TÜBINGEN. Wie schafft eine Stadt mehr kompakten Wohnraum, der auch noch bezahlbar ist und barrierefrei? Tübingen, Köln und Göttingen wollen ein Projekt starten, das mit Bundesmitteln gefördert ist und Wege aufzeigt. Doch corona-bedingt hängt »Optiwohn« derzeit in der Warteschleife.
Immer mehr Bundesbürger wohnen allein in einer Wohnung, die eigentlich auf mehr Bewohner ausgelegt ist. Ältere bleiben lieber im Eigenheim, obwohl die Kinder längst ausgezogen sind. Gleichzeitig hat’s auf dem Wohnungsmarkt viele Interessenten, die eine größere Bleibe suchen. Lässt sich da nichts machen?
In Tübingen hat man die Sache mal durchgerechnet. Würde jeder zwei Quadratmeter weniger beanspruchen, hätte die Unistadt plötzlich freie Wohnfläche in der Größe des Französischen Viertels zu bieten.
Im Rathaus weiß man, dass dies nur in der Theorie so funktioniert, weil man nicht irgendwo ein paar Quadratmeter abknapsen und woanders anstückeln kann. Aber die Dimension lässt erahnen, dass es sich lohnen könnte, ein Auge darauf zu haben, wenn man mehr passenden Wohnraum gewinnen möchte. Wer Neubauten anders anlegt und bestehenden Wohnraum anders nutzt als vielfach der Fall, schont Ressourcen und tut etwas fürs Klima – so eine Grundüberlegung bei »Optiwohn«.
Tübingen und die anderen Städte hatten sich beworben und den Zuschlag erhalten (wir berichteten). Die Erfahrungen sollen allen zugänglich gemacht werden. Das Institut für Klima, Umwelt und Energie in Wuppertal und die Uni Oldenburg wurden ausgewählt, um das Projekt zu begleiten und wissenschaftlich auszuwerten.
Ideen für neue Baugebiete
Im Tübinger Rathaus wurde eine komplett mit Bundesmitteln finanzierte Stelle eingerichtet. Vorarbeiten sind bewältigt. Jetzt wollte man in die Beratungsphase gehen und die Sache bekannt machen. »Der Projektauftakt muss leider verschoben werden«, heißt es im Rathaus.
Das Angebot ist gedacht für Menschen, die mehr Wohnfläche haben als sie brauchen und nach einer Lösung suchen, und solche, die generell eine optimalere Nutzung realisieren wollen – wobei nicht immer große bauliche Veränderungen nötig sind. Im Rathaus hat man schon festgestellt, dass sich Ältere vermehrt erkundigen, ob sie ihre Wohnungen gegen eine kleinere tauschen können, die dafür seniorengerecht ist.
Die »Optiwohn«-Ideen und Erfahrungen sollen berücksichtigt werden beim groß angelegten Projekt »Soziale Stadt« im nördlichen Stadtteil Waldhäuser Ost und bei den neuen Baugebieten in den Teilorten. Das Forschungsministerium hatte bereits signalisiert, dass eine Anschlussförderung möglich ist. Ursprünglich sollte »Optiwohn« bis März 2022 laufen und dann eventuell um zwei Jahre verlängert werden. (-jk)