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»Ihr sündigt wohl gern?« Powerwolf feiern Metal-Messe in Stuttgart

Die Saarbrücker Metal-Band Powerwolf hat sich ganz nach oben gespielt. Beim Stuttgarter Konzert begeistert sie 10.000 Fans. Und schwankt zwischen Kirchenparodie und Monstershow.

Wilde Kreaturen und große Gesten im Stile eines Priesters: Sänger Attila Dorn (rechts) und Keyboarder Falk Maria Schlegel (hinte
Wilde Kreaturen und große Gesten im Stile eines Priesters: Sänger Attila Dorn (rechts) und Keyboarder Falk Maria Schlegel (hinten links) von Powerwolf in Stuttgart. Foto: Meyer
Wilde Kreaturen und große Gesten im Stile eines Priesters: Sänger Attila Dorn (rechts) und Keyboarder Falk Maria Schlegel (hinten links) von Powerwolf in Stuttgart.
Foto: Meyer

STUTTGART. Powerwolf ist in der ersten Liga der Metal-Bands angekommen. Das zeigt sich schon dadurch, dass auch Fans von Legenden wie Judas Priest, AC/DC oder Iron Maiden zu ihrem Konzert kommen, wie die T-Shirts der Besucher erkennen lassen. Die Band aus Saarbrücken, die vor zwei Jahrzehnten gegründet wurde, hat ihre Erfolgs-Nische gefunden: Melodischer Power-Metal mit Themen aus Religion, Mysterien und östlichen Sagen. Dazu aufwändige, teilweise im Ausland produzierte Videos, Selbstironie sowie weiß-schwarz geschminkte Gesichter, Pseudonyme und eine Gründungs-Legende.

Demnach trafen die Brüder Matthew (Gitarre) und Charles Greywolf (Bass/Gitarre) beim Urlaub in Rumänien Attila Dorn, der als Sänger eine Gruppe suchte. Das Quintett komplettieren Falk Maria Schlegel (Keyboards) und Schlagzeuger Roel van Helden, der als Einziger später dazukam. Power-Metal ist hart, schnell und laut. Dafür sind die Fans gekommen. Erst geben Wind Rose aus Italien den Anheizer. Dann lassen es HammerFall eine Stunde lang krachen. Die Schweden hätten an diesem Tag mehrere Headliner an die Wand gespielt, nicht aber Powerwolf.

Drittes Nummer-Eins-Album

Der Top-Act, der mit seinem im Sommer erschienen »Wake up the Wicked« zum dritten Mal in Deutschland ein Nummer-Eins-Abum ablieferte, hat mit Dorn einen charismatischen Frontmann. Seine kraftvolle Stimme, der eine klassische Gesangs-Ausbildung zugrundeliegt, kann Rock perfekt mit opernhaften Elementen verbinden. »Lasst uns die heilige Heavy-Metal-Messe feiern«, lautet seine Begrüßung, die vom Menschenmeer in der Schleyerhalle enthusiastisch aufgenommen wird.

Markante Pose: Bassist Charles Greywolf, bürgerlich David Vogt, heizt an der Bühnenkante ein.
Markante Pose: Bassist Charles Greywolf, bürgerlich David Vogt, heizt an der Bühnenkante ein. Foto: Jürgen Meyer
Markante Pose: Bassist Charles Greywolf, bürgerlich David Vogt, heizt an der Bühnenkante ein.
Foto: Jürgen Meyer

Manchmal kommt sein Outfit einem Kreuzritter nahe, auf der »Wolfsnächte-Tour« in Stuttgart wirkt er wie eine Mischung aus Priester und okkultem Zeremonienmeister. Sein Gegenstück ist Organist Schlegel. Als Leichgewicht und Komödiant der Band sorgt er neben dem großgewachsenen Sänger und dessen imposanter Statur allein durch seinen Anblick für ein Grinsen. Ein Tänzchen der beiden miteinander leitet »Dancing with the Dead« ein, später liefern sie sich ein Anfeuerungs-Duell, wer von beiden die lauteren Fans hat. Bei »1589«, einer wahren Geschichte, bei der ein Engländer einst unter Folter Morde gestand und dafür hingerichtet wurde, hat Schlegel auf der Bühne die Opferrolle auf dem Scheiterhaufen.

Feuerstöße aus den Orgelpfeifen

Die Fans gehen von Beginn an lautstark mit, johlen, wenn Dorn fragt: »Ihr sündigt wohl gern?« und damit zu den Songs »Stossgebet« und »We don't want to be no Saints« überleitet. Feuerstöße, selbst aus den Orgelpfeifen, gehören ebenso zur Show wie Knallkörper. Für die passende Kulisse sorgen Kreaturen der Nacht, Skelette im Bischofsgewand, Flammen hinter gotischen Kirchenfenstern oder ein Verlies tief im Gewölbe.

Anfeuerer des Publikums: Gitarrist Matthew Greywolf alias Benjamin Buss während der Show.
Anfeuerer des Publikums: Gitarrist Matthew Greywolf alias Benjamin Buss während der Show. Foto: Jürgen Meyer
Anfeuerer des Publikums: Gitarrist Matthew Greywolf alias Benjamin Buss während der Show.
Foto: Jürgen Meyer

Aber die bereits fünf Mal in Wacken aufgetretenen Powerwolf-Musiker können nicht nur wuchtige Metal-Rhythmen in die Halle jagen. »Sinners of the Seven Seas« hat fast schon hymnischen Charakter. Und das sakrale »Alive or Undead« besitzt Kinderchor-Passagen. Bei den letzten sanften Klängen von Schlegel am Klavier symbolisieren Lichteffekte Schneefall.

Dorn überrascht mit Schwäbisch

»In Stuttgart war immer gute Stimmung, aber heute sind mehr da«, sagt Dorn zu den 10.000 begeisterten Besuchern und ergänzt am Ende des zweistündigen Konzerts auf Schwäbisch: »Des isch geil!« Powerwolf, die nach drei Zugaben mit dem Feger »Werewolves of Armenia« abtreten, lassen an der Bühnenwand noch einen Gruß in unübersehbaren Lettern zurück: »Vielen Dank Stuttgart!« Die Jungs haben die Bodenhaftung nicht verloren. Vielleicht ist auch das ein Teil ihres Erfolgs. (GEA)