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Literarisch-musikalische Abende in Bad Urach und Münsingen rund um Kästner

Die Gruppe von Kulturschaffenden aus der Region hat sich intensiv mit dem Journalisten und Schriftsteller Erich Kästner beschäftigt, der mehr als ein Autor von Jugendbüchern ist.

Die »Wortverdichter«, das sind - hier bei einer Probe in der Münsinger Zehntscheuer - Hartmut Kiste (vorne links) und Ingeborg N
Die »Wortverdichter«, das sind - hier bei einer Probe in der Münsinger Zehntscheuer - Hartmut Kiste (vorne links) und Ingeborg Naegelsbach (vorne rechts) sowie (Mitte von links) Heidemarie Pfeiffenberger, Mari Vihmand und Wolfgang Pusch, Renate Buchberger (hinten links) und Georg Strepp (hinten rechts). Foto: Kirsten Oechsner
Die »Wortverdichter«, das sind - hier bei einer Probe in der Münsinger Zehntscheuer - Hartmut Kiste (vorne links) und Ingeborg Naegelsbach (vorne rechts) sowie (Mitte von links) Heidemarie Pfeiffenberger, Mari Vihmand und Wolfgang Pusch, Renate Buchberger (hinten links) und Georg Strepp (hinten rechts).
Foto: Kirsten Oechsner

BAD URACH/ MÜNSINGEN. "Emil und die Detektive", "Pünktchen und Anton" oder auch "Das doppelte Lottchen: Für seine Kinderbücher ist Erich Kästner bis heute weltberühmt. Doch den Autor darauf zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht: Er war Lyriker und Satiriker, Moralist, ein kritisch-hellwacher und vor allem tiefsinniger Beobachter. Tief eingearbeitet in sein Werk haben sich die "Wortverdichter", eine Gruppe engagierter Kulturschaffender aus der Region: Gleich an zwei Terminen in Bad Urach und Münsingen präsentieren sie ihren literarisch-musikalischen Abend über Erich Kästner. Schon zum Einstieg erfahren die Menschen, wohin der Kästnerabend "Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner?" sie führen wird. Der Journalist und Schriftsteller verstand sich als ein Mann zwischen den Stühlen: "Was auch immer geschieht, nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken."

Kästner könne man durchaus mit Kurt Tucholsky auf eine Stufe stellen meint mit Heidemarie Pfeiffenberger eine »Wortverdichterin«, die tief eingetaucht ist in sein umfangreiches Erwachsenenwerk. Gemeinsam mit Ingeborg Naegelsbach und Georg Strepp hat sie Literatur von und über Kästner durchforstet. Daraus entstand ein Script mit Kästner'schen Texten, die nach Ansicht von Hartmut Kiste bis in die Gegenwart ihre Gültigkeit haben: »Kästner war ein Visionär«. Er habe noch nie beim Lesen von Literatur so oft an die AfD gedacht – als ob Kästner die Entwicklung vorausgesehen habe.

Einheit aus Text und Musik

Und, was Pfeiffenberger betont: Bereits 1956 habe Kästner vor Cancel Culture gewarnt – »wir häkeln unseren Maulkorb selbst« schrieb er. Sein Witz, seine Respektlosigkeit und eben diese Aktualität haben die »Wortverdichter« herausgearbeitet, Musikerin Mari Vihmand hat die passende musikalische Begleitung dafür ausgesucht: »Text und Musik müssen eine Einheit bilden.« Viel Bekanntes, aber auch eigene Werke werden ins Programm eingebunden: »Wenn das Script steht, laufe ich mit offenen Ohren durch die Gegend«, meint sie lachend.

Zum inzwischen sechsten Mal ist Mari Vihmand bei den Wortverdichtern dabei, Renate Buchberger stieß später dazu. Premiere als »Wortverdichter« feiert mit der jüngsten Inszenierung Wolfgang Pusch und seit gefühlten Ewigkeiten gehören Thomas Braun und Regisseur Hartmut Kiste dazu. Ein Mann der fast ersten Stunde ist Georg Strepp, bereits 2006 haben Heidemarie Pfeiffenberger und Ingeborg Naegelsbach erstmals ein Programm zum Wahlkampf von SPD-Landespolitiker Klaus Keppeler zusammengestellt – »Schlusspfiff« hieß es. Das hatte Spaß gemacht, Mitstreiter fürs Weitermachen waren schnell gefunden und so folgte (fast) Jahr um Jahr ein neues Programm.

Dreimal wegen Corona verschoben

Die Pandemiezeit war wie bei vielen anderen Kulturschaffenden die Ausnahme, das letzte Programm musste dreimal verschoben werden. Immer standen große Literaten wie Heinrich Heine, Bertold Brecht oder Eduard Mörike im Mittelpunkt, gingen die »Wortverdichter« auf Epochen wie die Romantik ein oder widmeten sich einem zentralen Thema, die Schwaben waren es ebenso wie Krähen.

Und nun Erich Kästner: Vor 125 Jahren in Dresden geboren, starb er vor 50 Jahren in München. Er hat ein großartiges Werk hinterlassen, in das die »Wortverdichter« nun einen intensiven Einblick ermöglichen. Aber auch sein bewegtes (Liebes-)Leben wäre abendfüllend, so schaute er als einziger deutscher Schriftsteller bei der öffentlichen Verbrennung seiner Bücher durch die Nazis zu – dennoch verließ er das Land nicht. Seine Werke wurden übrigens neben denen von unter anderen Günter Grass, Albert Camus oder Francoise Sagan im Oktober 1965 noch einmal am Düsseldorfer Rheinufer verbrannt von Mitgliedern des evangelischen Jugendbundes für entschiedenes Christentum.

Der Kästner-Abend feiert am Sonntag, 10. November, um 19 Uhr in der Schlossmühle in Bad Urach Premiere. Am Samstag, 16. November ist er dann ebenfalls um 19 Uhr in der Zehntscheuer in Münsingen zu sehen. Karten gibt es ausschließlich an der Abendkasse.