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Innige Andacht: Knabenchor Capella Vocalis in der Uracher Amanduskirche

Der Reutlinger Knabenchor Capella Vocalis gastierte bei der »Stunde der Kirchenmusik« in der Stiftskirche St. Amandus Bad Urach. Man durfte gespannt sein, wie sich das Ensemble in einem der ersten Auftritte unter seinem neuen Dirigenten Benedikt Engel präsentierte.

Sänger des Knabenchors Capella Vocalis bei ihrem Auftritt in Bad Urach.
Sänger des Knabenchors Capella Vocalis bei ihrem Auftritt in Bad Urach. Foto: Susanne Eckstein
Sänger des Knabenchors Capella Vocalis bei ihrem Auftritt in Bad Urach.
Foto: Susanne Eckstein

BAD URACH. Knabenchöre sind ein heikles Konstrukt, denn die Sopran- und Altstimmen müssen laufend ersetzt werden. Während der Coronajahre konnten sie kaum Nachwuchs anwerben, Proben fielen aus, und der bekannte, in Reutlingen und Besigheim ansässige Knabenchor Capella Vocalis hatte in der Folge zwei Dirigentenwechsel zu verkraften. Den letzten in diesem Sommer: Seit August leitet Benedikt Engel den Chor; nach Studien in Kirchenmusik und Dirigieren in Tübingen und Graz studiert er nun Chordirigieren in Trossingen und leitet die Mauritiuskantorei Ofterdingen. Bei dem Bad Uracher Auftritt stellte er sich auch als sympathischer Moderator vor, der die Bezüge zwischen Mendelssohn und Gounod erläuterte.

Angesichts der Umstände zeugt es von Mut, als frisch engagierter Dirigent mit einem kleinen Chor aufzutreten, und dies auch noch mit einem gleichfalls »neuen« Orgelbegleiter, nämlich Stiftskirchenkantor Armin Schidel an der großen Orgel. Ihr voller Klang verschob manchmal die Balance; ihr standen nur neun »kleine« Sopran- und Alt-Sänger sowie zwölf Tenöre und Bässe gegenüber. Und all das in den rahmenden Bach-Sätzen auch noch auf Distanz: Die Koordination zwischen Orgelempore und Altarbereich erwies sich als schwierig, auch wenn sich die fließenden Orgel-Achtel von »Wohl mir, dass ich Jesum habe« mit dem Choral der jungen Stimmen zu einem aparten Raumklang ergänzten.

Hauptteil von der Empore

Den Hauptteil des Konzerts bestritt der Chor dann auf der Orgelempore. Von Felix Mendelssohn Bartholdy präsentierten Engel und seine Sänger relativ schlichte Chorsätze: »Verleih uns Frieden«, »Laudate pueri« (ursprünglich für Frauenchor), und »O lux beata trinitas«. In ruhiger Bewegung boten sie keine Konzertkunst, sondern konzentrierte Andacht. Besonders schön kamen die jungen Männerstimmen ohne Orgel in »O lux beata trinitas« zur Geltung, hier durften sie zum Ende hin aufblühen.

Eine weitere Hommage an Mendelssohn wurde zwischen die Gounod-Werke eingefügt: Armin Schidel betonte mit sicherer Hand in Präludium und Fuge G-Dur für Orgel (aus op. 37) den Kontrast zwischen melodischer Romantik und strenger Kontrapunktik à la Bach.

Geistliches von Gounod

Im zweiten Teil durfte man geistliche Musik des Opernkomponisten Charles Gounod kennenlernen. Zunächst den »Evening service« (Magnificat und »Nunc dimittis« in englischer Sprache), die Gounod 1872 in England komponiert hatte, wohin er vor dem deutsch-französischen Krieg geflüchtet war; danach seine »Messe brève« No. 7, eine ebenfalls schlicht gearbeitete kurze Mess-Vertonung. Ihr Charakter ist durchweg innige Andacht, ein bisschen »Effekt« bringen die Besetzungswechsel zwischen klein besetzten und vollen Chorpassagen, wobei die jungen Sänger sich teilweise solistisch bewähren mussten. Ihnen und ihrem jungen Dirigenten wird die nötige Routine bestimmt noch zuwachsen.

Bachs beliebter Choral »Jesu bleibet meine Freude« schloss den Kreis zu dem bis auf den Text identischen Eingangsstück. Anerkennender Applaus dankte der Capella Vocalis und ihrem Chorleiter. (GEA)