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Aktuell Literatur

Die Familien Gayler/Neske und Jünger war Thema bei »Literatur und Limo«

Greta von Jeinsen, erste Frau Ernst Jüngers, beschrieb 1955 in ihren »Silhouetten« ihre Eindrücke von der Familie Neske und vom Pfullinger Klosterhof.

Das Musikertrio hatte zur Lesung die passende Musik ausgesucht.
Das Musikertrio hatte zur Lesung die passende Musik ausgesucht. Foto: Gabriele Böhm
Das Musikertrio hatte zur Lesung die passende Musik ausgesucht.
Foto: Gabriele Böhm

PFULLINGEN. Das Datum »21. Mai 1948« hat kein Geringerer als der Schriftsteller Ernst Jünger in die Wand der Klosterkirche eingeritzt. An diesem Tag waren er und seine Frau zu Gast bei der Hochzeit von Günter und Brigitte Neske. Bei der letzten »Literatur und Limo«- Veranstaltung der Neske-Bibliothek und der VHS lud Felicitas Vogel zu vergnüglichen Beobachtungen ein. Niedergeschrieben hatte sie Greta, die erste Frau Jüngers, die 1955 ihre »Silhouetten« unter ihrem Mädchennamen Greta von Jeinsen (1906-1960) bei Neske veröffentlichte. Rund 25 Gäste waren am Sonntagnachmittag gekommen.

Bereits zum dritten Mal kooperierte Felicitas Vogel mit dem Trio Nastasja Nürnberger (Flöte), Mariette Leners (Violine und Viola) sowie Christoph Bieber (Violoncello), die die passende Musik für die Rezitationen zum Kapitel »Hochzeit« im Klosters aus den »Silhouetten« ausgesucht hatte. Fröhlich erklangen das »Allegretto« aus dem Trio in G-Dur von Franz Danzi zum »Polterabend«, schwungvoll Melodien aus Mozarts »Hochzeit des Figaro« und temperamentvoll zwei Fantasien von Bach. Sehr gut konnte man sich dazu die feiernde Gesellschaft vorstellen.

Unter Mädchennamen veröffentlicht

Greta von Jeinsen, die trotz ihrer Ehe mit Ernst Jünger unter ihrem Mädchennamen veröffentlichte, lässt die Zuhörer nicht im Unklaren, wie es zu der Hochzeitseinladung kam. Günther Neske lebte damals auf Sylt und suchte eines Tages Ernst Jünger in Kirchhorst bei Hannover auf, da er über dessen Motiv des Todes in Tübingen bei dem Theologieprofessor Helmut Thielicke promovieren wollte.

Neske begann auch tatsächlich sein Theologiestudium in Tübingen, machte von dort aus einen Ausflug nach Pfullingen und verliebte sich in Brigitte Gayler. »Es hat sicher auch die Chance gesehen, die sich ihm durch den reichen und gebildeten Schwiegervater eröffnen würde«, so Felicitas Vogel. Günther Neske gab das Promotionsvorhaben auf und wurde Verleger in Pfullingen.

Langjährige Freundschaft

Sein Besuch in Kirchhorst war der Beginn einer langjährigen Freundschaft mit dem Ehepaar Jünger, die im Mai 1948 auch zur Hochzeit nach Pfullingen kamen. Im Detail beschreibt Greta von Jeinsen ihre Eindrücke, als sie nach Zugverspätung, zerbombten Bahnhöfen und etlichen Tauschgeschäften, um an festliche Kleidung zu kommen, in den Klosterhof einfuhren. »In diesem Haus trifft man nur auf Persönlichkeiten«, schrieb sie. Doch den größten Eindruck hinterließ das Ehepaar Gayler, Eltern von Brigitte Neske, selbst. Albert Gayler, dessen Vornamen sie aufgrund seiner Leidenschaft für Paris französisch aussprach, und seine Frau Dora beeindrucken sie tief. Vor allem mit Dora sei sofort eine »Seelenverwandtschaft« spürbar gewesen.

Das Ehepaar Jünger lernte durch die Freundschaft mit Gaylers die süddeutsche Landschaft kennen, was dazu führte, dass sie nach Wilflingen übersiedelten. Hier lebte der Schriftsteller von 1951 bis zu seinem Tod 1998. Felicitas Vogel stellte mit ihrer Rezitation eine »Kettenreaktion« vor, die sicherlich nur wenigen bekannt gewesen sein dürfte. (GEA)