BAD URACH. Über Menschen, die über »Schneckenstecher« lächeln, lacht die Uracher Nordic-Walking-Gruppe schon lange. Manche tun das schon seit einem Vierteljahrhundert. 25 Jahre alt ist diese Gruppe, die zur Abteilung Turnen und Leichtathletik im TSV Urach gehört, jetzt geworden. Grund, stolz zu feiern und dankbar zurückzublicken. Gefeiert wurde jetzt – nach einer anderthalbstündigen Runde ums Dorf – im »Lamm« in Hengen.
Im Mittelpunkt stehen immer noch die Gründer. Günther und Irmgard Wurster haben den Uracher Nordic-Walking-Treff zu dem gemacht, was er jetzt ist: ein Leuchtturm in der Nordic-Walking-Landschaft.
Immer andere Strecken
Was ist das Besondere am Uracher Nordic-Walking-Treff? Er ist zum einen ganz schön alt. Fünfundzwanzig Jahre sind in dieser jungen Sportart eine ganze Menge. Günther und Irmgard Wurster sind Nordic-Walker der ersten Stunde. Schon vor der Jahrtausendwende hatte Irmgard die Idee des Walkens in das Gymnastikprogramm ihrer »Sterntaler« aufgenommen Bei Landesturnfesten des Schwäbischen Turnerbundes besuchten die Wursters Fortbildungskurse. Günther erinnerte sich an die früheren Trainingsmethoden für den Skilanglauf (»wir haben das im Sommer auch gemacht, um Kraft für den Winter zu tanken«): die Geburtsstunde für den Nordic-Walking-Treff in Bad Urach.
NORDIC-WALKING-TREFF
Die DiDo-Gruppe trifft sich dienstags und donnerstags um 9.30 Uhr, die MiSa-Gruppe von April bis September mittwochs um 18 Uhr sowie von Oktober bis März samstags um 14 Uhr. Jeden Monat wird von einem anderen Treffpunkt aus gestartet, die Startpunkte werden rechtzeitig in der Presse bekanntgegeben. Wer Interesse hat, kann unangemeldet zu einem Treff kommen. Nähere Informationen beim Leiter Stefan Jaschinski. (and) 07125 4563 www.tsvurach-tula.de/ nordic-walking
»Zu Beginn haben wir in kleineren Gruppen NW-Kurse angeboten, um die Teilnehmer für die Technik sensibel zu machen«, blickt Günther Wurster zurück. Es braucht keine tänzerischen Fähigkeiten, aber nicht alle beherrschen das Gegenspiel zwischen Stöcken und Beinen auf Anhieb. Das geht so: Der rechte Stock hat immer dann Bodenberührung, wenn die linke Ferse aufsetzt und andersrum. Wer das vertauscht, verfällt in einen schaukelnden »Passgang«. Das sieht bei Kamelen lässig aus, bei Nordic Walkern komisch. Vor allem ist es ineffizient. Wer Nordic Walking leistungsorientierter und schneller betreiben will, muss noch mehr Technik lernen, also beispielsweise, wie man die Hand beim Stockeinsatz öffnet und schließt – wie beim Skilanglauf.
Günther und Irmgard Wurster haben alles richtig gemacht: Mit den Jahren sind mehr und mehr Menschen – nicht nur aus Bad Urach, sondern auch aus Nachbargemeinden – dazugestoßen. »In diesem Jahr waren es bis zu neunzig Leute«, sagt Günther Wurster stolz. Der mittlerweile 81-Jährige hat vor zwei Jahren die Leitung des Nordic-Walking-Treffs abgegeben. Wie seine Frau Irmgard (83) bleibt er der Gruppe als Übungsleiter erhalten.
Sein Nachfolger ist Stefan Jaschinski. Der 61-Jährige ist in der Gruppe angekommen, das hat man beim Jubiläumswalking gemerkt. Sichtlich bewegt bedankte sich der Uracher für die Feier zu seinem Sechzigsten am Nikolaustag in einem Gütle im Maisental.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Uracher Nordic-Walking-Treffs ist, dass jeden Monat von einem anderen Ort aus gestartet wird. Von dort aus geht’s immer auf eine andere Strecke. Wer hier mitstöckelt, tut also nicht nur was für seine Gesundheit, sondern lernt auch seine Heimat wie seine Westentasche kennen. Dazu kommen die Ausflüge in die Berge, in den Schwarzwald oder an den Bodensee. Auch Gartenschauen stehen – gemeinsam mit dem Obst- und Gartenbauverein (wo Günther Wurster ebenfalls einer der Macher war) – regelmäßig auf dem Programm.
Eine große Gemeinschaft
Mit dem NW-Treff verbunden sind besondere Touren wie das "Eis-Walking" (es wird kein Eis geschlotzt, sondern auf Eis gewalkt – ungeplant, aber mit Humor genommen), das "Adventure-Walking" (wenn man einen Umweg durch die Botanik machen muss, weil der Forst einen Weg gesperrt hat) oder das "Weißwurst-Walking (da gibt’s wirklich Weißwürste). Ein fester Bestandteil ist das Büscheles- und das Back-Walking. Nicht alles auf einmal, sondern hintereinander. Am Ende kommt Holzofenbrot und das nächste gemütliche Beisammensein raus. Eine große Gemeinschaft – Alfred Dümmel, der Älteste, ist neunzig, es gibt auch zwei 89- und zwei 88-Jährige –, die Günther Wurster jetzt beim 25-Jahre-Jubiläum ein weiteres Mal beschworen hat. (GEA)
FAKTEN ZU NORDIC WALKING
Der finnische Trainer Mauri Repo (1945-2002) war der erste Autor, der in den 70er-Jahren über Nordic Walking als Sommervorbereitung von Skifahrern schrieb, er gilt deshalb als der Begründer. Bei der Ausdauersportart werden etwa 90 Prozent der rund 700 Muskeln im Körper beansprucht. Neben dem Rumpf und den Beinen werden auch der Oberkörper sowie die Arme und Schultern trainiert. Nordic Walking gilt als ideale Sportart für Einsteiger, Ältere und Menschen mit Gelenkschäden oder Übergewicht. Laut AOK betreiben sie rund zwei Millionen Deutsche. (and)