TÜBINGEN. Rund 600 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen – darunter Sozialarbeiter, offene Jugendhilfe und Behindertenhilfe – waren gestern dem Streik-Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt und zogen durch die Tübinger Altstadt, um für bessere Arbeitsbedingungen zu protestieren.
»Spätestens seit der Pandemie wissen Eltern und auf Unterstützung angewiesene Menschen, was fehlt, wenn Kitas und soziale Einrichtungen geschlossen sind«, sagte Hanna Binder, stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin: »Verlässliche Betreuung und frühkindliche Bildung für unsere Jüngsten in Kitas und Grundschulbetreuung.«
Die kommunalen Arbeitgeber hätten noch immer nicht verstanden, dass sie mehr in das System investieren müssen, wenn es erhalten werden soll. »Das wollen wir mit diesen Streiks ändern. Die Beschäftigten brauchen bessere Arbeitsbedingungen, damit sie auch morgen noch mit ihrer ganzen Kraft und ihrem Know-how für unsere Gesellschaft arbeiten können«, so Binder.
»Wir gehen dahin, wo sich sonst nur die Polizei hintraut«, sagte Nadine Behrens von der mobilen Jugendarbeit in Rottenburg bei der anschließenden Kundgebung am Silcherdenkmal. »Für viele Jugendliche sind wir der letzte Ankerpunkt.« Albrecht Henes, Sozialarbeiter am Landratsamt in Reutlingen, ärgert sich, dass man ihnen immer wieder sagen würde, wie wichtig und unverzichtbar sie sind. »Aber wir haben für unsere Arbeit keine qualitative Zeit.« Zumal jeden Tag neue Aufgaben dazukommen würden.
Auch Sozialarbeiter und -pädagogen am Tübinger Uniklinikum forderten eine gerechte Eingruppierung im Tarifvertrag der Unikliniken in Baden-Württemberg. »Qualifizierte Arbeit mit Hochschulabschluss in Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, darf nicht schlechter bezahlt werden, als die Arbeit mit entsprechendem Abschluss in klassischen Männerberufen«, erläuterte Gewerkschaftssekretär Sven Armbruster. (GEA)