Logo
Aktuell Genuss

Der Höhepunkt des Metzinger Weinjahres hat begonnen

Am Dienstag wurden in Neuhausen die Trauben für den Spätburgunder gelesen. In diesem Jahr mussten die Reben ganz schön viel aushalten. Wie die Weinlese in Metzingen ausgefallen ist.

Die Metzinger Weinberge bieten Besuchern ein wunderschönes Panorama.
Die Metzinger Weinberge bieten Besuchern ein wunderschönes Panorama. Foto: GEA
Die Metzinger Weinberge bieten Besuchern ein wunderschönes Panorama.
Foto: GEA

METZINGEN. Bei tollem Sonnenschein und blauem Himmel hat es kürzlich nicht nur Spaziergänger in die wunderschöne Gegend rund um die Weinberge in Neuhausen gelockt. Auch die rund 15 fleißigen Helfer der Weinlese sind seit 8 Uhr aktiv und sammeln Trauben, was das Zeug hält. Das Team rund um den Weinbergbesitzer und Vorstand der Weingärtnergenossenschaft Metzingen-Neuhausen Christian Koch sammelt die Trauben für den Spätburgunder. Das sind knapp 1,5 Hektar Fläche, die es an einem Tag abzuarbeiten gilt - und das von Hand. Ausgestattet mit Schere und Eimer, arbeiten sich die Helfer durch die Reben. Das ist heutzutage gar nicht mehr so selbstverständlich.

In anderen Gegenden wird der Großteil des Weins mittlerweile maschinell geerntet, sofern es die Lage und Neigung des Weinberges zulassen. Dafür kommen mehrere Meter hohe Fahrzeuge zum Einsatz, die über die Rebstöcke fahren und die Trauben durch Rütteln von ihrem Stilgerüst lösen. Über ein Förderband werden die Beeren dann automatisch in einen Auffangbehälter befördert. Das ist zwar deutlich schneller als das händische Pflücken, jedoch weitaus weniger ordentlich. Oft gelangen so, nebst schlechten Trauben, auch Blätter und Äste mit in die Wannen und müssen später aussortiert werden. Christian Koch und sein Team setzen nach wie vor auf Handarbeit.

Scharfe Sinne für Top-Qualität

Für den ausgezeichneten Geschmack des Endprodukts sind selbstverständlich noch viele weitere Einflüsse von Bedeutung. Einer der wichtigsten Faktoren wird gleich zu Beginn - wortwörtlich - in die Hände der Lesehelfer gelegt. Um den Reifezustand der Trauben zu ermitteln, verlassen sich die Erntenden voll und ganz auf ihre Sensorik. »Das bedeutet: anschauen und probieren«, fasst Koch zusammen. So separieren die Erntehelfer in bester Absicht und mithilfe der eigenen Erfahrung schon auf dem Feld, welche Traube gut und welche schlecht ist.

Die Qualität eines Weins hängt aber nicht nur von der Vorab-Auswahl, sondern auch stark vom Wetter ab. Besonders Weine aus milderen Regionen, in denen das Wetter oft wechselhaft ist, sind davon betroffen. Dazu gehören auch die Gebiete in Deutschland. Das Weinjahr 2024 war deshalb, wie teilweise bereits in den vergangenen Jahren, von extremen Wetterveränderungen geprägt. So haben zahlreichen Niederschläge während der Vegetationsperiode einerseits für ein gutes Rebenwachstum gesorgt, in Verbindung mit hohen Temperaturen jedoch auch die schnelle Ausbreitung von Pilzkrankheiten begünstigt.

Frühjahrs-Frost büßte die Hälfte des Ertrags ein

Den schlimmsten Einfluss allerdings, hat der nächtliche Frost im Frühjahr genommen: "Wir haben direkt nach dem Frost rund 80 Prozent unseres Ertrags verloren", erzählt Christian Koch. Über den Sommer sind dann glücklicherweise doch noch einige sogenannte Beiaugen ausgetrieben, aus denen sich neue Triebe entwickelt haben. "Jetzt am Ende sind es noch rund 50 Prozent, die wir verloren haben. Das ist ganz schön bitter, es bleibt aber nichts anderes übrig, als zu akzeptieren. Und was wir bisher gelesen haben, war dafür top gesund!

Trotz viel Ertragsverlust sind die 1.000 Liter Wannen prall gefüllt. Im Kelterhaus geht die Verarbeitung später erst richtig los
Trotz viel Ertragsverlust sind die 1.000 Liter Wannen prall gefüllt. Im Kelterhaus geht die Verarbeitung später erst richtig los. Foto: GEA
Trotz viel Ertragsverlust sind die 1.000 Liter Wannen prall gefüllt. Im Kelterhaus geht die Verarbeitung später erst richtig los.
Foto: GEA

Die am Vormittag plötzlich aufziehenden Wolken arbeiten nicht unbedingt für die Weinqualität. »Wir wollen für den vollen Geschmack natürlich den konzentrierten Saft und nicht den verdünnten, der durch Regen womöglich entstehen könnte«, erklärt der Weinexperte Christian Koch. Das Team hatte noch Glück: Bis auf leichten Niesel hielt die graue Wolkendecke weitestgehend dicht. Für die Beeren des Spätburgunders ist nun erst einmal Ruhe angesagt. Die roten Sorten vergären nämlich erst einige Tage auf der Maische. So kann sich der Farbstoff aus den Beerenhäuten herauslösen.

Für das Leseteam der Neuhäuser Weinberge ist die Zeit des Ruhens noch nicht ganz gekommen. Als letzte Sorte steht am Dienstag der Lemberger auf der Agenda. Je nach Wetterlage dürfen die ambitionierten Sammler danach einen Haken hinter die diesjährige Weinlese setzten. Für Christian Koch geht es mit der Verarbeitung dann erst richtig los. Ein Knochenjob, der auch bei kleinerem Ertrag für lange Arbeitstage sorgt. (GEA)