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Aktuell Inklusion

Warum sich der WIM-Verein Metzingen nach 31 Jahren auflöst

Der Verein hat ein wegweisendes Modellprojekt umgesetzt: In Neuhausen wurde 2005 das WIM-Haus von Menschen mit Behinderungen bezogen. Inzwischen fehlt es an Aktiven, zum Abschied gibts ein Fest im Bindhof.

Es bleibt ihnen nur eines übrig: Cornelia Grantz-Hild und Reiner Fritz lösen den WIM-verein auf,. Wegweisendes Modellrprojekt wa
Es bleibt ihnen nur eines übrig: Cornelia Grantz-Hild und Reiner Fritz lösen den WIM-verein auf,. Wegweisendes Modellrprojekt war der Bau des WIM-Hauses für Menschen mit Behinderung in Metzingen Foto: Kirsten Oechsner
Es bleibt ihnen nur eines übrig: Cornelia Grantz-Hild und Reiner Fritz lösen den WIM-verein auf,. Wegweisendes Modellrprojekt war der Bau des WIM-Hauses für Menschen mit Behinderung in Metzingen
Foto: Kirsten Oechsner

METZINGEN-NEUHAUSEN. Der WIM-Verein hat mit dem Bau eines Wohnhauses für Menschen mit Behinderung einen Meilenstein für deren Teilhabe gesetzt, nun wird er nach 31 Jahren aufgelöst: Vorsitzende Cornelia Grantz-Hild und ihr Vize Reiner Fritz können und wollen ihre Posten nicht mehr ausüben, Nachfolger fanden sie keine. Und, was laut Fritz auch der Fall sei: Der Verein habe mangels Aktiven nicht mehr viel gemacht, 30 Mitglieder zählt er derzeit noch. Zuletzt hätten sie ihn quasi nur noch verwaltet: »Wir wollen kein Karteileichen-Verein sein«, begründet die Vorsitzende den Entschluss fürs Aus. »Corona war ein entscheidender Einschnitt.« Den Verein wird’s zwar nicht mehr geben, aber für die zwölf Bewohner des WIM-Hauses in Trägerschaft der Bruderhaus Diakonie wird sich nichts ändern.

 

Das Ende schmerze und mache laut Cornelia Grantz-Hild wehmütig, doch sang und klanglos wolle man nicht verschwinden: Am Samstag, 28. September findet ab 16.30 Uhr im Bindhof in Neuhausen ein Abschiedsfest statt. »Wir wollen stolz sein und würdigen, was wir erreicht haben«, unterstreicht Fritz. Zu den referierenden Gästen gehört auch Timmo Hertneck, der ehemalige Metzinger Pfarrer hat 1993 die Gründung des WIM-Vereins entscheidend forciert. Damit schließe sich laut Cornelia Grantz.-Hild ein Kreis, die sich als Frau der ersten Stunde noch gerne an die von Motivation geprägte Anfangszeit erinnert: Bei seinen Besuchen bei Gemeindegliedern habe Pfarrer Hertneck festgestellt, dass sich viele Angehörige Gedanken um die Zukunft ihrer zum Teil erwachsenen Kinder mit Behinderung machten. Für sie gab’s in der Stadt keinen geeigneten Wohnraum, die Idee eines Hauses mit individuellen Wohnungen wurde geboren und in Neuhausen mit der Bruderhaus Diakonie als Kooperationspartner umgesetzt. Man habe sehr viel Unterstützung – auch finanzielle - von unzähligen Menschen aus Metzingen und Umgebung, Vereinen und Gruppierungen wie auch von der Stadt erhalten – das bleibe laut Grantz-Hild sehr positiv in Erinnerung.

WIM-Café war eine Institution

 

2005 war dann Einweihung des Hauses, für die WIM-Mitglieder begann eine arbeitsintensive Zeit: Einerseits halfen sie den Bewohnern bei der Teilhabe im Ort, unter anderem wurden gemeinsam Feste besucht und Ausflüge gemacht. Zum anderen wurde das WIM-Haus auch für Außenstehende geöffnet: Immer wieder fanden im Gemeinschaftsraum Vernissagen statt, zunächst wöchentlich und später alle zwei Wochen wurde es zu einem Café umfunktioniert: »Es war eine Institution«, resümiert die Vorsitzende. Das Café gibt es nicht mehr und das letzte geplante Projekt einer inklusiven Wohngemeinschaft konnte zum Bedauern des Vorstand-Teams nicht verwirklicht werden: Das Grundstück in der Nürtinger Straße war bereits ausgesucht, die Pläne waren fertig. Doch nach Corona und mit dem Ukraine-Krieg explodierten die Kosten und der Bauträger stieg aus – 2022 war Schluss. Wegweisend war 2011 indes die Gründung von MIT – der Metzinger Beratungsstelle für Inklusion und Teilhabe, ein zeitlich befristetes und von der Aktion Mensch finanziertes Projekt. Die Beratung wurde später von der Stadt Metzingen übernommen, die die Stelle eines Inklusionsbeauftragten geschaffen hatte.

 

Im Rückblick habe der WIM-Verein vieles angestoßen und bewegt, um das Thema Inklusion nach Außen zu tragen. Unter anderem erinnert sich Reiner Fritz an die Organisation eines Fachtags für inklusives Wohnen oder eine Filmvorführung im Luna-Kino – man sei von Zuschauern regelrecht überrannt worden. Im Zuge der vielfältigen Aktivitäten haben sich auch die Interpretation der Abkürzung WIM und das Logo geändert: Aus Wohnen für Menschen mit Behinderung in Metzingen wurde Wohnen und Inklusion in Metzingen.

Vorsitzende wünscht sich Freundeskreis

 

Das Ende Vereins bedeute nicht das Aus für das Thema Inklusion: »Es gibt andere Leute, die den Gedanken aufgreifen wollen«, betont Reiner Fritz, das solle jedoch nicht unter dem Dach des WIM-Vereins geschehen. Auch Cornelia Grantz-Hild wird nicht ganz Adieu sagen: »Ich bin persönlich sehr verbunden mit dem WIM-Haus und werde mich dort weiter einbringen, auch wenn es den Verein nicht mehr gibt.« Einen Wunsch hätte sie, damit das Café eventuell wieder öffnen könne und den Bewohnern Teilhabe ermöglich werde: Sie würde sich freuen, wenn sich ein WIM-Freundeskreis finden würde.

 

Zum Abschiedsfest wurden viele Menschen eingeladen, die dem WIM-Verein in den vergangenen 31 Jahren verbunden waren. Eine Garantie auf Vollständigkeit könne sie angesichts der vielen Unterstützer nicht geben, so die Vorsitzende: Wenn sich jemand nicht berücksichtigt sieht, kann er sich bei ihr gerne unter 07123/ 41300 oder grantz-hild@t-online.de melden.