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Neue Leiterin der Französischen Filmtage: Leidenschaft für Frankreich und fürs Kino

Lisa Haußmann übernimmt in diesem Jahr die Leitung der Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart. Sie will mehr Menschen in die Kinos holen, auch Kinder, Jugendliche, Familien. Und sie steht vor Herausforderungen.

Die künstlerische Leiterin der Französischen Filmtage: Lisa Haußmann vor dem Kino Museum in Tübingen.
Die künstlerische Leiterin der Französischen Filmtage: Lisa Haußmann vor dem Kino Museum in Tübingen. Foto: Thomas Morawitzky
Die künstlerische Leiterin der Französischen Filmtage: Lisa Haußmann vor dem Kino Museum in Tübingen.
Foto: Thomas Morawitzky

TÜBINGEN. Zum 42. Mal finden im Herbst die Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart statt – mit einer neuen künstlerischen Leitung. Lisa Haußmann hat die Aufgabe übernommen, das größte frankofone Festival Deutschlands weiterzuführen, ihm neue Bereiche und vielleicht ein neues Publikum zu erschließen. Sie ist 35 Jahre alt, lebt in Berlin, wird zwischen beiden Städten pendeln. Und sie hat Pläne: Mehr noch möchte sie die Filmtage öffnen für Kinder und Jugendliche, auch die Jüngsten ins Kino holen. Kurzfilmen möchte sie im Festival ebenfalls neue Impulse geben.

Lisa Haußmann wurde geboren in Tübingen, wuchs auf in der Stadt, wuchs hinein in die Szene der Tübinger Filmfestivals. Vor fast 20 Jahren gehörte sie der Jugendjury der Französischen Filmtage an, später war sie ehrenamtlich für das Festival tätig. Ihr Interesse an Frankreich reicht bis in ihre Schulzeit zurück: »Ich habe die Sprache an der Schule gelernt und war oft mit meiner Familie im Nachbarland im Urlaub«, sagt sie. »Das hat bei mir die Leidenschaft für die französische Sprache und das Land geweckt.« Sie studierte Filmwissenschaften in Deutschland und Frankreich und begann schon während ihres Studiums, an Festivals in Frankreich mitzuarbeiten – beim Cinemed in Montpellier, dem »Festival international du cinema méditeraanéen«, das Filme aus dem Mittelmeerraum zeigt, und, seit zwölf Jahren, bei den Ciné-Rencontres in Prades, für die sie auch als Kuratorin tätig ist. Oft beteiligt sie sich an Panel-Diskussionen anderer Festivals, moderiert Filmdiskussionen. Vor allem aber leitet sie seit sieben Jahren die SchulKinoWochen Berlin, bei denen über zwei Wochen hin rund 30 Kinos im Berliner Stadtgebiet bespielt werden.

Neue Erzählformen entdecken

»Als Jugendliche eröffnete mir das Kino Welten, die komplett neu für mich waren«, sagt sie. »Ich konnte diese Welten entdecken und über sie sprechen. Ich entdeckte, dass es unglaublich viele reichhaltige Formen gibt, zu erzählen. Das hat mich regelrecht gepackt. Der Durst, der damals in mir erwacht ist, ist zum Glück noch nicht ganz gelöscht.«

Die Filmkultur Frankreichs unterscheidet sich wesentlich von jener Deutschlands – als Kunstform besitzt der Film in Frankreich seit jeher größeres Ansehen, wird stärker gefördert und kann auch ein junges Publikum besser, gezielter erreichen. Die Selbstverständlichkeit, mit der in Frankreich Platz geschaffen wird für eine regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Film auch an Schulen, sieht Lisa Haußmann in Deutschland nicht überall. »Bei uns hängt das sehr oft am Engagement einzelner Schulen, Schulleitungen oder Lehrkräfte.« Dies natürlich, weiß sie, liegt an Strukturen, die sich über Jahrzehnte hin entwickelt haben. Lisa Haußmann möchte innerhalb der Französischen Filmtage eine Sektion für ein junges Publikum aufbauen, ein größeres Angebot für Familien, aber auch für Kinder vom frühesten Kinoalter an. Ein solches Angebot existierte bislang nicht. »Kinder sollen das Kino als einen Kulturort kennenlernen, der ihnen genauso gehört wie den Erwachsenen. Das bildet Erfahrungen, die wachsen können und die ihnen auch weiterhin die Tür zum Kino öffnen.«

Kinder sollen mitgestalten

Die Französischen Filmtage in Tübingen beginnen in jedem Jahr während der Herbstferien und enden in der ersten Woche nach den Ferien. »Für uns ist das die ideale Situation, um weiterhin Schulvorführungen anzubieten, mit den Schulen zusammenzuarbeiten und zugleich auch die Familien anzusprechen, über Ferienangebote, und so Kinder und Jugendliche in beiden Bereichen aufs Festival zu holen.« Lisa Haußmann möchte Kindern und Jugendlichen auch die Möglichkeit geben, sich ins Festival mit einzubringen, an der Gestaltung der Französischen Filmtage mitzuwirken. »Kinder hören Kindern mehr zu als Erwachsenen«, sagt sie.

Auch im Bereich des Kurzfilms möchte Lisa Haußmann in Tübingen neue Wege gehen, das Angebot erweitern und das Publikum auch partizipatorisch einbinden in die Zusammenstellung eines Kurzfilmprogramms. Die Arbeit der neuen künstlerischen Leiterin, die Vorbereitung auf die 42. Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart, beginnt im Februar. »Ich werde mich mit meinem Team zusammensetzen und die aktuellen Festivalaufgaben besprechen«, sagt sie. »Wir wollen sehen, was die Säulen des Festivals sind, auf die wir besonders stolz sind und die wir in die Zukunft tragen wollen. Und ich werde meine Impulse für die Zukunft einbringen.«

Baustellen, Herausforderungen

Als Herausforderung sieht Lisa Haußmann die Arbeit mit Tübingens Kinostandorten an, vor allem, nachdem im Kino Museum drei Säle renoviert und verkleinert wurden. Auf diese Weise, sagt sie, sei zwar eine tolle Kino-Atmosphäre in den Sälen geschaffen worden, aber es stünden nun auch weniger Plätze zur Verfügung. »In dieser Hinsicht müssen wir uns Erweiterungsmöglichkeiten erschließen, um der Nachfrage des Publikums gerecht zu werden.«

»Und natürlich«, sagt Lisa Haußmann, »gibt es auch weitere spannende Baustellen wie die stärkere Vernetzung in der Region oder die Öffnung des Festivals für die Fachbranche.« Themen und Aufgaben stehen nun also genügend im Raum – im Herbst 2025 und in den kommenden Jahren werden sie sich konkretisieren. (GEA)