DETTINGEN. Die Mengen sind gigantisch, die Herzlichkeit bleibt dennoch Trumpf: Immer mittwochs – außer in den Sommerferien und auch nach Weihnachten wird Pause gemacht – bietet die evangelische Kirchengemeinde einen Mittagstisch im Gemeindehaus an. Dann wird von einem ehrenamtlichen Kochteam in riesigen Mengen geschnippelt und gebrutzelt: Um die 120 Menschen, darunter etwa 80 Stammgäste, genießen in großer Runde Schweinebraten mit Kartoffelpüree und Blaukraut, Lachs in Sahnesoße, aber auch schwäbische Klassiker wie Linsen mit Spätzle und vieles mehr. Manchmal müsse man durchaus improvisieren, gibt Helga Geysel zu: »Es ist schon eine Herausforderung, 25 Kilo Bratkartoffel zu machen«, meint sie lachend.
15 Jahre ist’s her, dass der Mittagstisch ins Leben gerufen wurde – kein klassisches Jubiläum, aber ein Grund zurückzublicken. Denn kaum jemand habe laut Helga Geysel damals damit gerechnet, dass sich das Angebot so lange halte. Manche Mitesser der ersten Stunde seien bis heute noch dabei, andere kamen dazu und sie alle zusammen bilden eine Gemeinschaft auf Zeit in einem Pop-Up-Restaurant, wie es heute heißen würde. Jung und Alt, schon längst nicht mehr berufstätig oder noch mittendrin, Familien mit Kindern oder Menschen, die normalerweise alleine essen und einsam sind: Sie gehören zu den Gästen des Mittagstisches. Dessen Qualität hat sich bis zu den Mitarbeitenden in umliegenden Betrieben herumgesprochen, auch Auswärtige würden immer mal wieder den Weg nach Dettingen finden.
An durchschnittlich etwas über 40 Mittwochen im Jahr läuft es in der Küche rund, um die 4500 Essen werden insgesamt herausgegeben. Abzüglich der Zwangspause in zwei Coronajahren habe das Ehrenamtsteam laut Hochrechnung um die 59 000 Mahlzeiten gekocht. Es dürften laut Helga Geysel Tonnen von Kartoffeln gewesen sein, die verarbeitet wurden. Immerhin mache man den Kartoffelsalat stets selbst, allein dafür werden jeweils 25 Kilo verarbeitet. Mengen, die der Küchenchefin schon lange keine Angst mehr machen: Sie ist fast von Anfang an dabei, hat viel Erfahrung, was den Speiseplan und damit auch den Einkauf betrifft. Gekocht werde mehr oder weniger Hausmannskost, aber gesunde, wie Geysel betont: Viel frischer Salat und jede Menge Gemüse seien dabei.
Niemand muss sein Essen abholen
Aber, das sei auch klar: Extrawürste gibt’s keine. Wer etwas nicht mag, komme laut Sabine Trumpp erst gar nicht oder müsse sich mit dem abfinden, was aufgetischt werde. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Niemand muss sein Essen abholen, es wird den Gästen serviert und das Geschirr dann abgeräumt – das sei eine wertschätzende Selbstverständlichkeit. Seit einem Jahr ist Sabine Trumpp neben Helga Geysel für den Mittagstisch verantwortlich, der von den ehrenamtlichen Helfern mit viel Herzblut betrieben werde: »Uns ist die Gemeinschaft wichtig, denn es gibt so viel Einsamkeit«, meint sie.
38 mitarbeitende Ehrenamtliche übernehmen die verschiedenen Aufgaben vom Auf- und Abbau übers Kochen bis zum Bedienen. Jeder bringe sich laut Helga Geysel nach seinen Möglichkeiten ein, das gelte auch für den zeitlichen Aufwand: Sie sei jede Woche dabei, andere nur einmal im Monat. Aber, was sie freut: Das Team ist nach einem Nach-Corona-Einbruch wieder gewachsen, Jutta Brodbeck und Karin Beck sind von Anfang an dabei. Man sei angesichts der Größe des Teams sicher, dass es weitergehe. Was nicht ausschließe, dass man sich über jeden neuen Mitarbeiter freue.
Gegessen wird übrigens auf Spendenbasis: Jeder gibt, was er will oder kann. Damit können, so die beiden Organisatorinnen, die Lebensmittelkosten beglichen werden und für den Rest komme die evangelische Kirchengemeinde auf. Mit dem Mittagstisch werde Gastfreundschaft gelebt, wie Sabine Trumpp unterstreicht: »Wir leben eine offene und herzliche Willkommenskultur in einer einladenden Atmosphäre.« (GEA)
Info:
Der Mittagstisch findet immer mittwochs von 11.45 bis 13 Uhr statt. Es wird um eine Anmeldung unter 0713/ 9279950 gebeten. Nach Weihnachten geht’s am 8. Januar wieder los mit Brokkoli in Käse-Schinkensoße mit Kartoffeln.