METZINGEN. Was haben die Bierflaschenhändlerin Hilde Ruof, der Metzinger Marktplatzbrunnen, die Dettinger Promillesteige und das Uracher Residenzschloss gemeinsam? Alle finden sich im druckfrischen »Spuren«-Heft des Arbeitskreises Stadtgeschichte Metzingen wieder. Acht Autorinnen und Autoren haben das 65-Seiten-Werk mit seinen 84 Bildern auf die Beine gestellt, Alexander Lauer seine Layout-Kompetenz zur Verfügung gestellt, »die Mittwochsrunde mit 15 bis 20 Leuten 260 Hefte eingetütet«, berichtet Regine Lotterer vom AKS-Vorstand - wie üblich, alles komplett ehrenamtlich.
Herausgekommen ist ein Querschnitt durch Geschichtsthemen, die durchs ganze Ermstal reichen. GEA-Mitarbeiter Bernd Ruof lässt den Metzinger Kelternplatz neu entdecken. »Auf die Tür der Festkelter haben wir gekickt«, erinnert er sich. Seine Oma Hilde hat auf Metzingens historischem Platz einst Bierflaschen verkauft - die opulenten Kisten waren in der Kriegszeit noch nicht zu haben. Ganz ähnlich mit Nachnamen hieß der einstige Wirt der Alten Turnhalle: Ludwig Ruff: An ihn und seinen legendären Zwiebelrostbraten erinnert der Fast-Namensvetter ebenso launig wie an andere Leute rund um den Platz.
130 Jahre bis zum Bau der Promillesteige
Mehr mit Bauwerken als mit Leuten zu tun hatte es Dr. Gabriele Böhm in ihrem »Spuren«-Beitrag: Sie, die sonst ebenfalls für den GEA schreibt und fotografiert, hat die Geschichte des Metzinger Marktplatzbrunnens recherchiert, und auch dessen Wirkungsweise. »Zusammengenietete Eisenbänder mit römischen Ziffern und Punkten« hat sie entdeckt und das Baujahr des Brunnens herausgefunden: 1758. Dieser wird über die Trinkwasser gespeist. »Ist das nicht ein bisschen verschwenderisch?«, fragte die promovierte Historikerin sich und den städtischen Bauhof. Immerhin: »Es gibt Überlegungen, aus ökologischen Gründen eine Wasserversorgung mit Umwälzpumpe aufzubauen.«
Was nicht von heute auf morgen geschehen wird. So, wie auch die Dettinger Promillesteige lange gebraucht hat, bis sie fertig war. Geschichte und Gegenwart hat Albrecht Arnold, der Leiter des Dettinger Heimatmuseums, im»Spuren«-Heft nachgezeichnet hat. »Die Unvollendete« nennt er die schmale Steige, für die es 1846 erste Pläne gab. Rudolf Beutler, Ex-Schultes der Mittelermstalgemeinde, schaffte mit seinen Verbindungen zu Geldgebern bei Regierungspräsidium und Land schließlich den Durchbruch: 1977 wurde das Sträßlein nach Hülben hoch, das zunächst nur ein Waldweg war, freigegeben. Noch weiter hinten im Ermstal liegt Bad Urach mit seinem Residenzschloss. Welche Überraschungen dessen Sanierung offenbart hat, erzählt Simon Wagner im AKS-Heft.
Ohne Schulabschluss Professor geworden
Doch zurück zu den Menschen. Auf die Spuren des berühmtesten Sohns der Stadt Metzingen hat sich Rudolf Renz begeben: Christian Friedrich Schönbein. Geboren vor 225 Jahren im heutigen Restaurant am Marktplatz, verließ er mit knapp 14 Jahren die Schule ohne Abschluss. »Ein Professor in Stuttgart hat ihn trotzdem geprüft«, blickt Rudolf Renz zurück, ein langjähriger AKS-Fahrensmann. Mit erfolgreichem Weiterweg: »15 Jahre später war Schönbein Professor in Basel.« Als Entdecker des Ozons gilt er und hat schon vor Jahrhunderten Versuche mit der Brennstoffzelle unternommen, die in der Jetztzeit der Energiewende als vorbildlich angesehen werden können.
Regine Lotterers Blick aufs noch neue Hugo-Boss-Museum in der Kanalstraße und Stadtarchivar Rolf Bidlingmaiers Beitrag über den Faber-Epitaph links vom Eingang der Martinskirche fehlen im »Spuren«-Heft auch nicht. Das einzige, was dem selbst schon traditionsreichen Arbeitskreis Stadtgeschichte fehlt, sind jüngere Mitglieder und ein/e neue/r Vorsitzende/r. Doch das ist ein anderes Kapitel. (GEA)
Wo die »Spuren« erhältlich sind
Das aktuelle »Spuren«-Heft des Arbeitskreises Stadtgeschichte Metzingen kostet zehn Euro und ist in Metzingen bei der Tourist-Info am Lindenplatz, der Papeterie Ströbel, der Buchhandlung Finkeria und im Bio-Laden »Löwenzahn« zu erwerben, zudem in Neuhausen beim Kiosk Lutz. Auch die Buchhandlung Litera in Dettingen und die Buchhandlung am Markt in Bad Urach verkaufen das Heft. (pfi)