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Lachgas schädigt Klima

Tübinger erklären Entstehung aus Sedimenten

Klassisches marines Sediment an der dänischen Ostseeküste: Hier entsteht Lachgas, das deutlich schädlicher ist für das Klima als
Klassisches marines Sediment an der dänischen Ostseeküste: Hier entsteht Lachgas, das deutlich schädlicher ist für das Klima als Kohlendioxid. Foto: Kappler
Klassisches marines Sediment an der dänischen Ostseeküste: Hier entsteht Lachgas, das deutlich schädlicher ist für das Klima als Kohlendioxid. Foto: Kappler

TÜBINGEN. Lachgas (Distickstoffmonoxid) ist als Treibhausgas fast 300 Mal so schädlich wie Kohlendioxid. Neben menschengemachten Einflüssen wie der Freisetzung aus Düngemitteln sowie Auto- und Industrieabgasen gibt es auch natürliche Quellen. Bisher kennt man jedoch längst nicht alle Prozesse der Lachgasbildung und deren Größenordnung.

Nun hat ein Forschungsteam in der Geomikrobiologie unter der Leitung von Professor Andreas Kappler und Dr. Caroline Schmidt vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Uni Tübingen eine bedeutende Quelle für das klimaschädliche Gas ausgemacht. Es fand heraus, dass nicht allein die Aktivität von Bakterien, sondern auch chemische Prozesse in Sedimenten der Meeresküste zur Bildung von Lachgas führen. Dieser Quelle ist bis zu einem Viertel des gebildeten Lachgases zuzuschreiben. Herkunft und Umfang der Produktion klimaschädlicher Gase sind wichtige Informationen, um die künftige Klimaentwicklung einzuschätzen.

»Bisher ging man davon aus, dass in klassischen marinen Küstensedimenten Lachgas hauptsächlich als Zwischenprodukt bei der Umsetzung von Nitrat durch Bakterien entsteht«, sagt Andreas Kappler. Doch habe man damit nicht den ganzen Umfang der Gasbildung erklären können. In der neuen Studie nahm das Forschungsteam Sedimentproben von der dänischen Ostseeküste und stellte im Labor die draußen herrschenden Bedingungen nach. In der kontrollierten Umgebung ließen sich die ablaufenden Einzelprozesse identifizieren und mengenmäßig erfassen.

Spontane Reaktion

Dabei zeigte sich, dass für einen erheblichen Teil der Lachgaserzeugung die chemische Denitrifikation (Chemodenitrifikation) verantwortlich ist. Als Denitrifikation wird ansonsten die mikrobielle Umwandlung des im Nitrat gebundenen Stickstoffs zu molekularem Stickstoff und Stickoxiden wie dem Lachgas bezeichnet. Die Umsetzung zu Lachgas geschehe ohne Beteiligung von Mikroorganismen, erklärt Dr. Caroline Schmidt. Die chemische Reaktion laufe spontan ab. »Dabei wird extrem schnell Lachgas gebildet und freigesetzt«, sagt die Tübinger Forscherin. Der Umfang der Lachgasbildung durch diese Reaktion könne die bisher rätselhafte Herkunft des klimaschädlichen Gases erklären. (u)