TÜBINGEN. Die Medizinische Universitätsklinik Tübingen startet zusammen mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart eine Phase-I-Studie, in der ein Impfstoff gegen Leukämie getestet werden soll. Das wurde nun in einer Pressemitteilung mitgeteilt.
Die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämieerkrankung bei Erwachsenen. Sie verläuft zwar meist langsam, ist bisher jedoch nicht heilbar. In der Klinischen Kooperationseinheit (KKE) Translationale Immunologie an dem Universitätsklinikum und der Medizinischer Fakultät Tübingen startet nun die klinische Phase-I-Studie. Sie testet den Impfstoff mit dem Ziel, die Leukämieart bei Erwachsenen heilen zu können. Die Idee dazu, der Wirkstoff und die Therapie wurden an der Universität Tübingen entwickelt. Die Finanzierung der Studie erfolgt durch die Medizinische Fakultät Tübingen.
Zwar sind die Behandlungsoptionen der CLL in den letzten Jahren mit der Einführung neuer zielgerichteter Substanzen deutlich verbessert worden. Jedoch bleiben nach der Therapie in den allermeisten Fällen einzelne Leukämiezellen zurück, die im Verlauf zu einem Rückfall der Erkrankung führen können. Die Ärzte und Wissenschaftler aus Tübingen untersuchen nun die Möglichkeit, diese verbleibenden Leukämiezellen mit einer sogenannten Peptid-Impfung zu zerstören. Als Peptide werden kurze Eiweiße bezeichnet, die auf der Oberfläche von Tumorzellen dem Immunsystem und hier speziell den T-Zellen präsentiert werden. Dies ermöglicht dem Immunsystem, »fremde« Zellen zu erkennen und diese zu eliminieren. Impft man solche Peptide zusammen mit einem geeigneten Immunstimulator, können T-Zellen gezielt gegen Tumorzellen aktiviert werden. Im Gegensatz zu klassischen Impfungen gegen Infektionskrankheiten, die das Ziel haben, das Auftreten einer Erkrankung zu verhindern, wird die therapeutische Krebsimpfung bei Patienten, die bereits an einer Tumorerkrankung leiden, mit dem Ziel eingesetzt, das Immunsystem gezielt gegen die Tumorzellen zu richten.
Studienleiterin Dr. Juliane Welz erklärte dazu: »In unserer Studie stellen wir für jeden Patienten einen individualisierten, auf die speziellen Merkmale der jeweiligen Leukämiezellen zugeschnittenen Impfstoff aus acht verschiedenen Peptiden zusammen.« Der Impfstoff werde dann den Patienten nach dem Zurückdrängen der Standardbehandlung verabreicht.
Studienteilnehmer gesucht
Hergestellt wird der personalisierte Impfstoff im Wirkstoffpeptidlabor und der so genannten GMP-Einheit des Universitätsklinikums Tübingen. Auch das für die Impfstudie verwendete Adjuvanz XS15 wurde in Tübingen entwickelt. "In unseren ersten präklinischen und klinischen Untersuchungen haben wir bei Impfungen mit XS15 starke T-Zellantworten gegen Tumor-Peptide beobachtet", so Juliane Walz. Schwerwiegende Nebenwirkungen erwarten die Wissenschaftler keine, da der Impfstoff spezifisch für die Leukämiezellen maßgeschneidert" wird.
Für die Studie werden jedoch noch Studienteilnehmer gesucht. Teilnehmen können erwachsene Patienten, bei denen eine behandlungsbedürftige CLL-Erkrankung vorliegt und eine Behandlung mit dem BTK-Inhibitor Ibrutinib geplant ist. Die Behandlung mit Ibrutinib kann auswärts, z.B. von einem niedergelassenen Hämatologen durchgeführt werden. Vor Beginn der Behandlung müssen die Patienten einmalig zu einer Untersuchung ihrer CLL-Zellen in eines der beiden Studienzentren kommen. Dort wird den Patienten Blut abgenommen und die Leukämiezellen auf ihre individuellen Antigene im Labor analysiert (HLA-Ligandomanalyse), um den passenden Impfstoff herzustellen. Im Anschluss an diesen Termin kann die geplante Standardtherapie mit Ibrutinib erfolgen. Sechs bis acht Monate nach Beginn der Ibrutinib-Therapie, wenn die CLL-Erkrankung ausreichend zurückgedrängt ist, erfolgt die personalisierte Impfung parallel zur Fortführung der Ibrutinib-Therapie.
Insgesamt erfolgen drei Impfungen in einem Abstand von vier Wochen gefolgt von einer Nachbeobachtung über sechs Monate.
Interessenten für eine Studienteilnahme erhalten hier weitere Informationen. (pm)