METZINGEN. »Do triffschd Leut, die siehschd des ganze Johr et em Wengart«, konstatierte ein Mitglied bei der Generalversammlung der Weingärtnergenossenschaft Metzingen-Neuhausen im Rebstöckle in Neuhausen. 108 Mitglieder samt Gästen wollten wissen, wie das Weinjahr 2023/2024 verlaufen war und sich das aktuelle entwickelt. Festzuhalten bleibt der Trend: Die Deutschen trinken insgesamt immer weniger Wein und zu wenig ihrer eigenen Erzeugnisse.
»Wein und die Weingenossenschaft haben einen enormen Stellenwert in Metzingen. Sie sorgen für einen Mehrwert in Sachen Kultur und Landschaftsschutz«, betonte Baubürgermeister Markus Haas in seinem Grußwort. Haas lobte das Engagement aller, sei es beim Durchführen von Veranstaltungen oder dem Erhalt der Keltern: »Sie treiben die Genossenschaft weiter.«
»Weinbau treiben heißt, erfolgreich sein im Wandel«
Klaus Rümmelin vertrat Ortsvorsteher Günter Hau. »Weinbau treiben heißt erfolgreich sein im Wandel« lautete sein Credo. Er nannte zwei Meilensteine in der Neuhäuser Geschichte des Weinbaus. Zum einen als der Ort im 11. Jahrhundert dem Kloster Zwiefalten zugeschlagen wurde und als in den Dreißigern des vorigen Jahrhunderts die Genossenschaft gegründet wurde nach dem Motto einer für alle, alle für einen. »Der Weinbau ist unser zentrales Aushängeschild. Er sorgt für Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus«, schloss Rümmelin.
Robert Bahnmüller, der gemeinsam mit Christian Koch, die Geschicke der Genossenschaft leitet, warf anschließend einen Blick auf den internationalen Weinmarkt, in dem Deutschland den neunten Platz mit 8,6 Millionen Hektolitern belegt. Vorne dran ist Frankreich mit 48 Millionen Hektoliter im Jahr 2023 gefolgt von Italien und Spanien. Der Blick auf die deutschen Zahlen, so Bahnmüller, zeige eine rückläufige Tendenz. Im Weinjahr 2023/24 wurden noch 18,6 Millionen (18,8 in 2022/23) Hektoliter getrunken. Festzuhalten bleibt: »Es wird mehr produziert als getrunken«, so der Geschäftsführer. »Wir sind Importweltmeister beim Wein.« Er rät dazu erst die heimischen Weine zu trinken, ehe ein Franzose, Spanier oder Italiener gekauft wird.
Seinen Worten zufolge ist aber nicht nur ein Rückgang beim Wein, sondern auch bei Bier und Spirituosen feststellbar. »Die Menschen achten mehr auf ihre Gesundheit, nicht zuletzt seit von Politikern und Ärzten postuliert werde, dass jeder Tropfen Wein zu viel schädlich sei«, so Bahnmüller. »Wir spüren in der Genossenschaft auch einen Rückgang beim Absatz, aber nicht so stark«, sagte Christian Koch. Insgesamt verzeichnete die Genossenschaft ein Minus von einem Prozent beim Umsatz. Den größten Anteil am Absatz haben der Lebensmitteleinzelhandel, der Fachhandel, die Gastronomie und die Mitglieder mit über 60 Prozent.
Erfreulich ist laut Christian Koch, dass der Flaschenpreis gesteigert werden konnte – von 6,40 Euro auf 6,94 Euro. Der Umsatz im Verhältnis zur Auszahlung an die Mitglieder stimme. »Über 40 Prozent geht als Traubengeld an die Mitglieder. Das ist einzigartig in Württemberg«, so Koch. Bei Umsatzerlösen von knapp 1,3 Millionen Euro verblieb ein Bilanzgewinn von 6.157 Euro, der den Rücklagen zugeführt wurde.
