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Aktuell Tag des offenen Denkmals

Ein Anlass, um innezuhalten: 100 Jahre Unterhausener Friedhof und Aussegnungshalle

100 Jahre Friedhof und alte Aussegnungshalle in Lichtenstein-Unterhausen – Ökumenische Feier am Tag des offenen Denkmals

Pastoralreferentin Amelie Zimmer (von rechts) und Pfarrerin Katharina Dolmetsch-Heyduck sorgten am Sonntag für den ökumenischen
Pastoralreferentin Amelie Zimmer (von rechts) und Pfarrerin Katharina Dolmetsch-Heyduck sorgten am Sonntag für den ökumenischen Teil der Feier zum 100-jährigen Bestehen von Friedhof und Aussegnungshalle in Unterhausen. Foto: Norbert Leister
Pastoralreferentin Amelie Zimmer (von rechts) und Pfarrerin Katharina Dolmetsch-Heyduck sorgten am Sonntag für den ökumenischen Teil der Feier zum 100-jährigen Bestehen von Friedhof und Aussegnungshalle in Unterhausen.
Foto: Norbert Leister

LICHTENSTEIN-UNTERHAUSEN. Als der neue Unterhausener Friedhof am 20. Juli 1924 eingeweiht wurde, waren die Zeiten ganz andere als heute. Die Toten wurden damals noch zuhause aufgebahrt, dann mit einem Pferdewagen abgeholt und auf dem Friedhof beerdigt. Die damals nagelneue Aussegnungshalle auf dem ebenso neuen Friedhof in Unterhausen wurde allerdings »nur zögerlich angenommen«, wie Gert Lindemann vom Geschichts- und Heimatverein am Sonntag den zahlreichen Interessierten in der nun 100 Jahre alten Aussegnungshalle berichtete. »Es wollte sich wohl niemand dem Verdacht aussetzen, dass die Familien die Verstorbenen so schnell wie möglich aus dem Haus kriegen wollte«, vermutet er.

Die Geschichte dieses Tuffsteingebäudes war dann nach knapp 50 Jahren fast schon wieder beendet – zumindest in seiner Funktion als Aussegnungshalle. »Im November 1972 wurde die neue Friedhofshalle in Betrieb genommen«, sagte Lindemann. Das alte Gebäude wurde somit nicht mehr gebraucht, »es diente fortan dem örtlichen Bestattungsunternehmen als Lager«. Oder, etwas weniger vornehm ausgedrückt: Die Halle verkam zur »Rumpelkammer«, so Bürgermeister Peter Nußbaum.

»Trauerfeiern sind viel individueller geworden«

Als 2012 die erste Urnenwand auf dem Friedhof installiert wurde, veränderte sich das Bestattungswesen einmal mehr, auch in Unterhausen. Während in früheren Zeiten das Sterben ein selbstverständlicher Teil des Alltags für die ganze Gemeinde gewesen sei, finden heute Beerdigungen oft in kleinem Rahmen statt, merkte Pfarrerin Katharina Dolmetsch-Heyduck an. Außerdem seien »Trauerfeiern viel individueller geworden«. Der Tod sei hingegen aus dem persönlichen Leben vieler Menschen fast völlig verschwunden. Dennoch handle es sich bei dem Friedhof heute nicht allein um einen Ort der Trauer, sondern auch um einen Ort der Begegnung, betonte der Bürgermeister.

Vor 100 Jahren sei zur Einweihung eine neue Friedhofsordnung erlassen worden. Dies geschah, um »Auswüchsen von Geschmacksverirrungen« entgegenzutreten, zitierte Lindemann aus Texten jener Zeit. Am Sonntag aber gedachten die Interessierten mit einer kleinen ökumenischen Feier dem 100-jährigen Bestehen von Friedhof und Aussegnungshalle. Schön sei die Halle nach der Sanierung geworden, betonte Nußbaum, auch wenn »manche Dinge eben ihre Zeit brauchen«.

Damit deutete er auf den Beschluss hin, die alte Aussegnungshalle wieder in Betrieb zu nehmen – der war nämlich schon im September 2018 gefasst worden. Nun fehle noch ein Stein, auf dem bei einer Trauerfeier eine Urne stehen könne. Wenn der geliefert werde, könne die Halle tatsächlich wieder ihrer einstigen Bestimmung übergeben werden.

Das Gebäude steht wegen des mit Tuffstein gestalteten Außenbereichs, der Treppe und des Walmdachs unter Denkmalschutz, erklärte Nußbaum. In Szene gesetzt werde das Innere mitsamt seiner ausgefallenen Bemalung und der bunten Decke mit einem neuen Lichtkonzept. Das sei auch gut so, hob Dolmetsch-Heyduck hervor, nun erinnere das Licht nicht mehr »an eine Fabrikhalle«. Gemeinsam mit ihrer katholischen Kollegin, Pastoralreferentin Amelie Zimmer, gestaltete die evangelische Pfarrerin die Andacht als Teil der Feier. Im Anschluss lud die bürgerliche Gemeinde zu einem Ständerling ein, denn 100 Jahre alt wird auch ein Gebäude nicht jeden Tag. (GEA)