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Aktuell Historie

So sind die Metzinger Straßennamen entstanden

Überblick über die Entstehung der Metzinger Straßennamen, die die Entwicklung im Land widerspiegelt

In der Siedlung Millert wurden Straßen nach Orten der Heimatvertriebenen benannt, so die Breslauer Straße, die Donaustraße, der
In der Siedlung Millert wurden Straßen nach Orten der Heimatvertriebenen benannt, so die Breslauer Straße, die Donaustraße, der Danziger Weg und der Memelweg. FOTO: STADTARCHIV
In der Siedlung Millert wurden Straßen nach Orten der Heimatvertriebenen benannt, so die Breslauer Straße, die Donaustraße, der Danziger Weg und der Memelweg. FOTO: STADTARCHIV

METZINGEN. Mit dem Wiederbeginn der Bautätigkeit nach der Währungsreform 1948 wurde auch die Benennung neuer Straßen in den Neubaugebieten notwendig. Die ersten Neubauten nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden auf dem Ösch. Dementsprechend wurde im Juli 1949 die Verbindungsstraße zwischen der Heerstraße und der Hauffstraße nach dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) vom Gemeinderat in Lessingstraße benannt. Im März 1950 folgte die Benennung des Öschwegs, der seinen Namen aufgrund des Flurnamens erhielt.

Im Jahr darauf kam noch der Robert-Bosch-Weg hinzu, der nach dem Industriellen, Ingenieur und Erfinder Robert Bosch (1861–1942) benannt wurde.

Neubauten entstanden damals auch am Hermann-Löns-Platz, wo 1951 eine neue Verbindungsstraße zur Ermsstraße, der jetzigen Heinrich-Heine-Straße, angelegt wurde. Die Vorschläge reichten von Liststraße über Emil-Mörsch-Straße, Grimmstraße, Hegelstraße, Herderstraße, Kantstraße bis zu Keplerstraße. Der Gemeinderat entschied sich im April 1951 für Johannes-Kepler-Straße. Im Jahr darauf stand die Neubenennung eines Verbindungswegs an, der von der Stuttgarter Straße bis zur Bohlstraße reichte. Die damals noch nicht ausgebaute Straße trug an der Abzweigung an der Stuttgarter Straße die Bezeichnung In der Stelle, während der obere Teil als Böhleswasenweg bezeichnet wurde.

Das Stadtbauamt schlug vor, »im Hinblick darauf, dass die Straße In der Stelle bis zur Querstraße Ermsstraße geradlinig verläuft, erscheint es zweckmäßig, für die gesamte gerade Strecke ein und denselben Straßennamen festzulegen« . Im Hinblick auf die Dichternamen der Straßen im Baugebiet Brühl hielt das Stadtbauamt eine Benennung der Straße nach dem Dichter und Ingenieur Max Eyth (1836–1906) am geeignetsten. Diesem Vorschlag folgte der Bau- und Verwaltungsausschuss und benannte die Straße in Max-Eyth-Straße.

Diskussion im Gemeinderat

In der Verlängerung der Nürtinger Straße entstand Anfang der 1950er-Jahre das Neubaugebiet Millert. Die Wohnstraße wurde im Februar 1952 nach dem Gewannnamen Im Millert benannt. Gleichzeitig erfolgte eine Neuordnung der Grafenberger Straße. Die bisherige Grafenberger Straße, die seit der Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge durch den Bau der Eisenbahnbrücke Nürtinger Straße um die Jahrhundertwende diese Funktion verloren hatte, wurde damals in Robert-Koch-Weg umbenannt. Robert Koch (1843–1910) war ein Mediziner, Bakteriologe und Hygieniker. Hingegen erhielt nun die Fortsetzung der Nürtinger Straße in Richtung Grafenberg ab der Abzweigung in das Baugebiet Millert die Bezeichnung Grafenberger Straße. Infolge der zügigen Bebauung des Baugebiets Millert standen im Oktober 1952 weitere Straßenbenennungen an. Dort siedelten sich zahlreiche Heimatvertriebene an. Schon im Juni 1952 hatte Hermann Doering, der Vertrauensmann der Heimatvertriebenen, bei Bürgermeister Willi Schmid folgenden Antrag gestellt: »Nachdem in anderen Gemeinden und Städten Straßenbenennungen von Orten verloren gegangener Städte in Heimatvertriebenen-Siedlungen vorgenommen worden sind, richten wir an die Stadtverwaltung und Gemeinderat die Bitte, bei der Benennung der Straßennamen im Millert auch unsere im Osten liegenden Städte zu berücksichtigen.«

