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Uni Tübingen feiert 50 Jahre Botanischen Garten

Uni Tübingen feiert 50 Jahre Botanischen Garten auf der Morgenstelle. Grüne Werkstatt als Vorzeigemodell

Kunst im Garten: Angela Dix führt in die Ausstellung von Anne Nisch ein FOTOS: MEYER
Kunst im Garten: Angela Dix führt in die Ausstellung von Anne Nisch ein. Foto: Jürgen Meyer
Kunst im Garten: Angela Dix führt in die Ausstellung von Anne Nisch ein.
Foto: Jürgen Meyer

TÜBINGEN. Begonnen hat es mit einem kleinen Garten voller Heilpflanzen, den der Mediziner und Botaniker Leonhart Fuchs neben seinem Häuschen in der Tübinger Altstadt anlegte – vor fast 500 Jahren. An neuen Standorten wurden die Gärten größer und boten zunehmend Platz für eine Fülle von Pflanzen. 1969 schließlich eröffnete die Uni auf einem zehn Hektar großen Areal auf der Morgenstelle den Neuen Botanischen Garten.

Weil das nun 50 Jahre her ist, wird es heuer mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen über Wochen hinweg gefeiert. Der Vielfalt im Garten entsprechen die Themen. Am gestrigen Sonntag gab’s nicht weniger als zwanzig Programmpunkte, von der Ausstellung mit Fotokunst von Anne Nisch über Führungen bis zur Buchvorstellung.

Maximilian Weigend betonte in seinem Festvortrag, welch wichtige Rolle Botanische Gärten für Forschung und Lehre, aber auch für Artenschutz und Bildung spielen. Dass man sich in ihnen gerne aufhält, umsieht und spazieren geht, kommt als Komponente noch dazu.

Weigend ist Präsident des Verbands der Botanischen Gärten und kennt die unterschiedlichen Blickwinkel von Besuchern und Forschern. Bei den Anlagen gehe es um »viel mehr als ein paar bunte Beete mit Schildern«. Umgekehrt müssten die Hochschulen erkennen, dass es zu ihren Pflichten gehört, an die Öffentlichkeit zu gehen und mit Themen wie Artenschutz und Wechselwirkungen in der Natur vertraut zu machen.

»Wir müssen an Schüler rankommen, bevor ihnen das Smartphone an die Hand gewachsen ist«

Der Botanik-Professor aus Bonn weiß: Auch die junge Generation muss dabei angesprochen werden. »Unis betrachten das nicht als ihre Kernaufgabe. Aber wer, wenn nicht wir sollte das leisten? Wir müssen an die Schüler rankommen, bevor ihnen das Smartphone an die Hand gewachsen ist.«

Uni-Rektor Bernd Engler hält viel von solchen Angeboten. Die Grüne Werkstatt mit Lernstationen, Experimenten und Unterrichtsmaterialien leiste einen wichtigen Beitrag und sei gewissermaßen in dieser Hinsicht ein »Vorzeigemodell«. Katja Tielbörger, Direktorin des Botanischen Gartens, nutzte die Gelegenheit und ließ den Rektor wissen, dass man dringend zumindest eine feste halbe Stelle dafür brauche.

Rhododendron Yakusimanum: In Tübingen wachsen 200 Wildarten von Rhododendren und etliche Sorten. Von links: Uni-Rektor Bernd Eng
Rhododendron Yakusimanum: In Tübingen wachsen 200 Wildarten von Rhododendren und etliche Sorten. Von links: Uni-Rektor Bernd Engler, Direktorin Katja Tielbörger und Festredner Maximilian Weigend beim Rundgang nach dem Festakt. Foto: Jürgen Meyer
Rhododendron Yakusimanum: In Tübingen wachsen 200 Wildarten von Rhododendren und etliche Sorten. Von links: Uni-Rektor Bernd Engler, Direktorin Katja Tielbörger und Festredner Maximilian Weigend beim Rundgang nach dem Festakt.
Foto: Jürgen Meyer

Wie Weigend hervorhob, sichern die Botanischen Gärten die pflanzliche Vielfalt. Zum Beispiel, indem sie vom Aussterben bedrohte Arten erhalten und manche nach Aufzucht und Vermehrung wieder ansiedeln.

»Vor 500 Jahren wäre man dafür wegen Hexerei verbrannt worden«

Ein umfangreiches Feld ist seit jeher die Forschung, in der man enorme Fortschritte gemacht hat. Moderne Phyto-Chemie macht es möglich, in wenigen Tropfen von Brennessel-Flüssigkeit 1 200 Substanzen nebeneinander zu bestimmen. »Was man heute kann, war vor 15 Jahren noch unvorstellbar und vor 500 Jahren wäre man dafür wegen Hexerei verbrannt worden.«

Wie alle der 80 Gärten im Verband haben auch die Tübinger die Aufgabe übernommen, bestimmte Arten zu erhalten und zugleich den Kollegen auf Anfrage als Forschungsmaterial zur Verfügung zu stellen – was sonst zum Teil nur mit hohem bürokratischem Aufwand möglich wäre. 50 000 von 450 000 Blütenpflanzen auf der Welt seien auf diese Weise in Deutschland gesichert.

Wer nach dem Festakt durch den Garten spazierte, an den Führungen teilnahm oder sich das Programm der Grünen Werkstatt anschaute, bekam den Eindruck, dass diese Form von Artenschutz und Aufklärung in Tübingen ziemlich Spaß macht. (GEA)