PLIEZHAUSEN. Manche Bürger rechnen damit, dass die Grundsteuer für sie so hoch bleibt wie bisher. Schließlich soll sie doch aufkommensneutral sein. Diese Sichtweise hört Pliezhausens Bürgermeister Christof Dold immer wieder. Doch das, sagte er am Dienstag im Gemeinderat, sei ein Irrglauben. Die Aufkommens-Neutralität gelte vielmehr für die Gesamtheit der Grundsteuerzahler. Das heißt, dass manche künftig deutlich mehr, andere deutlich weniger Grundsteuer zahlen müssten. »Der Bund hat die Gemeinden gebeten, dass diese nicht das Aufkommen insgesamt erhöhen, sondern die gleiche Höhe wie vorher erwirtschaften«, ergänzte Pliezhausens Kämmerer Markus Hillenbrand. Die Aufkommensneutralität in der Summe aller Grundsteuerbescheide sei allerdings nicht verpflichtend, Gemeinden könnten auch abweichende Regelungen treffen.
Pliezhausen bewegt sich bei der Grundsteuer B, die für nicht-landwirtschaftliche Eigentümer gilt, in der durch das Transparenzregister vorgegebenen Spanne zwischen 184 und 204 Prozent. »Wir würden den Wert auf 200 Prozent festsetzen und liegen damit leicht über dem rechnerischen Wert.« Aktuell betrage dieser 196 Prozent. Im Haushalt von Pliezhausen mache die Grundsteuer B 1,5 Millionen Euro im Jahr aus.
Letztlich müssen die Gemeinden die Grundsteuerreform umsetzen. »Wir müssen uns dem stellen. Wir haben uns nicht darüber gefreut, dass wir sie umsetzen müssen«, sagte Dold. Hillenbrand verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Grundsteuererhebung und deren Grundlage von 1964 als verfassungswidrig bezeichnet hat. Denn die bisherige Praxis führe zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen, heißt es ergänzend in der Beschlussvorlage. Letztlich beschloss die Mehrzahl der Gemeinderäte mit drei Gegenstimmen der AfD-Räte die neuen Hebesätze. Künftig beträgt der der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen 360 Prozent, der Grundsteuer B 200 Prozent und der Hebesatz für die Gewerbesteuer 380 Prozent.
Hillenbrand nannte Beispiele, für wen die Grundsteuer B steigt und für wen sie fällt. »Die Eigenheit ist, dass die Bebauung gar keine Rolle mehr bei der Bemessung spielt. Das war bisher anders«, sagte der Kämmerer. Eine deutlich höhere Grundschuld müssten die Eigentümer eines unbebauten, aber bebaubaren Grundstücks von 750 Quadratmetern Größe zahlen. Statt bisher 110 Euro sind es künftig 860 Euro. »Bisher haben auch die Eigentümer von älterer Bebauung mit zeitgemäßer Ausstattung, also großen Bauernhäusern, eine recht günstige Grundsteuer bezahlt. Nun wird sich diese mindestens verdoppeln«, sagte Hillenbrand. Es gebe aber auch Profiteure. Dazu gehöre etwa der Eigentümer einer 1990 gebauten Eigentumswohnung von 80 Quadratmetern. Zahlte der bisher 200 Euro, sind es künftig nur noch 40 Euro Grundsteuer. Unter dem Strich könne man sagen, dass es im Ort 4.500 Gebäuden und Grundstücken, für die je nach Bodenwert gezahlt werden müsse. Für 2.300 davon müsse weniger, für 2.200 jedoch mehr gezahlt werden.
Dold betonte, dass in den neuen Sätzen kein Inflationsausgleich enthalten sei, und ging auf die Aufkommensneutralität ein: »Da hat uns die große Politik Fesseln angelegt.« Kathrin Henne (UWV) sagte, es sei richtig, dass die Gemeinde nun nicht mehr Geld einnehme. »Das ist sehr verantwortungsvoll.« Brigitte Rapp (CDU) sprach von einem Systemwechsel in der Berechnung, der den Schatz Boden stärker besteuere. Susanne Stetter (SPD) hielt es für »absolut gerecht, dass die mit einem großen Garten mehr zahlen.«
Harald Rinderknecht (AfD) kritisierte die Zuständigkeiten: »Das Land gibt vor, und wir können sowieso nichts machen. Das ist nicht okay so.« Dold hielt dagegen: »Wir leben nicht auf der grünen Wiese. Es gab ein Gerichtsurteil, dass die Grundsteuer nicht mehr verfassungskonform war. Wir sind an Recht und Gesetz gebunden.« Die Gemeinde stehe am Ende der Kette. »Wir können es so weitergeben, im Grundsatz aber nichts dagegen tun. Dann brauchen wir auch nicht abstimmen«, argumentierte Rinderknecht. Dold widersprach: »Sie können abstimmen, ob wir den Hebesatz 190 oder 220 Prozent nehmen wollen. Sie haben sehr wohl ein Entscheidungsrecht, aber nicht über das Verfahren.« (GEA)