TÜBINGEN. Neuroendokrine Tumoren sind gut- oder bösartige Geschwülste, die zwar sehr selten sind, aber immer häufiger auftreten. Sie entwickeln sich aus hormonproduzierenden (neuroendokrinen) Zellen, die im ganzen Körper auftreten können. Das Zentrum für Neuroendokrine Tumoren am Universitätsklinikum Tübingen (NET) wurde nun von der European Neuroendocrine Tumor Society (ENETS) als erste spezialisierte Einrichtung in Baden-Württemberg als »Center of Excellence« zertifiziert. Weltweit existieren 62 solcher Zentren, 12 davon in Deutschland.
Am häufigsten kommen neuroendokrine Tumoren im Magen-Darm-Trakt, in der Lunge oder in der Bauchspeicheldrüse vor. In Abhängigkeit davon, welche Hormone der Tumor jeweils produziert, können unterschiedliche Beschwerden wie plötzliche Hitzeanfälle, Durchfälle oder Magengeschwüre vorkommen. Vor diesem Hintergrund wurde 2017 das NET Zentrum unter dem Dach des Cancer Comprehensive Centers (CCC) Tübingen-Stuttgart gegründet – mit dem Ziel, die Expertise auf den Gebieten der Grundlagenforschung, der universitären Patientenversorgung und der translationalen Therapieentwicklung interdisziplinär zu bündeln.
Nun zeichnete die Europäische Gesellschaft für neuroendokrine Tumoren (ENETS) das Tübinger NET Zentrum als erste Einrichtung im Land mit dem Zertifikat »Center of Excellence« (CoE) aus. Damit wird die bisher geleistete interdisziplinäre Zusammenarbeit der Kliniken für Medizinische Onkologie und Pneumologie, Nuklearmedizin, Radiologie, Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Endokrinologie sowie des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum gewürdigt. Weltweit gibt es 62 Zentren, die das Prädikat »ENETS CoE« führen dürfen.
Basis der CoE-Zertifizierung sind strenge internationale Qualitätsanforderungen bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit dieser Tumorart: Dazu entwickelte das Tübinger Zentrum ein Forschungsprogramm, welches darauf abzielt, effektivere Therapieansätze zur Verfügung zu stellen – denn NET-Tumoren sind bislang nicht ausreichend behandelbar. Zudem werden die Ärztinnen und Ärzte sowie weiteres medizinisches Fachpersonal regelmäßig überregional weitergebildet, um das Know-how auf dem Gebiet zu vertiefen. Darüber hinaus besteht eine sehr enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Patientenvereinigung »Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT)«.
»Viele seltene Erkrankungen sind nur schwer zu erkennen. Uns geht es darum, innovative Ansätze in der Diagnostik und Tumortherapie zu entwickeln und sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Patienten und Patientinnen in der Region für diese Erkrankung zu sensibilisieren«, so Professor Dr. Ulrich Lauer, Sprecher des neuen Tübinger »ENETS CoE« Zentrums sowie stellvertretender Ärztlicher Direktor der Abteilung Medizinische Onkologie und Pneumologie am Universitätsklinikum. (pm)