METZINGEN. Temperaturen knapp über oder unter null Grad: Wer will da schon sein Kind zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Tretroller in die Schule schicken? Und der Bus hält womöglich zu weit weg vom Zuhause und von der Schule, da müssten die Jungs und Mädels ja durch die Kälte laufen. Lieber mal schnell und bequem ins warme Auto gesetzt und vor den Schulhof gefahren, sagen sich viele Eltern. Das gefällt anderen Mamas und Papas in Metzingen allerdings gar nicht. »Es gibt eine Unterschriftensammlung von 220 Eltern, die besorgt um die Sicherheit ihrer Kinder sind«, beklagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Georg Bräuchle im Gemeinderat.
Weil die Autos im Laufweg der Jungen und Mädchen zur Schule stehen könnten. Eine GEA-Stippvisite am Donnerstag zum mittäglichen Unterrichtsende um 11.50 Uhr an der Sieben-Keltern-Schule zeigt ein gemischtes Bild: Auf dem großen Parkplatz neben dem imposanten Schulgebäude stehen zwei ausgewachsene SUVs quer zu parkenden Autos und kurz vor einer Treppe, die zum Schulhof führt »Hoffentlich sitzt jemand drin«, sagt eine Mutter, die mit ihrem Kind auf den Parkplatz läuft, »sonst kommen wir nicht raus.«
»Die Eltern sind besorgt um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem Weg zu Schule oder Kita«
Die beiden haben Glück: In den SUVs warten Fahrer. Die stattlichen Autos engen den Weg vom Parkplatz zu einer der größten Grundschulen im Land für kleine und größere Fußgänger ein. Auf den Gehwegen entlang er Heinemannstraße in Richtung Bahnhof oder in der Christophstraße am Haus Matizzo vorbei zum Kelternplatz stehen dagegen an diesem Donnerstag keine Fahrzeuge. Auf letzterer Verbindung hat die Stadt durch Zebrastreifen vor einiger Zeit den Schulweg sicherer gemacht.
Elterntaxis sollen ihn und andere Kinderwege nicht wieder gefährlicher machen, sagen die Mitmacher der Unterschriftenaktion. »Sie appellieren, dass möglichst wenige Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen«, machte Bräuchle deutlich, und: »Kritische Situationen gibt es vor allem auf der Zufahrt zum Parkplatz.« Die vom Gehweg gekreuzt wird. »Die Sieben-Keltern-Schule ist nicht der einzige Hotspot.«
Die Stadtverwaltung möge die Situation »analysieren und optimieren«, forderte der Grünen-Sprecher, der mit seinem Fraktionskollegen Dr. Markus Schenk vor Ort war. »Dem werden wir gerne nachkommen«, antwortete Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh, »und mit den Eltern, die die Aktion initiiert haben, konkrete Vorschläge erarbeiten.«
Inzwischen sind sechs Wochen ins Land gegangen und der Elternbeirat der Sieben-Keltern-Schule hat sich mit Vertretern der Stadtverwaltung vor Ort getroffen. Das war Ende Oktober. »Es fand ein sehr konstruktiver Austausch statt, an denen mehrere Maßnahmen besprochen und vereinbart wurden«, resümiert die städtische Pressesprecherin Susanne Berger auf GEA-Anfrage, »ein Großteil dieser wird umgesetzt.«
»Eine Hecke wurde zurückgeschnitten. Markierungsarbeiten folgen Ende diesen/Anfang nächsten Jahres«
Zwei größere Maßnahmen wurden am Donnerstag von der Verkehrskommission geprüft: zum einen die Installation eines Fußgängerüberwegs in der Heinemannstraße im Einmündungsbereich zur Eisenbahnstraße »als durchgehende Ergänzung zur Ampelquerung in der Eisenbahnstraße«; zum anderen »die Modifizierung der Verkehrsführung im Bereich Heinemannstraße und Christophstraße«. Konkreter oder gar beschlossene Sache ist aber noch nichts.

Weiter ist man bereits mit »kleineren Maßnahmen. Der Rückschnitt einer Hecke wurde bereits umgesetzt«. Dadurch ist die Sicht für die Schulkinder an der betreffenden Stelle freier geworden: ein Beitrag zur Sicherheit. »Im nächsten Schritt sollen Ende diesen/Anfang nächsten Jahres ergänzend Markierungsarbeiten durchgeführt werden«, kündigt Berger an.
»Sind die Kinder im Auto, wird losgebraust «
Mit den Elterntaxis hat das nur wenig zu tun, doch sie waren Thema im Gemeinderat. »Vor jeder Schule und jeder Kita ein Schild: 'Ab hier schafft es Ihr Kind auch alleine'« wünschte sich etwa FWV-Fraktionschef Stefan Köhler. Die Gehwege an Kindergärten oder -krippen sieht auch Alexander Hack (SPD) allzu oft mit Autos zugestellt. »Eltern parken«, hat er gesehen, »zum Beispiel am Kinderhaus Brühlstraße«. Wo die Gehwege und auch die Straße eher schmal sind und es schon deshalb beengt zugeht.
Robert Schmid (FWV) blickte zurück in die Zeit, als es noch Schülerlotsen gab. Aber auch aufs triste und potenziell gefährliche Hier und Jetzt: »Sind die Kinder in den Autos, wird losgebraust«, hat er beobachtet. Wären die Lotsen mit den neongelben Reflektorwesten und den auffälligen weiß-roten Kellen in der Hand auch heute noch denkbar, gäbe es Freiwillige in der Sieben-Keltern-Stadt, die so gerne ihre engagierten Ehrenamtlichen hochleben lässt? Es ist offen.
Realität ist längst, dass Schülereltern die Sieben-Keltern-Schulkinder mittags gruppenweise in die Mensa im Ösch und zurück begleiten. Es sind aber nicht die, die ihre Zöglinge morgens in der dunklen Kälte vor der Schule aus dem warmen Auto lassen und nach Unterrichtsende wieder abholen. Lotsen, auch Verkehrshelfer genannt, können auch ältere Schülerinnen und Schüler werden, nicht nur Erwachsene. (GEA)