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Aktuell Vermarktung

Neue regionale Handelsplattform für Streuobst

Eine Handelsplattform Streuobst soll helfen und auch rare Sorten in den Supermarkt bringen. Was man sich im Streuobst-Paradies davon verspricht.

Zuversicht zum Start (von links): Geschäftsführerin Maria Schropp mit Gunther Willinger und Lukas Mischnick.
Zuversicht zum Start (von links): Geschäftsführerin Maria Schropp mit Gunther Willinger und Lukas Mischnick. Foto: Joachim Kreibich
Zuversicht zum Start (von links): Geschäftsführerin Maria Schropp mit Gunther Willinger und Lukas Mischnick.
Foto: Joachim Kreibich

TÜBINGEN/REUTLINGEN. »Kardinal Bea, Freiherr von Berlepsch und Gräfin von Paris - was klingt wie aus dem Märchen, sind fast in Vergessenheit geratene Obstsorten aus unseren Streuobstwiesen«: Maria Schropp ist erkennbar überaus angetan von der Streuobstwelt. Die Geschäftsführerin des Schwäbischen Streuobst-Paradieses freut sich zudem über einen großen Schritt in Richtung zielgerichtete Vermarktung. Eine Handelsplattform soll helfen, die Sache effektiver und einfacher zu machen. Regierungspräsident Klaus Tappeser übergab in diesen Tagen den Bescheid über die Förderung einer halben Personalstelle von 2025 bis 2029. Die 160.000 Euro sollen helfen, »das Projekt zu verstetigen und auszubauen«, wie Tappeser hervorhob.

36 verschiedene Sorten von Äpfeln und Birnen werden in den sechs Landkreisen des Streuobst-Paradieses geerntet. Einige davon werden demnächst über die Plattform vermarktet. Heidi Bauer aus Ammerbuch-Pfäffingen hat bei der Bekanntgabe am Montag in einer ihrer Obstwiesen etliche davon präsentiert. Sie selbst will eine Tonne abliefern und setzt große Hoffnungen in die Vermarktung. Sie hat zwar einen Stand auf dem Tübinger Wochenmarkt, aber das ist sehr zeitintensiv und kaum lohnend. Für Most wiederum bekomme man keinen guten Preis. Und Obstbrände sind ein ganz schwieriges Thema.

Auch echte Raritäten sind dabei

Ammerbuchs Bürgermeisterin Christel Halm hatte gleich eine ihrer Lieblingssorten entdeckt. »Jakob Fischer« ist mehr als faustgroß, sehr aromatisch und macht sich ausgezeichnet in Kuchen. »Aber er kann praktisch nicht gelagert werden«, weiß die Rathauschefin. Mit Hilfe der Plattform soll alles schnell gehen. Die Produzenten wie Heidi Bauer kündigen die Lieferung an und pflücken. Das Obst wird gleich abgeholt und zu einer der vier Annahmestellen gebracht, steht anderntags im Markt im Regal und landet am selben Tag schon auf dem Küchentisch. So kommen die Kunden auch an eine Obstsorte, die sie sonst nicht im Supermarkt finden. »Auch echte Raritäten wie die Süße Grüne Schafsnase oder Finkenwerder Herbstprinz wird es in ausgewählten Filialen des Lebensmitteleinzelhandels geben«, sagt Maria Schropp.

Erfreut über bessere Vermarktung und die stetige Pflege der Kulturlandschaft (von rechts): Stefanie Notter (Landratsamt), Bürger
Erfreut über bessere Vermarktung und die stetige Pflege der Kulturlandschaft (von rechts): Stefanie Notter (Landratsamt), Bürgermeisterin Christel Halm und Regierungspräsident Klaus Tappeser Foto: Joachim Kreibich
Erfreut über bessere Vermarktung und die stetige Pflege der Kulturlandschaft (von rechts): Stefanie Notter (Landratsamt), Bürgermeisterin Christel Halm und Regierungspräsident Klaus Tappeser
Foto: Joachim Kreibich

Viele der kleinen Gütlesbesitzer erhalten so überhaupt erst Zugang zum Markt, sagt die Geschäftsführerin. Auch Wiesles-Besitzer, die nur hobbymäßig tätig sind. Mit Mitteln des Biosphärengebiets und der Stiftung Naturraum hat man die benötigte Software von der Firma Area-Net in Donzdorf entwickeln lassen. Nun kann man entsprechend koordinieren und auch mal vier Wochen vorausplanen. Welche Sorte, welcher Lieferant, mit welchem Reifegrad - das kann jetzt rasch erfasst werden. Involviert ist auch das Start-up Lokora, das Kantinen, Gastro-Betriebe und ausgewählte Lebensmittelläden beliefert, ganz ohne Zwischenlagerung.

Pflücken, bücken, aufsammeln bleiben dennoch anstrengende Handarbeit

Stefanie Notter vom Tübinger Landratsamt begrüßt den Schritt. Für die rund 300 Mitglieder in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen, Zollernalb, Böblingen, Esslingen und Göppingen werde einiges einfacher. Auf der kulinarischen Seite habe sich schon viel getan. Schließlich werden auch verschiedene Chutneys oder Cidres angeboten. Allerdings bleibe vieles auf der Streuobstwiese anstrengende Handarbeit - auf mancher steilen Fläche höchst schweißtreibend. Regierungspräsident Tappeser und Bürgermeisterin Halm äußern sich ähnlich. Alle drei erinnern daran, dass damit aber auch die hiesige Kulturlandschaft gepflegt und erhalten wird.

Maria Schropp ist überzeugt: Nach gutem Start kann auch überlegt werden, ob man andere Obstsorten ins Vermarktungsportal aufnimmt wie Zwetschgen oder Nüsse. »Da schlummert noch Potenzial«.

Apfelernte teils gut, an anderen Orten schlecht

Deutlich wird bei der Präsentation in den Pfäffinger Wiesen auch, dass nicht nur viel Arbeit damit verbunden ist, sondern Faktoren eine Rolle spielen, die man nicht beeinflussen kann. Spätfrost und Schorf zum Beispiel sind gefürchtete Gegner. Offenbar häufen sich auch Fälle von Schwarzem Rindenbrand. Aus dem Steinlachtal ist zu hören, dass dort die Apfelernte sehr gering ausfallen wird. Im Ermstal scheint es ähnlich zu sein. Bei Heidi Bauer dagegen hängen die Äpfel derart dicht, dass sie vor allem Sturm gefürchtet hat, der die Äste brechen könnte. In Richtung Herrenberg sei die Ernte gut. (GEA)

50 Erzeuger beliefern vier Annahmestellen

Die Annahmestellen sind in Herrenberg-Mönchberg, Dettingen an der Erms, Ebersbach-Bünzwangen und Hechingen. Alle Verkaufsstellen sind zu finden unter: www.handelsplattform-streuobst.de