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190 Jahre Sängerkranz Urach: Kein Jubiläum, aber ein Grund zu feiern

Die junge Bad Uracher Sopranistin Paula Jeckstadt tritt am Sonntag beim Geburtstagskonzert in der Festhalle auf. Bereits am Samstag verabschiedet sich der Bezirk Neckar Erms im Chorverband Ludwig-Uhland dort mit einem Konzert, die Chöre und Vereine schließen sich einem anderen Bezirk an.

So lange sind die Glanzzeiten des gemischten Chores noch nicht her, inzwischen sind nur noch etwa 15 Sängerinnen und ein Mann ak
So lange sind die Glanzzeiten des gemischten Chores noch nicht her, inzwischen sind nur noch etwa 15 Sängerinnen und ein Mann aktiv. Nach dem Konzert zum 190-jährigen Bestehen werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Foto: Peschke
So lange sind die Glanzzeiten des gemischten Chores noch nicht her, inzwischen sind nur noch etwa 15 Sängerinnen und ein Mann aktiv. Nach dem Konzert zum 190-jährigen Bestehen werden die Weichen für die Zukunft gestellt.
Foto: Peschke

BAD URACH. Gleich an zwei Tagen wird die Bad Uracher Festhalle von Chorgesang geprägt sein: Zum einen lädt am heutigen Samstag der Bezirk Neckar-Erms zu einem Abschiedskonzert ein, da er sich zum Jahresende auflöst und sich im Chorverband Ludwig Uhland einem anderen Bezirk anschließen wird. Am Sonntag, 27. Oktober ist dann der Sängerkranz Urach Gastgeber für ein Konzert zu dessen 190-jährigen Bestehen, wobei ihr laut Vorsitzender Irmgard Naumann eines bewusst sei: »Ein klassisches Jubiläum ist es nicht. Aber ein Geburtstag, den man durchaus feiern kann.«

Aus diesem Grund erwartet der Sängerkranz neben dem Swingchor Bad Urach unter Leitung von Nico Münzing und dem von Rosi Hertl dirigierten Männerchor Walddorf mit Paula Jeckstadt auch eine hochkarätige Solistin. Die junge Sängerin, in Bad Urach aufgewachsen und zur Schule gegangen, erobert sich die Musikwelt. Die 30-Jährige ist gut gebucht – unter anderem singt sie in einer Produktion im Wiener Theater in der Josefstadt. Für das Jubiläumskonzert kommt die Sopranistin gerne in ihre Heimatstadt zurück, vermittelt hat den Auftritt ihr Entdecker und Sängerkranz-Chorleiter Jürgen Knöpfler. Er hat für die junge Sängerin eigens ein Lied komponiert und getextet, das sie in Bad Urach erstmals singen wird: »Heimat, von Herzen gern«.

Sopranistin Paula Jeckstadt wird das Jubiläumskonzert des Sängerkranzes mitgestalten.  Foto: Kächele
Sopranistin Paula Jeckstadt wird das Jubiläumskonzert des Sängerkranzes mitgestalten. Foto: Kächele
Sopranistin Paula Jeckstadt wird das Jubiläumskonzert des Sängerkranzes mitgestalten. Foto: Kächele

Für den gemischten Chor des Sängerkranzes, der von fünf Gastsängern unterstützt wird, ist es nach Einschätzung von Irmgard Naumann wohl der letzte Auftritt: Der Altersdurchschnitt der 15 Mitsingenden liegt bei über 80 Jahren, in den Reihen des Chores befindet sich nur noch ein Mann. Der Kreis der aktiven Sängerinnen wird wohl noch kleiner, da einige nach dem Jubiläumskonzert aufhören wollen. »Wir werden neue Wege gehen müssen, welche ist aber nicht klar«, erklärt Irmgard Naumann. Überlegungen, wie sich der Sängerkranz neu aufstellen wird, gäbe es bereits – doch geklärt sei noch nichts: »Es wird nach dem Konzert eine Chorversammlung geben.« Doch eines sichert Irmgard Naumann zu: Der Sängerkranz wird sich als Verein nicht auflösen, zumal unter seinem Dach seit zehn Jahren einen Kinderchor unter der Leitung von Kathrin Achmüller existiert und aktiv ist. Die Vorsitzende ist überzeugt, einen neuen Weg für den Chorgesang finden zu können: »Zu singen ist ja nicht out«, weiß sie aus Erfahrung. Das offene »Singen unter der Linde« hat sich beispielsweise als sehr beliebt erwiesen, rund 80 Mitsänger kommen zu den Terminen.

Dass die nunmehr 190-jährige Geschichte des Sängerkranzes weitergeht, liegt Irmgard Naumann sehr am Herzen – immerhin ist er nach dem 1748 gegründeten Schützenverein der zweitälteste in der Stadt. Ursprünglich gab es drei Vereine in der Stadt, in denen gesungen wurde: Der 1853 gegründete Liederkranz, 1889 kam die Sängerriege des Turnerbundes hinzu und bereits seit 1834 wurde im Gesangverein gesungen. Dieses Datum gilt seit der Zusammenlegung der drei Gruppierungen zum Sängerkranz im Jahr 1919 als Gründungsjahr. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab’s 1946 eine Neugründung des Sängerkranzes, damals stieß der 1922 gegründete Arbeitergesangverein »Vorwärts« hinzu. Zunächst sangen im Sängerkranz nur Männer, in den Spitzenzeiten der 1950er-Jahren waren es knapp 160 Sänger. 1951 wurde dann ein Frauenchor gegründet, kurze Zeit darauf dann der gemischte Chor. Zwischenzeitlich gab’s vor 34 Jahren mit dem Swingchor sogar eine Neugründung, der Chor trennte sich indes 2004 vom Sängerkranz und firmiert seither als eigener Verein.

Chorverband Ludwig Uhland steht gut da

Und als solcher wurde der Swingchor auch Mitglied des Bezirks Neckar Erms im Chorverband Ludwig Uhland. Der Bezirk lädt am Samstag zu seinem Abschiedskonzert ein, wobei die Auflösung eine formale ist. Ihn wird es unter diesem Namen nicht mehr geben, vielmehr schließen sich die Chöre einem anderen Bezirk an – noch steht die Entscheidung aus, zu welchem. Das gilt auch für den Liederkranz Walddorf mit seinen Chören. Grund für die Auflösung des Bezirks Neckar-Erms ist laut Irmgard Naumann die inzwischen überschaubare Anzahl von Chören, die ihm angehören. Der Chorverband Ludwig Uhland steht insgesamt jedoch gut da, am 1. Januar 2025 tritt eine vom Schwäbischen Chorverbands initiierte Strukturreform in Kraft. Dabei wurden die Grenzen der Chorverbände den Kreisgrenzen angepasst, das vereinfacht die Verwaltung und Organisation. Unter anderem werden die Chöre aus Raidwangen wie auch die Schönrain-Chöre aus Neckartenzlingen künftig dem Chorverband Karl Pfaff und nicht mehr Ludwig Uhland angehören. Dafür kommen bei ihm Chöre und Vereine aus Grafenberg, Zwiefalten und anderen Albgemeinden hinzu.

»Auf die Plätze, fertig – Chor!« heißt es also am heutigen Samstag in der Festhalle, dort werden der Chor »aufgehorcht« des Liederkranzes Altenriet, der Liederkranz Grafenberg, der Ludwig Uhland Chor sowie der Kinderchor des Liederkranzes Walddorf singen. Los geht es um 19 Uhr. Bereits um 17 Uhr findet am Sonntag, 27. Oktober das Jubiläumskonzert des Sängerkranzes satt. (GEA)