PLIEZHAUSEN. Eine Vergabe von Bauleistungen ist in der Routine der Gemeinderatssitzungen keine große Sache. Den Gemeinderäten sind die Pläne bekannt. Sie haben ja bereits für die Ausschreibung gestimmt. In diesem Fall war es allerdings der vorige Rat. Und bei den Vergaben bekommen die Kommunalpolitiker dann die Ergebnisse von der Verwaltung aufgelistet und eingeordnet. Dann bekommt der wirtschaftlichste - meist der günstigste - Anbieter den Auftrag. Schon ist in der Sitzung das nächste Thema dran.
Am Dienstagabend unterschied sich das Vorgehen deutlich davon. Letztlich bekamen zwar eine Gerüstbaufirma aus Reutlingen und eine Holzbaufirma aus Pliezhausen die beiden Aufträge. Doch zunächst hatten die beiden AfD-Räte Christian Bothner und Harald Rinderknecht Diskussionsbedarf. Es ging um den Bau eines Hauses, in dem die Gemeinde Pliezhausen zumindest am Anfang Geflüchtete unterbringen will. Als Standort ist das Areal einer früheren Gärtnerei im Neckartal vorgesehen.
Angebote teurer als erwartet
Pliezhausens Bürgermeister Christof Dold hatte zuvor gesagt, dass die Angebote über der veranschlagten Summe lagen und die Baukosten für die Flüchtlingsunterkunft der Anschlussunterbringung stiegen. Bothner hakte nach, warum die Gemeinde die Gewerke scheibchenweise ausschreibe. »Wo endet das? Jetzt kostet schon der Holzbau mehr.«
Frederik Raach, Mitarbeiter der Bau- und Liegenschaftsverwaltung Pliezhausen, sagte, dass es so üblich sei, »Wir vergeben das erste nötige Gewerk und dann die nächsten.« Sein Chef Dold bekräftigte das: »Das haben wir auch beim Bau aller Kinderhäuser so umgesetzt. Wir wissen nicht, wie das Ergebnis sein wird und nehmen das günstigste Angebot.« Raach ordnete ein, dass es früher größere Blöcke bei Ausschreibungen gegeben habe. »Die sind aber auch mit mehr Kosten verbunden.« Letztlich habe sich die Gemeinde auf die Ausschreibungen der einzelnen Gewerke konzentriert, damit sie nicht öffentlich ausschreiben muss. »Wir machen lieber beschränkte Ausschreibungen, als dass sich Bieter von JWD melden. Das hatten wir schon, die haben unter Preis angeboten und uns dann hängen gelassen«, sagte Dold.
Die AfD will das Thema vertagen
Harald Rinderknecht betonte die Mehrkosten über die einzelnen Gewerke. Er komme so auf 515.000 Euro statt geplanten 392.000 Euro. »Das Geld könnten wir für Bürger unserer Gemeinde ausgeben. Ich stelle einen Antrag, die Ausschreibung aufzuheben und eine akzeptablere Lösung zu finden.« Die Gelder könnten für Kinder, Schulen und das Glasfasernetz ausgegeben werden. Rinderknecht wunderte sich, dass die Kosten noch so hoch seien. Er habe den Eindruck, dass derzeit kaum gebaut werde und Betriebe Mitarbeiter entließen.
Raach sagte, dass der von Rinderknecht vorgeschlagene Weg nur aus triftigen Gründen möglich sei. Rinderknecht hielt dagegen: »Wenn die Kosten mehr als 20 Prozent höher als veranschlagt waren, haben andere Gemeinden die Ausschreibung bereits aufgehoben.« Er halte die Preissteigerung für »nicht in Ordnung. Die Frage ist auch, ob wir das Heim überhaupt noch brauchen, wenn genug Flüchtlinge nach Syrien zurückgehen und dort ihr Land aufbauen.«
Enger Zeitplan
Stefan Adam, der Leiter der Bau- und Liegenschaftsverwaltung Pliezhausen, wies auf den engen Zeitplan hin: »Wir haben einen Förderbescheid über 500.000 Euro bekommen. Dann muss das Haus aber bis zum 30. September 2025 fertig sein.« Würde die Gemeinde die Ausschreibung abbrechen und neu ausschreiben, wäre der Zeitplan nicht zu halten. »Dann müssen wir als Gemeinde die vollen Kosten bezahlen«, gab Adam zu bedenken. Dr. Valerie Hattermann (SPD) hielt es für »schwachsinnig, die Förderung nicht in Anspruch zu nehmen. Außerdem ist dann die Frage, wo Sie die Flüchtlinge hinstecken wollen. Sicherlich nicht auf einen Zeltcampus oder in einen Container.« Hattermann forderte einen Alternativvorschlag. Den brachte Rinderknecht nicht, sondern sagte: »Wenn wir den nicht bringen, ist das vielleicht die beste Lösung.«
Dold sagte, dass der Konflikt in Syrien sich zwar erledigt habe. Derzeit kämen aber viele Flüchtlinge aus der Türkei. »Wir müssen Wohnraum für Flüchtlinge schaffen. Ob sich durch das Ende des Konflikts in Syrien so viel ändert, weiß ich nicht«, sagte Dold noch. Rinderknechts Antrag fiel durch und wurde nur von den drei AfD-Räten getragen. Sie waren es dann auch, die gegen die Vergabe der Arbeiten für das Flüchtlingshaus stimmten. (GEA)