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OB Palmer zu voller Innenstadt: »Dies ist kein Tourismusprojekt«

Die geöffneten Geschäfte, Cafés und das gute Wetter locken heute zahlreiche Besucher in die Tübinger Innenstadt. Oberbürgermeister Boris Palmer appelliert auf Facebook an Auswärtige, nicht zu kommen. Auch Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch sieht das Modellprojekt bedroht.

Menschen schlendern durch eine Gasse in Tübingen.
In Tübingen darf man ab Freitag nach einem negativen Schnelltest wieder einkaufen. Foto: Ines Stöhr
In Tübingen darf man ab Freitag nach einem negativen Schnelltest wieder einkaufen.
Foto: Ines Stöhr

TÜBINGEN. Tübingen ist voll. Als Modellstadt, in der Gastronomie, Einzelhandel und Kultur öffnen dürfen, lockt Tübingen derzeit viele Menschen auch von außerhalb an. Die Cafés und Restaurants in der Tübinger Innenstadt sind gut besetzt. Das sorgt zunehmends für unruhige Stimmung, auch bei der Stadtverwaltung. Um den Besucheransturm einzudämmen, hat die Stadt bereits am vergangenen Samstag die Tagestickets für Personen, die nicht im Kreis Tübingen leben oder arbeiten auf maximal 3.000 begrenzt. Doch das gute Wetter sorgt heute auch unter der Woche für einen noch größeren Andrang in der Innenstadt. Erste Reaktionen darauf gibt es in den Sozialen Netzwerken.

Harsch sieht Modellprojekt bedroht

Tübingens Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch sieht wegen des wachsenden Tourismus' das ganze Modellprojekt bedroht. Auf Facebook schreibt sie: »Das Modell scheitert fast zwangsläufig.« Viele Menschen würden sich nicht an die Abstandsregeln und Maskenpflicht halten. »Es ist zu eng und wir sind müde, dann auch noch permanent darauf hinzuweisen, dass man – verdammt noch mal – trotzdem eine Maske tragen muss.«

Auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer äußert sich auf Facebook und bittet Auswärtige ausdrücklich darum, nicht nach Tübingen zu kommen: »Die Schlangen für auswärtige sind heute länger als am Samstag. Man steht da zwei Stunden. Wer sonst nicht nach Tübingen kommt, soll jetzt bitte auch nicht kommen«, so der Appell des Oberbürgermeisters. »Auch morgen bitte nicht wieder versuchen. Dies ist kein Tourismusprojekt.«

Die Teststation am Tübinger Rathaus.
Menschen stehen geduldig für einen Schnelltest an: die Teststation am Tübinger Rathaus. Foto: Ines Stöhr
Menschen stehen geduldig für einen Schnelltest an: die Teststation am Tübinger Rathaus.
Foto: Ines Stöhr

Palmer erklärt höhere Inzidenz

Angesichts der Tatsache, dass die Inzidenz in Stadt und Kreis Tübingen zuletzt stark gestiegen ist, war mehrfach Kritik am Tübinger Modellprojekt laut geworden. Die Entwicklung der Inzidenzzahl war für Palmer allerdings »zu erwarten« und sei nicht zwingend auf das Modellprojekt zurückzuführen. Auf Facebook erklärt er, wie es zu der steigenden Inzidenz kommt:

»Wenn man 50.000 Tests in einer Woche durchführt, dann findet man Infizierte. An den Testationen sind 18 Personen aus der Stadt Tübingen und insgesamt 30 Personen aus dem Landkreis Tübingen positiv getestet worden. Das allein bedeutet in der Stadt Tübingen einen Anstieg der Inzidenz um 20«, schreibt Palmer.

Zusätzlich hätte es elf Fälle in der Landeserstaufnahmeeinrichtigung für Flüchtlinge gegeben. Diese seien nicht mit dem Infektionsgeschehen in der Stadt und nicht mit dem Modellversuch verbunden, bedingten aber einen Anstieg der Inzidenz um 13.

»Nur diese beiden Effekte erklären bereits vollständig den Anstieg der Inzidenz von 35 auf 66. Es gibt also bisher keinen Beleg dafür, dass unser Modell die Infektionszahlen erhöht«, so Palmer.

Menschen sitzen in Tübingen in einem Café.
Menschen sitzen in Tübingen in einem Café. Foto: Ines Stöhr
Menschen sitzen in Tübingen in einem Café.
Foto: Ines Stöhr

Dennoch hatte sich Palmer angesichts großer Gruppen, die nach 20 Uhr in der Innenstadt Partys mit Alkohol feierten, besorgt gezeigt. Diese Gruppen stellen auch für Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch ein Problem dar. »Wenn große Gruppen die Biervorräte unserer Supermärkte auf den Marktplatz schleppen und ohne Maske «Schwaben-Ballermann» spielen, dann scheitern wir«, schreibt sie ebenfalls auf Facebook.

Keine Ausgangssperre in Tübingen geplant

In einem Online-Gespräch hatte sich Palmer jüngst für nächtliche Ausgangssperren ausgesprochen, um hohen Inzidenzwerten entgegenzusteuern. Auf GEA-Anfrage stellt er nun aber noch einmal klar, dass dies allerdings nicht auf den Tübinger Modellversuch gemünzt gewesen war – zumal der bereinigte Inzidenzwert der Unistadt noch immer unter 50 liege. Für Tübingen sei aktuell keine Ausgangssperre geplant. Außerdem überschreite eine solche Maßnahme deutlich die Befugnisse eines Rathauschefs. (GEA)