TÜBINGEN. 91 Millionen Euro weniger ab 2026 für die Unis im Land? Weitere Kürzungen in den Folgejahren? Die Hochschul-Leitungen und die Studierenden schlagen Alarm. Die Tübinger Rektorin Karla Pollmann warnt: »Wer an den Universitäten spart, spart an der Zukunft.« Sie betont: »Die Hochschulen brauchen Planungssicherheit.«
Karla Pollmann ist als stellvertretende Vorsitzende der landesweiten Rektoratekonferenz bei den derzeit laufenden Verhandlungen über die Finanzierung der Hochschulen stets dabei. Die ersten beiden Runden haben noch kein Ergebnis gebracht. Pollmann hat beobachtet, dass auf der Seite des Landes durchaus Verständnis für die Situation in Forschung und Lehre herrscht. Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) setze sich sehr für eine faire Finanzierung ein. Doch die für den Landeshaushalt zuständigen Sparfüchse hat dies offenbar bisher wenig beeindruckt.
Demonstrationen an mehreren Standorten
In Tübingen wollen die Studierenden am Mittwoch, 13. November, auf die Straße gehen. Um 13 Uhr beginnt die öffentliche Kundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz (vor der Neuen Aula). Ähnliche Veranstaltungen sind für den selben Tag in Hohenheim, Konstanz und Ulm angekündigt.
Am Freitag, 15. November, wird zur zentralen Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug in Stuttgart aufgerufen. Beginn ist um 12 Uhr auf dem Schlossplatz. (-jk)
Bei den Verhandlungen geht es um die Grundfinanzierung für die Jahre 2026 bis 2030. Die Entwicklungen könnten die Unis zu harten Einschnitten zwingen. »Das führt zu großer Unsicherheit«, sagt Pollmann. Wer Lösungen für die aktuellen Krisen suche, tue aber besser daran, die Hochschulen zu unterstützen. Denn nur auf diese Weise werde man bei der Bewältigung dieser und künftiger Herausforderungen vorankommen. Die Unis seien ein »unglaublicher Talent-Pool«.
Gravierende Einschnitte befürchtet
Gestiegene Personalkosten, allgemeine Inflation und höhere Energiekosten machen den Hochschulen nach Angaben von Pollmann erheblich zu schaffen. Die vom Land geplante Vereinbarung zur Grundfinanzierung werde zu schmerzhaften Kürzungen führen. Der Vorsitzende der Rektorenkonferenz, Professor Michael Weber (Ulm), fürchtet gravierende Einschnitte und hat eine entsprechende Stellungnahme verschickt.
Pollmann verweist darauf, dass Baden-Württemberg bei der Exzellenz-Initiative in diesem Jahr besser abgeschnitten hat als alle anderen Bundesländer. Das kann nach ihrer Auffassung durchaus als Resultat einer klugen Politik und guter Förderung in der Vergangenheit gewertet werden. Wer eine solche Position halten oder ausbauen wolle, dürfe nicht an falscher Stelle den Rotstift ansetzen.
Cyber Valley braucht viel Strom
Auch die Energiekosten sind für Tübingen ein großes Thema. Bernhard Sibold hat sich als Vorsitzender des Unirats vor zwei Jahren mit einem Appell an die Landesregierung gewandt. Die Kosten für Heizung und Strom müssen die Unis aus ihrem eigenen Etat bestreiten. Die Folgen seien dramatisch, hieß es damals. »Um unser strukturelles Defizit auszugleichen, müsste die Uni 20 Professuren einschließlich der dazu gehörenden Mitarbeiter einsparen.« Als Sofort-Maßnahme wurde in Tübingen die Raum-Temperatur in Hörsälen, Bibliotheken und Büros schon im Oktober auf 19 Grad gesenkt. In der Woche vor Weihnachten hat man zudem den Lehrbetrieb auf Online-Modus umgestellt (wir berichteten). Einige Gebäude blieben länger geschlossen.
Kanzler Andreas Rothfuß betont, das Land habe damals auf den Appell reagiert und Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu entschärfen. Tübingen hat seither 18 Prozent der Heizkosten gespart. Auf dem Brechtbau, dem Hegelbau und dem Verfügungsgebäude gegenüber wurden Photovoltaik-Anlagen installiert. Doch der Strombedarf in Tübingen wird in Zukunft noch erheblich steigen, weil Forschung im Cyber Valley und rund ums Thema Künstliche Intelligenz mit großem Energiebearf verknüpft ist. (GEA)