Logo
Aktuell Auszeichnung

Metzingen zählt zu den zehn Naturwaldgemeinden im Land

Der Naturschutzbund (Nabu) ehrt die Stadt Metzingen und die Arbeit der Forstverwaltung Reutlingen.

Gruppenfoto mit Auszeichnung: Landrat Ulrich Fiedler (links), Greta Schirmer-Förster vom Landkreis-Dezernat Nachhaltigkeit, Nabu
Gruppenfoto mit Auszeichnung: Landrat Ulrich Fiedler (links), Greta Schirmer-Förster vom Landkreis-Dezernat Nachhaltigkeit, Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle, Metzingens Baubürgermeister Markus Haas, Revierförster Jürgen Dufner und Kreisforstamtsleiter Franz-Josef Risse. FOTO: RUOF
Gruppenfoto mit Auszeichnung: Landrat Ulrich Fiedler (links), Greta Schirmer-Förster vom Landkreis-Dezernat Nachhaltigkeit, Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle, Metzingens Baubürgermeister Markus Haas, Revierförster Jürgen Dufner und Kreisforstamtsleiter Franz-Josef Risse. FOTO: RUOF

METZINGEN. Die Auszeichnung wird nicht gerade inflationär vergeben: Gerade einmal zehn Städte und Gemeinden im Land haben sie erhalten, und die Stadt Metzingen darf sich seit Freitag »Naturwaldgemeinde im Land« nennen. Wald hat hierzulande jede Gemeinde, was ist also das Besondere? Dies erläuterte der Nabu-Landesvorsitzende im Beisein von Metzingens Bürgermeister Markus Haas, Landrat Dr. Ulrich Fiedler und Revierförster Jürgen Dufner.

"Unsere Förster handeln bei uns schon ganz lange um- und weitsichtig, auch arbeiten wir eng mit dem Nabu zusammen", sagte Bürgermeister Markus Haas. "Wir betreiben seit Jahrzehnten naturnahen Waldbau und naturnahe Forstwirtschaft im Stadtwald", betonte Hass. Das Prädikat ist seinen Worten zufolge jedoch eine Pflicht, so weiterzumachen." Mit der Ernennung verpflichte sich Metzingen, den Wald nach den Grundsätzen des naturnahen Waldbaus und mit besonderem Blick für die Belange des Natur- und Artenschutzes zu pflegen, und zwar für mindestens zehn weitere Jahre.

»Wir betreiben seit Jahrzehnten naturnahen Waldbau und naturnahe Forstwirtschaft«

»Aller guten Dinge sind drei«, meinte Landrat Ulrich Fiedler und nahm damit Bezug darauf, dass neben Pfullingen und dem Forstbetrieb Münsinger-Hardt nun auch Metzingen diese Auszeichnung verliehen bekommen hat. »Mit nun drei ausgezeichneten Naturwaldbetrieben gehört der Landkreis Reutlingen zu den Spitzenreitern im Ländle. Das freut mich sehr und ermutigt hoffentlich weitere Kommunen, ihre Wälder nach diesem Vorbild zu bewirtschaften.«

Der Landrat vergaß nicht zu erwähnen, dass dies erst durch die Zusammenarbeit vieler Akteure möglich sei und eine Entwicklung über mehrere Förster-Generationen voraussetze. Laut Fiedler zeichnet sich der Metzinger Stadtwald, der sich auf rund 810 Hektar zwischen Neckar und Albhochfläche erstreckt, durch sein breites Baumspektrum aus: Ob Buchen, Kirschen, Elsbeere und nicht zuletzt durch seine Eichenbäume aus. Der Anteil liege bei 20 Prozent mit sehr vielen Habitat-Bäumen und -strukturen. Dies mache ihn zum Lebensraum für Großes Mausohr, Bechsteinfledermaus, Alpenbock und Mittelspecht.

Totholz bietet idealen Lebensraum

Zudem sorge der hohe Anteil von 20 Kubikmeter Totholz je Hektar für den idealen Lebensraum für Kleintiere, Käfer oder Pilze. Die Auszeichnung sei, so Fiedler, auch Motivation für kommende Generationen. Sie müssen mehr tun, »meine Generation hat zu wenig getan«, betonte der Landrat. »Das Nabu-Prädikat ist ein tolles Aushängeschild für Qualität, es ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber denen die den Wald bewirtschaften – kurz: Wir sind gemeinsam stolz«, so der Landrat.

In Metzingen wurden die Kriterien für eine naturnahe Waldbewirtschaftung schon lange eingehalten, so kamen ganz zwangsläufig Jürgen Dufner und Franz-Josef Risse auf mich zu, erinnert sich Johannes Enssle vom Nabu.

Im Metzinger Stadtwald überschneiden sich laut Enssle mehrere Schutzgebiete. Ein Teil des Waldes, rund 47 Hektar und damit fast sechs Prozent des Gemeindewaldes, liegt in der Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb und darf sich als Urwald von morgen eigenständig entwickeln. Weitere Teile liegen in einem Landschaftsschutzgebiet, in einem Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet sowie in der Pflegezone des Biosphärengebietes. »Diese Schutzgebietskulisse erfordert von uns Förstern einen kenntnisreichen und gewissenhaften Umgang mit dem Wald. Damit dies auch in Zukunft gelingt, bildet die Stadt laufend zwischen drei und sechs eigene Forstwirte aus«, erklärt Revierförster Dufner.

»Bäume dürfen stehenbleiben, auch wenn sie alt sind und sterben«

Nabu-Landesvorsitzender Enssle hob die unterschiedlichen Funktionen des Waldes hervor. Zunächst gelte das »Dauerwaldprinzip«, dass also nur kleinere Gruppen von Bäumen entnommen und Nachpflanzungen in diesen Gebieten gemacht würden. Der zweite Aspekt betreffe den Einsatz von sanfter Betriebstechnik, Punkt drei sei das Vermeiden von Chemie etwa beim Kampf gegen den Borkenkäfer. Die vierte Funktion sei aktiver Waldnaturschutz: »Bäume dürfen stehenbleiben, auch wenn sie alt sind und sterben und so Lebensraum für Käfer, Spechte, Fledermäuse bilden.«

Ein  ganz  wichtige Funktion erfülle der Metzinger Wald als Wohlfühlort für Spaziergänger, Jogger und Mountainbiker,  wobei  Naturschutz und Erholungsfunktion manchmal schwer zu vereinbaren seien. Dass der Wald diese Funktion wahrnehmen kann, ist nicht selbstverständlich, wie Enssle betonte. In Ländern wie England oder Spanien gebe kein allgemeines Betretungsrecht für den Wald. (GEA)

NATURWALDBETRIEBE

In Baden-Württemberg gibt es zehn Nabu-Naturwaldbetriebe: Neben dem Neuzugang Metzingen sind dies Kämpfelbach, Bietigheim-Bissingen, Königsfeld, Mönchweiler, Bad Dürrheim, Pfullingen, Wimsheim und Hirschberg an der Bergstraße sowie der Bundesforstbetrieb »Münsinger Hardt« auf der Schwäbischen Alb. (ber)