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Viele (fast) nackte Tatsachen beim Dettinger »Komödle«

Das Laienensemble wird in acht Aufführungen rund 800 Zuschauer einmal mehr bestens unterhalten und sorgt für eine Überraschung: Drei Männer zeigen viel Mut in wenig Kleidung. Das Premieren-Publikum ist begeistert, die Akteure sind wieder einmal in Hochform.

Von wegen Ruhe auf der Jagdhütte: Laienschauspieler Herbert Schall (sitzend), Kai Münzing (dahinter) und Herbert Buchfink (recht
Von wegen Ruhe auf der Jagdhütte: Laienschauspieler Herbert Schall (sitzend), Kai Münzing (dahinter) und Herbert Buchfink (rechts) sorgen wieder einmal für beste Unterhaltung bei der jüngsten »Komödle«-Inszenierung. Foto: Kirsten Oechsner
Von wegen Ruhe auf der Jagdhütte: Laienschauspieler Herbert Schall (sitzend), Kai Münzing (dahinter) und Herbert Buchfink (rechts) sorgen wieder einmal für beste Unterhaltung bei der jüngsten »Komödle«-Inszenierung.
Foto: Kirsten Oechsner

DETTINGEN. Von wegen einfallslose Routine: Das Ensemble des Dettinger »Komödle« versteht es auch nach mehr als 20 Jahren, das Publikum zu überraschen und neue Akzente zu setzen. Bei der diesjährigen Inszenierung sind es die Männer, die mutig sind und viel nackte Haut zeigen. Die Lacher hatten sie bei der Premiere am Freitag jedenfalls auf ihrer Seite. Denn das darf durchaus gesagt werden: Um durchtrainierte Bodybuilder handelt es sich bei den Akteuren nicht gerade. Aber das wissen sie, und vor allem Herbert Buchfink, Senior unter den Mutigen, bewegt sich für ziemlich lange Zeit mit der Selbstverständlichkeit eines Profis in Unterhemd und Boxershorts auf der Bühne im Zillenhart-Saal. Im zweiten Teil der Aufführung folgt dann ein weiterer fast hüllenloser Auftritt an der Seite der Youngsters Tobias Gruner und Alexander Hahn. Sie tragen lediglich ein weißes Handtuch um die Hüften. Das Publikum johlt.

Doch peinlich oder unpassend wirken die Szenen nie. Das Ensemble versteht in Wort und Spiel hervorragend die Gratwanderung zwischen Humor und Schlüpfrigkeit. Klar, fallen in einer Komödie wie »Hüttenzauber und andere Geheimnisse« so manche verbale Schoten unterhalb der Gürtellinie, aber ins Niveaulose rutscht das Ensemble dabei nicht ab. So schwätzen sie halt, die Schwaben auf dem Land und in den Dörfern – geraderaus sind sie. Ein Prachtexemplar dieses Menschenschlags darf einmal mehr Karin Buchfink spielen, die um keine bissige Bemerkung gegenüber ihrem Mann Siegfried (Kai Münzing) verlegen ist. Sie hat’s aber nicht leicht mit ihm: Nichts ist ihm recht, die Angst vor Bären treibt ihn um, und die vor Krankheiten erst recht. Das Arsenal an Medikamenten ist jedenfalls enorm für einen Kurzaufenthalt in einer Jagdhütte über Silvester. Kurz und gut: Er ist anstrengend.

Unerwarteter Besuch

Ehefrau Birgit träumt trotzdem schon lange von einem Silvester zu zweit, sie sieht sich auf einem Schaffell vor dem Kamin liegend. Doch statt Romantik pur geht es in der Jagdhütte zu wie im Taubenschlag: Ihr Bruder (Alexander Hahn) überrascht sie und hat gleich das frisch verheiratete Paar Silvia, Lissy Schmauder absolviert ihren ersten Komödle-Auftritt mit Bravour, und Volker Müller im Schlepptau. Die turteln zwar sehr viel, doch immer wieder rastet der Jung-Ehemann vor Eifersucht regelrecht aus – hervorragend dargestellt von Tobias Gruner.

Da ist dann noch Jagdhütten-Besitzer Rolf Kaiser (Herbert Buchfink), der ebenfalls unverhofft auftaucht, vergeblich seine Sekretärin (Vanessa Buchfink) anbaggert und sich dabei einen Hexenschuss einfängt. Seine Frau Verena (Jutta Brodbeck) hat von dem vermeintlich geschäftlichen Ausflug auf die Jagdhütte mitbekommen und steht plötzlich in der Tür. Die Wirrungen sind perfekt, ein Wort gibt das andere. Und es muss auch noch etwas verheimlicht werden: Eine Leiche liegt in der Sauna, die »entsorgt« wird und dann plötzlich quicklebendig wieder auftaucht. Komödle-Urgestein Herbert Schall hat als Jäger zwar einen relativ kurzen Part, aber das passende Schlusswort: »Keiner ist vollkommen, und jeder hat eine Leiche im Keller«, erklärt er und hat den Rat parat, nicht wegen jeder Kleinigkeit zu streiten. Die Ehepaare nehmen sich’s zu Herzen und es herrscht wieder Friede in ihren Beziehungen.

Aufführungen ausverkauft

Das Laien-Ensemble hat es unter der Regie von Jutta Brodbeck wieder einmal geschafft, einem Lustspiel den ganz eigenen »Komödle«-Stempel aufzudrücken und die individuellen Stärken der Laien-Akteure herauszuarbeiten. Kein Wunder, dass die acht Aufführungen mit jeweils 100 Zuschauern ausverkauft sind. Mit viel Liebe zum Detail zeichnet sich auch das Bühnenbild aus, es fehlt an nichts – selbst die Sauna besteht aus einer Holzwand. Dafür – und für Ton und Technik - verantwortlich ist Klaus Hermann. Viel zu tun haben Monika Timm und Renate Torrente von der Maske. Im Hintergrund agiert Luca Stanger, doch als Souffleur ist er unverzichtbar. Das gilt auch für die »Fleggadudler«, die vor der Aufführung in der Theatergaststätte auf Zeit musikalisch für Stimmung sorgen. (GEA)