BEUREN. Patchworkfamilien – die gabs immer schon. Über 50 Gäste erfuhren am Sonntag im Freilichtmuseum Beuren, wie es sich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert in den Häusern lebte, die auf dem Museumsgelände wieder aufgebaut wurden.
Das Team »Gespielte Geschichte« nahm das Publikum mit in ein Weberhaus aus Laichingen, eine Schreinerei in Ohmenhausen und zum Tod des Schultheißen im Jahr 1926 in Öschelbronn. Im Laichinger Haus schlüpfte Eva Geiger, in teilweise selbst genähter Biedermeierkleidung des Jahres 1835, in die Rolle der ehemaligen Hausbewohnerin Angelika Graser.
1677 als kleinbürgerliches Wohn- und Stallhaus offenbar aus den Resten von Gebäuden errichtet, die im 30-jährigen Krieg zerstört wurden, teilte man das Haus 1786 für zwei Familien auf, die jede nur 47 Quadratmeter zur Verfügung hatten. Es gab eine winzige Kochnische im Flur und zwei getrennte Keller, in denen das Webereihandwerk ausgeübt wurde. »Die feuchten Räume eigneten sich sehr gut für die Flachsverarbeitung, waren jedoch schädlich für die Menschen«, sagte Moderatorin Christine Humpel, die den historischen Rahmen für die Spielszenen lieferte. 1835 sei Leinen aus Laichingen weltweit zu finden gewesen, sogar im britischen Königshaus. »Über die Hälfte der Laichinger Haushalte lebte von der Weberei.« Von Luxus zeugt noch die blaue Papiertapete in der Wohnstube des Hauses, das noch bis 1978 in der vorhandenen Form genutzt worden war.
Schnelle Heirat nach Tod der Frau
Die Familien Graser und Schmid bewohnten das Haus gemeinsam. Andreas Schmid war dreimal verheiratet, wobei seine erste Frau, die Witwe Barbara Schwenk, bereits vier Kinder mit in die Ehe brachte. Sie verstarb bei ihrer zwölften Schwangerschaft. Frauen starben häufig im Kindbett, die Witwer mussten schnell erneut heiraten, damit die Versorgung von Kindern, Haushalt und Weberei gesichert war. Nachfolger der Schmids war das Ehepaar Caspar und Angelika Wörner (Detlev Rimkus und Elke Schäfer), das versuchte, seine Kinder mit Mehlbrei und Gerstenkaffee großzuziehen. Doch auch das half nicht. Kein einziges ihrer sechs Kinder erreichte das Erwachsenenalter.
Durch den Import von Baumwolle ging die Bedeutung des einheimischen Leinens verloren. Die Laichinger »Heimarbeiter« bewegten sich von der Landwirtschaft ins industrielle Zeitalter.elementAm Sonntag war auch das Genussteam des Fördervereins im Einsatz. Nachdem bereits Kohl und Rüben im Zentrum gestanden hatten, waren es dieses Mal historische Tomatensorten. Mit großem Interesse probierten die Gäste gelbe, gestreifte und sogar reife grüne Tomaten. (GEA)


