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»Eisbrucker« und »Weißer Zollker« - Gäste brachten seltene Apfelsorten zum Bestimmen

Aktuell läuft in der Baumschule Rall in Eningen die große Sortenausstellung der Fachvereinigung Obstbau. Am Wochenende konnten Obstbaumbesitzer auch ihre Sorten bestimmen lassen.

240 Apfel - und 60 Birnensorten sind in der Baumschule Rall ausgestellt.
240 Apfel - und 60 Birnensorten sind in der Baumschule Rall ausgestellt. Foto: Gabriele Böhm
240 Apfel - und 60 Birnensorten sind in der Baumschule Rall ausgestellt.
Foto: Gabriele Böhm

ENINGEN. »Guck mal, so viele verschiedene Äpfel gibt’s«, sagte eine Großmutter am Sonntag zu ihrem Enkel. Der staunte tatsächlich, denn die Sorten AG der Fachvereinigung Obstbau im Landkreis Reutlingen stellt aktuell in der Gärtnerei Rall nicht weniger als 240 Apfel- und 60 Birnensorten sowie Nüsse aus. Anlässlich des 175-jährigen Bestehens der Baumschule Rall, der ältesten in Südwestdeutschland, wurde die Präsentation von Glems nach Eningen verlegt, am Wochenende war sie sehr gut besucht.

Einige der Äpfel hatte es böse erwischt. Das Obst war von Frost, Insekten und Krankheiten befallen. Aber auch das wollte die AG einmal zeigen. Viele Gäste fanden es spannend, die Schäden auf Augenhöhe zu sehen statt in luftiger Höhe. Was man gegen solche Beeinträchtigungen machen kann, erfuhren Interessierte aus der Fachliteratur auf einem großen Büchertisch und natürlich bei Christian Höfer. Bei ihm und seinem Team konnten Obstschnitze probiert und Informationen über die einzelnen Sorten eingeholt werden. So suchte Sabine Staiger aus Neuhausen einen Apfel, den ihre Tochter verträgt, wenn bei ihr im Frühjahr die Kreuzallergie auftritt. Andere fragten nach Bäumen für ihren Garten mit besonderen Bodenverhältnissen oder nach einem Apfel mit guter Lagerfähigkeit.

»Die neuen Sorten gehen alle auf Jonathan und Golden Delicious zurück«, erklärte der Fachmann. »In den 1950er-Jahren hat man daraus neue Äpfel entwickelt.« Doch aufgrund des relativ gleich gebliebenen Genmaterials bestehe eine erhöhte Anfälligkeit für Schorf und Pilz, insbesondere, wenn es lange regne und dann warm werde. »Deshalb hat man vor einigen Jahrzehnten begonnen, neue Züchtungen zu entwickeln, die die guten Eigenschaften alter Sorten einbringen«, so Höfer. Santana, Sonnenglanz, Welland oder Gräfin Goldach heißen die »Neuen«.

Die Ausstellung sei aber auch dafür gedacht, die interessanten alten Sorten wie »Kardinal Bea« von 1930 oder »Geheimrat Dr. Oldenburg« von 1897 wieder ins Gedächtnis zu rufen. »Heute macht man nicht mehr viel Most, deshalb werden alte Züchtungen nicht mehr angebaut oder gepflegt«, sagt Höfer. Generell sei die aufwändige Pflege ein Problem. »Wir werden oft erst dann gerufen, wenn es schon fast zu spät ist.«

Aber welcher Apfel ist denn nun die »Eier legende Wollmilchsau«, der Alleskönner? Das beantwortet Höfer mit einem eindeutigen: »Kommt drauf an«. Den Allrounder gebe es nicht, wohl aber den idealen Apfel für Kuchen oder Lagerfähigkeit oder Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit.

Eine hohe Erfolgsquote bei der Sortenbestimmung haben Hans-Thomas Bosch (rechts vorne) und Thilo Tschersich.
Eine hohe Erfolgsquote bei der Sortenbestimmung haben Hans-Thomas Bosch (rechts vorne) und Thilo Tschersich. Foto: Gabriele Böhm
Eine hohe Erfolgsquote bei der Sortenbestimmung haben Hans-Thomas Bosch (rechts vorne) und Thilo Tschersich.
Foto: Gabriele Böhm

Nebenan helfen Kreisfachberater Thilo Tschersich und Hans-Thomas Bosch von der Sortenerhaltungszentrale Baden-Württemberg in Ravensburg den vielen Obstbaumbesitzern, die gerne die Sorte ihres Baums erfahren möchten. »Unsere Quote liegt sehr hoch«, so Bosch. »Aber manchmal können selbst wir nicht helfen.« Dann nämlich, wenn Besucher zu wenige Äpfel mitgebracht haben. »Je nach Verhältnissen können Äpfel derselben Sorte ganz unterschiedlich aussehen.« Deshalb brauche man einen guten Querschnitt. Michael Sigel aus Bad Urach erfuhr voller Freude, dass er eine »Oberösterreichische Weinbirne« und einen »Rewena«-Apfelbaum besitzt. Nebenbei bekam er Tipps, mit welchen Früchten er die Äpfel mischen kann, um einen besonders leckeren Most zu bekommen.

Auch zwei Raritäten brachten die Gäste mit: die alten Apfelsorten »Eisbrucker« und »Weißer Zollker«. Ihnen empfahlen die Fachleute, Reiser zu schneiden und sie auf Unterlagen zu setzen, um die Sorte zu erhalten.

Die Sortenausstellung in der Gärtnerei Rall ist noch bis Freitag, 11. Oktober, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet. (GEA)