DETTINGEN. Mal schnell von der Buchhalde mit einem E-Roller in Richtung Gewerbegebiet fahren oder vom Bahnhof zu den Sportstätten flitzen: Was in Städten längst üblich ist, soll nun auch in Dettingen Realität werden – probeweise jedenfalls. Der Dettinger Gemeinderat stimmte am Donnerstag bei einer Enthaltung zu, sich am Pilotprojekt »LandMobil 2.0« des Landkreises zu beteiligen. Und das trotz des Negativ-Bildes, das sich in vielen Köpfen verankert hat – auch in dem des Bürgermeisters: »Das Problem ist, das die Dinger überall herumliegen«, erklärte Michael Hillert seine Bedenken. Das war so wohl auch in den Fraktionen diskutiert worden, wie bei der Aussprache im Gremium deutlich wurde: Die Gemeinderäte sahen vor ihrem geistigen Auge unzählige E-Scooter in der Erms oder unter dem Calverbühl liegen, auf Wiesen oder an anderen kuriosen Orten. Nicht umsonst hat Paris die Leihroller wieder aus dem Stadtbild verbannt, doch in Dettingen will man ihnen eine Chance geben: »Wir können es als Pilotprojekt laufen lassen«, erklärte Michael Allmendinger von der CDU. Auch der Bürgermeister schloss sich der Ansicht an: »Wir probieren es mal, ich bin gespannt wie es läuft.«
Die Bedenken des Wildwuchses dieses Fortbewegungsmittels, mit dem durchaus auch im eher ländlich geprägten Raum wie Dettingen ein Beitrag zur Verkehrswende geleistet werden kann, zerstreute Anna-Lena Mahler von der Verwaltung. Der E-Scooter wird laut ihrer Auskunft über eine App gebucht und auch bezahlt, am Abgabeort muss ein Foto von der Parksituation gemacht werden. Sei das Fahrzeug nicht ordentlich abgestellt worden, werde dem Nutzer – eine Buchung ist erst ab 18 Jahren möglich - eine Abmahnung erteilt. Im Wiederholungsfall sei eine Strafe bis hin zur Sperrung des Nutzers möglich. Grundsätzlich gebe laut Mahler die Gemeinde vor, wie der Verleih im Ort organisiert sei und sie lege auch den Geschäftsbereich fest. Darüber hinaus könne man auch Parkverbotszonen ausweisen: »Es wird ständig geprüft, geschaut und nachjustiert«, sicherte Mahler zu.
Geplant ist, auf der Dettinger Gemarkung sechs Bereitstellungsflächen auszuweisen, an denen je vier Fahrzeuge aufgestellt werden. Eine werde sich laut Anna-Lena Mahler sicherlich am Bahnhof befinde, auf Wunsch des Gemeinderats soll auch eine in der Buchhalde eingerichtet werden. In einer ersten Testphase dürfen die E-Roller überall abgestellt werden, gerade das garantiere laut Archibald Fritz von der Unabhängigen Liste eine möglichst große Flexibilität und damit eine hoffentlich rege Auslastung. »Wir sollten möglichst ohne viele Regeln einsteigen und können dann nachjustieren«, meinte auch FWV-Fraktionsvorsitzender Rolf Hägele.
Ziel ist, dass die Dettinger für kurze Wege ihre Autos stehen lassen. Doch zur Einsammlung der E-Scooter werde dann wieder ein Fahrzeug gebraucht, gab UL-Gemeinderat Frank Schweigerer zu Bedenken – das sei wiederum nicht umweltfreundlich. Das könne durchaus ab und zu vorkommen, erklärte Anna-Lena Mahler, um die handlichen Verkehrsmittel an die Bereitstellungsfläche zu bringen. Doch zum Laden wäre das nicht notwendig: Dettingen wird mit einer neuen Generation an E-Rollern ausgestattet, deren Akkus vor Ort ausgewechselt werden können und die nicht zum Laden an einen zentralen Ort gebracht werden müssen.
Das Programm »LandMobil – unterwegs in ländlichen Räumen« ist vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ausgeschrieben und wird durch dessen Mittel finanziert. Ziel des Förderprogramms ist es, neue Ideen zur Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum zu erproben und damit einen Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und gesellschaftlichen Teilhabe im ländlichen Raum zu listen. Ein Baustein des Programms im Landkreis Reutlingen ist die Kooperation mit dem US-amerikanischen Unternehmen Lime, das die E-Scooter zum Verleih bereitstellt. Der Gemeinde Dettingen entstehen durch die Teilnahme am Pilotprojekt es Landkreises keine Kosten. »Wir haben nicht zu verlieren«, erklärte Sachbearbeiterin Mahler. »Und wenn uns Nachteile entstehen steigen wir wieder aus.« Im Landkreis beteiligen sich bereits Münsingen und St. Johann am Projekt, auch Engstingen hatte sich dafür entschieden. Trotz gewisser Mängel in der ersten Saison hat sich die Gemeinde entschlossen, weiter zu machen – weil nach ihren Vorstellungen nachjustiert wurde.
Die Testphase in Dettingen wird im April starten. Idealerweise sollen die Nutzer dann auch das Ermstal ab- oder aufwärts fahren können. Die Entscheidung von Bad Urach und Metzingen über eine Teilnahme am Pilotprojekt steht indes noch aus. (GEA)