OFTERDINGEN. Das Rattern war schon von Weitem zu hören: Rickeracke ging die Mühle mit Geknacke. Dutzende Besucher erlebten die einstige Mühlentechnik am Sonntag live. Bis in die 1970er-Jahre hinein war die Ofterdinger Mühle in Betrieb. Zuletzt versorgte ein Müllermeister mit dem passenden Namen Mehl die Menschen mit Nahrungsgrundstoff. Auf alten Bildern waren die Mühle und das Leben vergangener Tage abgebildet. 2012 hat Peter Kaiser das alte Gemäuer zusammen mit seiner Frau Gabriele gekauft. »Das war in fünf Minuten entschieden«, sagte Kaiser. Draußen gab es Kaffee und Kuchen und viele Radfahrer machten am früheren Nachmittag Station.
Die Mühle ist bereits seit dem Jahr 1300 nachgewiesen. Einige Hölzer wurden 1420 eingebaut. Ein besonderes Highlight ist dabei das Dach, das einem umgekehrten Schiffskörper ähnelt. Das erläuterte Peter Kaiser bei drei Führungen am Sonntag. Einige Hölzer weisen charakteristische Aushöhlungen auf – sie wurden für die Flößerei genutzt. »Die Mühle wurde nie durch Krieg oder Brand zerstört«, sagte Kaiser. Daher gebe es Zeugnisse aus über 600 Jahren Baugeschichte zu sehen.
Technik ist 150 Jahre alt
Auf insgesamt fünf Stockwerken liefen verschiedene technische Vorgänge ab, grundsätzlich die Trennung der »Spreu vom Weizen« und dann das Zerkleinern des Getreides. »Die Technik in allen Details genau zu verstehen, ist mir bis jetzt auch noch nicht gelungen«, sagte Kaiser. Sie sei etwa 150 Jahre alt.
Insgesamt benötigte die sogenannte Rückschütt-Mühle fünfzehn Arbeitsgänge, um aus Getreide Mehl herzustellen. Das feinste Mehl habe früher mehrfach durchlaufen müssen. Bei der sogenannten Porzellanschütte kommen Wellen aus Porzellan zum Einsatz, ein besonders feiner Mahlvorgang. Kaiser hat inzwischen einige der vorherigen Müller und deren Nachkommen kennengelernt. »Die Mühle ist stark im Bewusstsein der Steinlachtäler verankert«, sagte Kaiser. Oft werde er auf sie angesprochen, weil viele als Kinder dort Eier oder Mehl geholt oder in der Umgebung gespielt hatten.
In einer Urkunde von 1525 ist »Hans Müller zu Ofterdingen« erwähnt. Denn damals stand er wegen »unziemlichen Redens« und seiner Teilnahme am Bauernkrieg in Stuttgart vor Gericht. »Bis 1849 war das eine Bannmühle«, erklärte Kaiser. Das bedeutet, dass das gesamte, auf Ofterdinger Markung wachsende Getreide dort verarbeitet werden musste.
Die meiste Zeit wurde die Mühle mit Wasser betrieben, erst später, als der Druck der Steinlach nicht mehr reichte, elektrisch. »1969 wurde ausschließlich auf Strom umgestellt«, so Kaiser. Die Gemeinde kaufte anschließend das Wasserrecht zurück.
Boden aus Weißtanne
Im Gebäude zeigte Kaiser den Gästen die Mühlsteine und im Keller das eigentliche »Kraftwerk«. Das Korn wurde von den Bauern in Säcken hereingetragen und in Behälter geschüttet. Über Aufzüge transportierte man es nach oben. »Fast alles wurde über die Schwerkraft bewegt«, erläuterte Kaiser. Nach dem Mahlvorgang wurde das Mehl gesiebt und herausgegeben oder verkauft. Alles von statischer Bedeutung sei aus massiver Eiche. Der Boden ist aus Weißtanne aus dem Schwarzwald, ebenso wie die Dachbalken.
Dem Denkmalschutz hätte es 2012 genügt, wenn die Mühlentechnik irgendwo eingelagert worden wäre. Das Gebäude hätte abgebrochen werden können. Dank Gabi und Peter Kaiser und dem Ofterdinger Mühlenverein bleibt ein Teil Geschichte begeh- und erlebbar. (stb)