Namen für Donaustraße und Breslauer Straße beschlossen

Herr Doering bat, falls möglich, die Städtenamen Königsberg, Danzig, Memel und Breslau zu berücksichtigen. Nach eingehender Diskussion beschloss der Gemeinderat im Oktober 1952 die Benennung der Breslauer Straße und der Donaustraße im Baugebiet Millert. Für die Landsmannschaft der Schlesier bedankte sich Rektor Hermann Heidrich für den Beschluss zur Benennung der Breslauer Straße. »Wir sehen in ihm den Beweis, dass das gegenseitige Verstehen der Einheimischen und der ausgewiesenen Schlesier gute Fortschritte gemacht hat. Der nun sichtbare Name unserer schönen, viel zu wenig gekannten schlesischen Hauptstadt wird unsere unverbrüchliche Hoffnung auf unsere Heimkehr immer wieder neu beleben.«

Verwechslungsgefahr gegeben

Als im Mai 1953 die Benennung weiterer Straßen zwischen Donau- und Breslauer Straße anstand, schlug Hermann Doering im Auftrag des Bundes der Vertriebenen die Bezeichnungen Memeler, Danziger, Karlsbader oder Sudetenstraße vor. Stadtbaumeister Erwin Dürr war der Ansicht, dass die kurzen Straßen als Weg bezeichnet werden sollten, und »solche Namen zu wählen, die im Zusammenhang mit Weg gut klingen«. Er brachte die Maler Albrecht Dürer, Ludwig Richter, Hans Thoma, Max Liebermann, Franz Lenbach und Adolf Menzel ins Spiel. »Grünewald und Spitzweg kommen nicht infrage, da sich diese Bezeichnungen in Verbindung mit der Bezeichnung ›Weg‹ nicht eignen.« Der Gemeinderat be-schloss, die Straßen in Lenbachweg, Dürerweg und Menzelweg zu benennen.

1954 stand die Benennung von zwei weiteren Straßen im Baugebiet Millert an und der Bund der Vertriebenen meldete sich erneut. Er wies darauf hin, dass mit der Breslauer Straße und der Donaustraße nur die Schlesier und die Donauschwaben berücksichtigt worden waren. Um die Ost- und Westpreußen ebenfalls zu berücksichtigen, wurden die Bezeichnungen Memelerweg, Brombergerweg und Kolbergerweg vorgeschlagen. Der Ge-meinderat war der Auffassung, dass die Bezeichnung Kolbergerweg zu Verwechslungen mit der Nachbargemeinde Kohlberg führe und die Bezeichnung Brombergerweg zu lang sei. Daraufhin brachte Gemeinderat Anton Keller die Bezeichnung »Müller-Guttenbrunn-Weg« nach dem Schriftsteller Adam Müller-Guttenbrunn (1852–1923) ins Spiel. Der Gemeinderat entschied sich hingegen für die kürzeren Varianten Memelweg und Danziger Weg. (eg)

 

METZINGER STRAßENNAMEN

In der Entstehung der Straßennamen in Metzingen spiegeln sich zugleich historische Entwicklungen in unserem Land und in unserer Stadt in den letzten beiden Jahrhunderten wider. Dies wurde zuletzt bei der Diskussion um die Hindenburgstraße deutlich. Die Geschichte der Metzinger Straßennamen war ein bislang unbearbeitetes Thema. Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier gibt in einer kleinen Artikel-Serie einen Überblick über die Entstehung und Bedeutung der Metzinger Straßennamen. (GEA)