NEHREN. Eine Ehrung sollte eigentlich ein feierlicher, sogar freudiger Anlass sein. Aber die »Verleihung der Eigenschaft zum Ehrenkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Nehren«, wie es sperrig auf Bürokraten-Deutsch formuliert war, sorgte in der jüngsten Gemeinderatssitzung für hitzige Diskussionen. Auf einstimmigen Vorschlag des Feuerwehrausschusses sollte ein lang gedientes Mitglied für seine Arbeit den Titel des Ehrenkommandanten verliehen bekommen. Laut Satzung der Freiwilligen Feuerwehr Nehren kann der Gemeinderat einer Person diese Eigenschaft verleihen, wenn sie mindestens zehn Jahre lang Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr war und den Antrag auf die Übernahme in die Altersabteilung gestellt hat. Beide Voraussetzungen waren in diesem Fall erfüllt.
Trotzdem zeichnete sich bei einigen Gemeinderäten Widerstand gegen die Ehrung ab. Wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Tanja Schmidt in einer Stellungnahme mitteilte, »können wir als SPD-Fraktion dieser Ehrung zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen.« Grund dafür seien abzulehnende Beiträge des Ehrenkommandanten in spe, die dieser im Internet vor allem über die sozialen Medien teile oder verfasse. Obwohl der Bezug zu konkreten Aussagen fehlte, leiteten sich die Vorwürfe aus den zitierten Passagen des Deutschen Feuerwehrverbandes ab: »Jeder Fall, in dem auf örtlicher Ebene rechtspopulistisches oder gar rechtsextremes Gedankengut in die Feuerwehr gebracht wird, ist untragbar.« Schmidt habe sich bezüglich der Sache mit dem Verband besprochen.
Unstrittige Verdienste
Gegenwärtig passiere viel, um extremistischen Strömungen in den Feuerwehren zu begegnen. Dafür wurde die Forderung nach Verfassungstreue sowie die Unvereinbarkeit von Feuerwehrdienst und extremistischen Handlungen und Haltungen schon teilweise - wie beispielsweise in Hessen - gesetzlich verankert. »Angehörige der Feuerwehren müssen für die Übernahme des Ehrenamtes persönlich geeignet sein und für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten«, zitierte Schmidt das hessische Feuerwehrgesetz. »Eine Duldung des Verhaltens schädigt das Ansehen der Feuerwehr.« Obwohl man der Ehrung im Moment nicht zustimmen wolle, behalte man sich eine Zusage zu einem späteren Zeitpunkt vor - sollte besagter Feuerwehrmann sein Verhalten ändern und Einsicht zeigen. Grundsätzlich hielt Schmidt aber fest: »Seine Verdienste um die Gemeinde sind unstrittig.«
Unterstützung bekam die SPD-Fraktion von der Alternativen Liste Nehren (ALN). »Ich will das nicht für immer ausschließen, aber so wie es jetzt ist, geht es nicht - gerade in einer Gemeinde, bei der man so auf die Demokratie schaut wie bei uns«, erklärte Gudrun Märkle. Auch die ALN wolle sich dem Beschlussvorschlag - die Verleihung der Ehrenkommandanten-Würde - nicht anschließen: Das Gesamtbild stimme nicht.
Fokus auf dem Geleisteten
Bürgermeister Egon Betz sah in der Sache weder Anlass noch Grund, dagegenzustimmen. »Ich bin hier nicht der Gesinnungsprüfer«, erklärte er. Er habe mit der Feuerwehr gesprochen, dort fühle sich niemand geschädigt. »Er hat 42 Jahre den Kopf für die Gemeinde hingehalten«, sagte Betz. 15 Jahre davon als Kommandant, dafür solle er geehrt werden.
Diese Haltung unterstützen die Vertreter der Freiwilligen Wählervereinigung Nehren (FWV) sowie der Bürgerlichen und CDU. »Mit liegt da nichts vor, das ist mein Problem«, sagte Andreas Neuscheler (Bürgerliche und CDU) mit Blick auf etwaige Social-Media-Postings. Fraktions-Kollege Stefan Kuhn pflichtete bei: »Da liegt nichts Strafbares vor. Ich bewerte hier das Ehrenamt.« Es sei schade, dass man die Diskussion so öffentlich über jemanden führe, der so lange ein wichtiges Ehrenamt ausgeführt habe. »Auch ich kenne die Inhalte nicht. Aber eine politische Meinung muss man aushalten, auch wenn man sie nicht teilt«, gab FWV-Mann Thomas Schelling zu bedenken und setzte nach: »Solange sie nicht gesetzwidrig ist.« Das eine seien die Verdienste, das andere eben die Meinung. Das sei grundsätzlich richtig, wie Jürgen Lauhoff von der ALN sagte. »Aber als Organ der Gemeinde muss er sich neutral verhalten.« Da der Feuerwehrmann dieses Organ nun beschädigt habe, werde auch Lauhoff der Ehrung zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen.
Am Ende ging die Vorlage knapp durch: FVW sowie Bürgerliche und CDU stimmten zusammen für die Ehrung, SPD und ALN geschlossen dagegen. (GEA)