GOMARINGEN. Es war voll, fast zu voll für den Ilse-Graulich-Saal. Rund 70 Menschen hatte Bürgermeister Steffen Heß gezählt, als er die interessierten Bürger im Gomaringer Rathaus begrüßte. Der Andrang war dem Plan des Vereins »Gut leben im Alter« geschuldet, das alte Backhaus am äußeren Schlosshof wieder in Betrieb zu nehmen. Offensichtlich hat die Wiesaz-Gemeinde das Back-Fieber gepackt. »Wir wollen die Gomaringer Bürgerschaft möglichst früh in den weiteren Planungsprozess mit einbeziehen«, eröffnete Monika von Hoerschelmann von der Initiativgruppe Backhaus dem vollen Saal. Ziel sei es, eine Begegnungsstätte zu schaffen: einen Ort, an dem sich die Gomaringer kennenlernen, zusammen backen und auch feiern können. Schließlich seien vermutlich noch vor den 60er-Jahren die letzten Teiglinge in ofenfrisches Brot verarbeitet worden - das soll sich in diesem Jahr noch ändern. Die Inbetriebnahme ist für den Sommer geplant - wenn alles glattläuft.
Die Backgruppe, die mittlerweile aus mehr als 50 Leuten besteht, hat bereits viel Vorarbeit geleistet. Entstanden ist die Idee im Rahmen des Programms Quartiersimpulse - ein Bürgerbeteiligungsprojekt, um die Lebensqualität in Gomaringen besonders für Ältere und Unterstützungsbedürftige zu verbessern. Es folgten mühsame Recherchearbeiten zu Förderungen und der grundsätzlichen Finanzierung, zudem zahlreiche Gespräche und Treffen zu möglichen Konzepten. Auch andere Gemeinden wurden besucht, um aus deren Erfahrungen mit ihrem Backhaus zu lernen. Einen ersten Treffer, wie Bürgermeister Heß es in einer Fußball-Analogie auf den Punkt brachte, erzielte die Backhausgruppe mit der Entscheidung des Gemeinderats, das Projekt mit 25.000 Euro zu unterstützen. Das Geld fließt in die Sanierung des Häuschens, der angrenzenden Mauer und in den neuen Ofen.
Emissionsschutz verbietet Holzofen
Denn das denkmalgeschützte Backhaus kann nicht einfach so in Betrieb genommen werden. »Auf der Ostseite ist der alte Ofen drin, der mittlerweile eingestürzt ist«, erklärte Johannes Rothmund, Vorstandsmitglied des Vereins »Gut leben im Alter«. Was aber nicht tragisch sei: Ein klassischer Holzofen könne wegen des Emissionsschutzes in dieser zentralen Lage ohnehin nicht mehr betrieben werden, die Rauchentwicklung wäre viel zu hoch. Zudem müsse der Außenputz abgetragen und erneuert, ebenso der zwölf Quadratmeter große Innenraum entkernt und neu renoviert werden. Einen architektonischen Plan, wie das zukünftige Innenleben des kleinen Häuschens aussehen könnte, präsentierte die Gruppe ebenfalls.
Doch wie soll im Schlosshof fortan ein roher Teigling zu einem schmackhaft-krossen Brot werden? »Wir planen mit einem Zwei-Etagen-Ofen mit Schamottsteinplatten«, sagte Susanne Ellinger, die in Detailfülle die technischen Daten ausbreitete. Bei einer Breite von 70 Zentimetern, einem knappen Meter Tiefe und einer Höhe von 21 Zentimetern finden pro Etage 45 Brötchen oder 15 Brote à einem Kilogramm Platz. »Oder auch zwölf Pizzen.« Die Platten aus gepresstem Ton speichern die Hitze vorzüglich und seien zudem leicht mit einem Besen zu reinigen. »Startklar ist der Ofen in etwas über einer Stunde.« Bis 320 Grad Celsius heize das Prachtstück hoch. Die Restwärme nach dem Abschalten könne für Schmortöpfe, süße Stückchen oder zum Trocknen von Obst genutzt werden: Der Fantasie sei kaum Grenzen gesetzt.
Doch ein saniertes Häuschen und ein moderner Ofen allein reichen nicht aus, um ein Backhaus zu betreiben. Für die weitere Ausstattung mangelt es noch - wie so oft - am Geld. Und dafür muss der Verein selber aufkommen. Michael Haas, der Spenden für das Projekt sammelt, hatte die Zahlen im Gepäck: »Wir rechnen mit einem Bedarf von zusätzlichen 15.000 Euro«, sagte der Gomaringer. Viel Regalfläche zum Lagern und Auskühlen müsse eingebaut werden, ein Spültisch sei nötig sowie Gerätschaften, Werkzeuge und Hygieneartikel. Für die Umsetzung sei handwerkliche Hilfe bei dem ehrenamtlichen organisierten Projekt stets willkommen, gehe es ums Streichen, Hämmern, Sägen oder Kabel verlegen.
Geschichtswerkstatt bietet Platz
Auch dafür diente der Abend: Um einen Überblick zu bekommen, wer bei der Reaktivierung mit anpacken will. »Jeder hat seine Gaben«, sagte Bürgermeister Heß. Natürlich brauche es willige Bäcker, die das Angebot in Zukunft auch nutzen - aber ohne Handwerker gehe das Projekt erstmal nicht voran. Man habe bereits ein paar Leute auf der Liste, die ihre ehrenamtlichen Dienste angeboten hätten, sagte von Hoerschelmann. Aber helfende Hände brauche man immer. »Auch das Baugesuch muss erstmal noch durchkommen.« Und versicherungstechnische Fragen müssten noch geklärt werden. Man sei eben noch »mitten im Prozess«.
Wann soll das Backhaus offen sein?
Die Backhausgruppe plant zu Beginn vier Tage im Monat, an dem das Backhaus geöffnet und »angefeuert« sein soll. Am 21. März um 15 Uhr und am 24. März um 18 Uhr sind Vor-Ort-Besichtigungen geplant. Interessierte können sich mit ihren Tages-Präferenzen melden, damit die Gruppe wiederkehrende Termine wählen kann, die für einen Großteil der Gomaringer passen. Eine Nutzungsgebühr ist nicht geplant, ein kleiner Unkostenbeitrag in Form einer Spende ist gern gesehen. Wie Bürgermeister Heß ankündigte, könne sich die Verwaltung vorstellen, die laufenden Betriebskosten mit 1.500 Euro im Jahr zu unterstützen. Ein entsprechender Beschluss müsste allerdings noch den Gemeinderat passieren. (pru)
Diesen kleinen, lösbaren Widrigkeiten zum Trotz: Die Bereitschaft der Gomaringer, zusammen anzupacken, ist in der Wiesaz-Gemeinde traditionell groß. Der Geschichts- und Altertumsverein hat bereits die Räume der anliegenden Geschichtswerkstatt zur Verfügung gestellt, damit die engagierten Bäcker gemeinsam tafeln können. Und viele Gäste an diesem Abend bieten ihre »Gaben« an: Ingenieure, Elektriker und versierte Bäckerinnen und Bäcker, die nur zu gerne ihr Wissen um Teig und Brot in Kursen weitergeben möchten. Das Back-Fieber wird in Gomaringen so schnell wohl nicht wieder abnehmen. (GEA)