BEMPFLINGEN. Feste feiern, das können sie jedenfalls schon, die Mitglieder der neu gegründeten Bempflinger Narrenzunft: Mitte November hatten die Steidagoischd’r zur Erweckung ihres Häs auf den Rathausplatz eingeladen und Massen von Menschen waren gekommen. Damit habe niemand gerechnet, gibt Jessica Nething zu: »Wir sind regelrecht überrollt worden.« Sie ist die erste Vorsitzende der Narrenzunft und freut sich nach arbeitsintensiven Monaten auf die erste Fasnetsaison.
Von null auf mittendrin in wenigen Monaten: Die sechs weiteren Initiatoren neben Jessica Nething haben seit der recht spontanen Gründung am 14. Februar den Turbo regelrecht gezündet, bereits am 4. April war die Narrenzunft als eingetragener Verein beim Amtsgericht registriert. »Bis Juli haben wir uns wöchentlich getroffen«, blickt die Vorsitzende zurück, danach bis heute. In der Welt der Fasnet kennen sich die Vereinsgründer bestens aus, Jessica Nething ist seit ihrer Pubertät aktive Närrin. Ebenfalls seit vielen Jahren Hästräger sind Tamara und Veronique Armbruster aus Walddorfhäslach, die Riedricher Lilli Roitzsch und Luca Nething sowie Naomi Dinter und die Gomaringerin Julia Hailfinger.
Sie alle hätten Lust gehabt, in einer neuen Narrenzunft aktiv zu sein und waren plötzlich mittendrin im komplizierten Vereinsrecht, wie Jessica Nething erzählt: »Die Bürokratie ist nicht ohne, eigentlich wollten wir ja nur Fasnet feiern.« Die Sieben blieben ihrem Plan treu, auch wenn es durchaus kurze Durststrecken und Niederschläge gegeben habe. »Wir sind aber mit viel Begeisterung und Herzblut dabei, ohne geht es nicht.« Also übernahmen die sieben Organisatoren auch die Vorstandposten und entschieden sich für Bempflingen, den Wohnort ihrer Vorsitzenden als Sitz der Narrenzunft: »Weil es in den Gemeinden drumherum schon überall eine gibt«, meint die 42-Jährige lachend. Und die Bempflinger scheinen wohl froh zu sein über die Entscheidung, wie die Resonanz bei der Häserweckung gezeigt habe. Auch von Bürgermeister Bernd Welser seien sie unfassbar toll unterstützt worden und der darf sich nun am Altweiber-Donnerstag auf seinen ersten Rathaussturm gefasst machen. Positiv sei auch die Mitgliederentwicklung verlaufen, 68 Personen aus der Region hätten sich laut Nething der Narrenzunft bereits angeschlossen. Davon wollen 34 als aktive Narren bei der Fasnet dabei sein und ein Häs tragen – auch wenn sich die Kosten für Kleidung und Maske im vierstelligen Bereich bewegen und selbst bezahlt werden müssen. Dieses Jahr tragen 19 Frauen und Männer die Maske, die anderen gelten ein Jahr als Anwärter und sind bei den Umzügen und Brauchtumsabenden in der Vereinskleidung mit dabei.
Um als Narrenzunft anerkannt zu sein, braucht es einen Namen und eine damit verbundene Geschichte. Der kleine Steidenbach in Bempflingen ist Namensgeber für die Steidagoischd’r und für die Geschichte wurde die Ortschronik gewälzt, man wurde im 16. Jahrhundert fündig, als Bempflingen noch ein Fischerort war. »Und so beginnt der Zauber unserer Geschichte«, erzählt Jessica Nething. Der Hogascheiss’r wurde bei einer Zeremonie im Wald von den Steidagoischd’r geärgert. Die beschlossen, ihm einen alle zehn Jahre wiederkehrenden Fluch aufzuerlegen. Der Hogascheiss’r sollte neue Seelen zu den Goischd’rn schaffen. Er brachte die junge Witwe Anna Eberle aus Bempflingen zu ihnen, die sieben Aufgaben erledigen musste, ehe sie wieder in ihr Dorf zurückgehen durfte. Wenn man genau hinhört, so die Sage, kann man heute noch in der Nähe des Steidenbachs die Goischd’r lachen hören.
Die Narrenzunft-Gründer gestalteten mit der Fasnets-Schneiderin Linda Wandt aus dem Schwarzwald ein Häs. Die Masken aus Weymoutskiefer schnitzte der Allgäuer Fabian Häge, es gibt mit dem Hogascheiss’r und s’Bächles Anna zwei Einzelfiguren sowie die Steidagoischd’r, die auf 64 Maskenträger beschränkt sind.
Die Umsetzung in so kurzer Zeit sei laut Jessica Nething nur möglich gewesen, weil das Team in der Fasnet so gut vernetzt sei. Entsprechend voll ist der Kalender der neuen Narrenzunft, 29 Termine sind darin vermerkt. Ein Mammutprogramm, für das die Krankenschwester auch Urlaub nimmt. Die Fasnet sei’s ihr wert, macht die Narrenzunft-Vorsitzende deutlich: Die Gemeinschaft habe ihr es angetan und das Miteinander mit so vielen tollen Menschen. »Für uns ist es wichtig, das Brauchtum weiter zu pflegen und leben zu lassen.« (GEA)