PLIEZHAUSEN. »Hieeesch«, und das Pferd bewegt sich nach links. Zwei Schritte weiter ruft der Holzrücker: »Hott!« Das Pferd schlägt die andere Richtung ein. Und bei der Wende immer schön auf die Bälle achten, die auf den kleinen Pylonen liegen, denn fallen die runter, gibt es Strafpunkte. »Man muss viel Einfühlungsvermögen haben«, erklärt Thomas Schöner aus Ehestetten, der am Sonntag ganz genau den Wettbewerb »Holzrücken« beim »37. Fuhrmannstag & Fahrertag« in Pliezhausen beobachtet.
Schöner hat diesmal zwar keine Pferde am Start, aber er kennt sich aus mit ihnen. Er bildet sie aus, »geht drei Tage die Woche mit ihnen in den Wald«, als Training und als Arbeitsausbildung, denn Pferde sind offensichtlich wieder verstärkt gefragt, wenn es darum geht, geschlagene Holzstämme aus dem Wald zu ziehen.
Diese Erfahrung hat auch Dieter Jung, der Vorsitzende des Pliezhäuser Reit- und Fahrvereins gemacht. Er hat von vielen Fuhrleuten gehört, dass »vom Forst vermehrt Anfragen an die Holzrücker kommen«. Die Pferde verdichteten und schädigten den Waldboden beim Holzziehen halt nicht so sehr wie die schweren Maschinen der Waldarbeiter, meint Jung.
Dreihundert Meter durch den Wald
In Pliezhausen, beim Fuhrmannstag, geht es nun genau um diese Arbeit. Die Rücker müssen ihr Pferd, das einen zehn Meter langen Stamm hinter sich herzieht, fehlerfrei durch einen Parcours bringen. Eine dreihundert Meter lange Strecke führt dabei mit einigen schwierigen Kurven auch durch den Wald. »Hier ist Genauigkeit gefordert«, sagt Jung. An einigen wichtigen Stellen stehen die Pylonen, auf denen die Bälle liegen. Stößt das Pferd oder der Stamm daran, fallen sie herunter. Pro abgeworfenem Ball werden fünfzig Strafpunkte notiert.
Bei diesem Wettbewerb geht es auch um die Ehre, denn es ist der Endlauf für die Baden-Württembergische Meisterschaft im Holzrücken. Zwölf Pferdebesitzer aus dem Land, von Bad Wildbad bis Ochsenhausen, sind am Sonntag mit ihren Pferden nach Pliezhausen gekommen. Der Wettbewerb geht bereits um 9.30 Uhr los und dauert bis in den Abend hinein.
Sensible Pferde und großes Vertrauen
»Die Pferde können zwei Drittel ihres Körpergewichts ziehen, kurzfristig sogar noch mehr«, erklärt Schöner. Und so ein Pferd wiegt etwa 700 Kilo. Doch »es muss Vertrauen haben, zu dem, der es führt«, meint der Ehestetter. Dann ziehe es auch mal so lange, bis es die Last packe. Das Vertrauen sei sehr wichtig, denn »Pferde sind sehr sensibel«. Schöner: »Sie spüren auch direkt, wenn man selbst mal einen schlechten Tag hat.«
Das Holzrücken ist am Sonntag wegen der Meisterschaft sicher der wichtigste Wettbewerb beim Fuhrmannstag. Doch es gibt auch noch andere. Das Ackerwagen-Geschicklichkeitsfahren zum Beispiel. Auch hier führt die Strecke durch einen Parcours, auch hier geht es um Punkte. Zwei Leute sitzen dabei hoch auf dem meist grünen Wagen. Sie müssen beispielsweise Bretter überfahren, genau an einer Linie den Zweispänner anhalten oder ihn rückwärts in einem Hindernis einparken. Und dabei immer auf die Zeit achten. Spaß fürs Publikum bringt zudem das Ringstechen, bei dem der Fahrer eine alte Tradition aus Norddeutschland und den Niederlanden aufnimmt und versucht, im Trab mit einer Stage einen Ring aufzufädeln.
Viel Interesse bei den Zuschauern findet auch das Leistungspflügen für Zweispänner. Ein Wettbewerb, bei dem die Geschicklichkeit und Präzision der Fuhrleute und ihrer Pferde im Vordergrund stehen. Allerdings sind fürs Pflügen nur vier Fuhrleute nach Pliezhausen gekommen. »Für diesen Wettbewerb fehlt total der Nachwuchs«, bedauert Jung.
Rahmenprogramm mit Ponyreiten und Hundeshow
Der Reit- und Fahrverein sorgt jedes Jahr auch für ein attraktives Rahmenprogramm, vor allem für Kinder. So strahlen die Kleinen hoch zu Ross beim Ponyreiten, und die Opas, die ihren Enkelkindern dabei zuschauen, freuen sich mindestens genauso. Zwischendurch zeigt eine Hundegruppe eine Agility-Show. Hier stehen einmal nicht die Pferde, sondern die Hunde im Mittelpunkt, die zeigen können, wie schnell und gleichzeitig beweglich sie sind.
Der Fuhrmanns- und Fahrertag brauche sehr viel Vorbereitung, erzählt Jung. Schon im März gehe die Planung los. »Und wir sind froh über jede Hand, die mithilft«, betont der Reit- und Fahrvereinsvorsitzende. Ohne diese Hilfe, auch von außen, von Freunden oder der ganzen Familie, sei so eine aufwendige Veranstaltung gar nicht zu stemmen. (GEA)