den GEA zu sprechen. »Wir lesen die Zeitung morgens alle gemeinsam am Frühstückstisch. Jeder bekommt eine Seite, wir tauschen auch und unterhalten uns darüber, was wir entdeckt haben.« Der GEA sei ein Ritual, das morgens einfach dazugehöre. (GEA)