Um den Verkauf der Metzinger Weine anzukurbeln, setzt die Genossenschaft nach Aussage Bahnmüllers auf zahlreiche Veranstaltungen wie die After-Work-Party in der Vinothek, die Weinlounge im Kelterngarten in Neuhausen oder 2025 erstmalig ein »Maultaschen Fäschdival«.
Auch Gerhard Fritz als scheidender Aufsichtsratsvorsitzender gab einen Rückblick auf das Geschäftsjahr, das am 1. September beginnt und am 31. August des Folgejahres endet. Er konstatierte, dass drei Jahre (2022 bis 2024) hintereinander von den wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnung gesprochen wurde. Dieser Klimaveränderung müsse langfristig mit neuen Rebsorten, den sogenannten Piwis (pilzwiderstandsfähigen Rebsorten) begegnet werden, bis dahin könne jedoch auf die alten Rebsorten nicht verzichtet werden. Auch eine Verringerung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei gefragt. Auch Gerhard Fritz monierte, dass bei einem Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr von 19 Litern Wein zu wenig und zu wenig deutscher Wein getrunken werde. Mit 267.000 verkauften Flaschen in 2023/24 sei dies mehr als im Durchschnitt der vergangenen Jahre in der Genossenschaft. Der Trend gehe weg von der Literflasche hin zur Dreiviertel-literflasche.
»Wir müssen Wein als Erlebnis verkaufen«
Ausbaufähig ist laut Fritz der Anbau von Bioweinen. Lediglich drei Hektar betrage der Anteil. "Das sind gerade mal zehn Prozent unserer Gesamtanbaufläche. Für ihn führt eine Steigerung des Absatzes nur über Veranstaltungen: "Wir müssen Wein als Erlebnis verkaufen." Als gut gelungen bezeichnete Fritz den Personalumbau: Für Jörg Waldner, der in den Ruhestand ging, kamen Christian Koch und Robert Bahnmüller als Geschäftsführer und Vorstände. "Wer Wein trinkt, schützt unsere Kulturlandschaft", endete sein Bericht.
Nicht um den eigenen Getränkekonsum ging es beim Vortrag zum Alkoholmanagement von Bernhard Idler, Vorstand Weinbau und Oenologie von der Württembergischen Weingärtner Zentralgenossenschaft (WZG). Idler sprach in seinem Vortrag wie den veränderten Konsumgewohnheiten begegnet werden müsse. Es werde heute weniger Wein getrunken, neue Mischgetränke seien en vogue und der Trend gehe zu Weinen mit weniger Volumenprozent. Dem gelte es Rechnung zu tragen. »Die Produktionskette muss kundenorientiert sein, nicht umgekehrt.«

Für Gerhard Fritz, der als Aufsichtsratsvorsitzender wegen Erreichens der Altersgrenze nicht mehr wählbar war, wurde der Neuhäuser Wirtschaftsingenieur David Reusch ins Gremium gewählt. Jochen Bertsch, Thomas Jud und Alexander Fritz wurden als Vorstände gewählt.
Seit 1995 war Gerhard Fritz im Aufsichtsrat, seit 2003 dessen Vorsitzender. Vorstand Thomas Jud sprach davon, dass Fritz so viele Projekte angestoßen, begleitet und mit umgesetzt habe, dass er als Vorbild für alle diene. Jud nannte das Neuhäuser Original, der jederzeit mit Rat und Tat zur Stelle war, einen »Vollblutwengerter«.
Sichtlich gerührt bedankte sich Gerhard Fritz. Neben den zahlreichen Projekten wie den Ausbau der Kelter, dem Anlegen des Kelterngartens, dem Anschaffen eines Verkaufswagens sprach er vor allem von der erfolgreichen Umsetzung der Qualitätsoffensive als Meilenstein. »Das Potenzial ist da, macht ebbes draus« lautete der Appell an seine bisherigen Mitstreiter und endete mit den Worten: »Ich hab’s gern gmacht.« (GEA)