BAD URACH. Im Garten des Uracher Amtsgerichts, unmittelbar hinter dem Haus des Tourismus, läuft seit einem Monat eine archäologische Untersuchung. An dieser Stelle soll ab nächstem Jahr im Rahmen von Hochwasserschutzmaßnahmen der erneuerte Dreiachtelkanal Ermswasser durch die Stadt leiten. Für die Verlegung des im Spätmittelalter gebauten Kanals werden die ehemalige Stadt- und Zwingermauer durchbrochen sowie ältere Bebauungsstrukturen zerstört, weshalb diese nun im Vorfeld der eigentlichen Baumaßnahmen fachgerecht dokumentiert werden müssen.
Die Arbeit liegt in der Hand der Arbeitsgemeinschaft freier Archäologinnen und Archäologen (Arge HWS Erms, Rottenburg), die Fachaufsicht liegt beim Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Auftraggeber ist die Stadt Bad Urach. Die Archäologen werden durch den Bauhof der Stadt unterstützt, der die notwendigen Baggerarbeiten durchführt.
Reste des alten Amtsgerichts
Im zentralen und nördlichen Teil der Grabungsfläche finden sich die Überreste des 1902 abgerissenen Alten Amtsgerichts, eines mehrteiligen Baukörpers, dessen Ursprünge ins Spätmittelalter zurückgehen. Bevor hier im 19. Jahrhundert das Gericht einzog, war das Gebäude städtische Amtsschreiberei, Obervogtei und in Privatbesitz. Im 15. und 16. Jahrhundert war das Areal zumeist in württembergischen Besitz. Während der Feierlichkeiten zur Hochzeit Graf Eberhards im Jahr 1474 war hier Gräfin Margarete samt Gefolge und 30 Pferden untergebracht.
Im Westteil des Amtsgerichts verliefen bis zum Abbruch mehrere Wände in südost-nordöstlicher Richtung, schrägwinklig zu den sonstigen Baufluchten der Gebäude Am Fruchtkasten. Archäologisch lässt sich nun der Ursprung dieser Ausrichtung belegen: eine nach Nordosten über das Amtsgerichtgebäude in den heutigen Straßenraum hinein verlaufende Mauer, deren älteste Phase wohl sogar noch der Stadtmauer vorausgeht. Möglicherweise handelt es sich um die spätmittelalterliche Begrenzung des Schlossbezirks.
Außerdem stößt man auf der Grabungsfläche bereits nach dem Oberbodenabtrag auf spätmittelalterliche Fundschichten. Diese liegen über mächtigen Aufplanierungen, die offenbar in Zusammenhang mit dem Ausbau zur Stadt im 13. Jahrhundert hier aufgeschüttet wurden. Der gewachsene Tuffsand wird erst in etwa zwei Metern Tiefe erreicht.
Spuren bis ins 12. Jahrhundert
Infolge der Tiefenlage dieser Schichten lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht klar bestimmen, wann die vorstädtische Besiedlung am Ort einsetzt. Die bisher geborgene Keramik reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Aktuell zeichnen sich spannende Siedlungsspuren aus vorstädtischer Zeit ab, denen in den kommenden Wochen noch weiter nachgegangen werden wird. (GEA)