KREIS TÜBINGEN. Im Vergleich zu 2022 ist es im vergangenen Jahr besser geworden: 39 Prozent der Betriebe, die von der Lebensmittelüberwachung des Landratsamts Tübingen kontrolliert wurden, sind zu schmutzig. 2022 waren es noch 42 Prozent.
Was nach viel klingt, ist nur in den wenigsten Fällen eklatant. Beim Großteil der 2.947 amtlichen Kontrollen, die Betriebe aus den Bereichen Erzeugung, Produktion und Vertrieb überprüft haben, wurden lediglich »geringfügige Hygienemängel« festgestellt. Darunter fallen auch »ungenügende Eigenkontrollmaßnahmen« und »fehlerhafte Kennzeichnungen«, wie es in dem zwölfseitigen Bericht heißt. Diese Nachlässigkeiten sind von den Betreibern leicht zu beseitigen und haben in der Regel auch keine rechtlichen Konsequenzen. Knapp die Hälfte aller Betriebe im Landkreis wurden vergangenes Jahr erfasst.
Bei zwei Prozent der Kontrollen wurden allerdings schwerwiegende Missstände festgestellt – so schwer, dass Sanktionen und rechtliche Maßnahmen greifen: Das Landratsamt Tübingen hat 73 Bußgeld- und zwölf Strafverfahren eingeleitet. Dafür ist nicht nur die nachweisliche Verschmutzung der Küchen und Lager relevant, sondern auch die Haltung der Betreiber.
Eine Zigarette brannte noch
Bei einem Betrieb zeigten die Wirte weder Einsicht für die verlangten Reinigungsmaßnahmen, noch setzten sie diese um. Stattdessen servierten sie den Gästen augenscheinlich verschimmelten Schinken auf einem Frühstücks-Buffet. Erst nach mehrmaligen Kontrollen durfte die Gaststätte wieder Essen verkaufen. Der Fall beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft, da geprüft wird, ob es sich bei dem Vorgang um einen Straftatbestand handelt. Aber auch andere Einzelfälle ragen durch ihre gesundheitsgefährdende Arbeitsweise heraus.
Als seien dreckige Spülbecken, verrostete Kühlsysteme und wochenalter Dreck unter den Schränken noch nicht genug, fanden die Kontrolleure in einer Küche doch tatsächlich eine brennende Zigarette. Die Brandflecken an Kühlschränken und Küchengeräten in der Nähe ließen zudem darauf schließen, dass regelmäßig in den Räumen geraucht wurde.
Auch stellt die Lebensmittelüberwachung immer wieder »Schadnagerbefall« fest – also Spuren, dass Ratten, Mäuse oder Marder in den Lagern und Küchen ihr Unwesen treiben. Es ist nicht unüblich, dass Altbauten in der Stadt oder in Wassernähe mit einem Nagerproblem zu kämpfen haben. Allerdings müssen die Betriebe sicherstellen, dass die Tiere die Lebensmittel nicht erreichen können. Betreiber sind daher angehalten, ihre Keller und Lagerräume immer wieder zu kontrollieren oder Monitoringfallen aufzustellen. Bewahrheitet sich die Vermutung des unliebsamen Nagerbefalls, muss zwingend ein Kammerjäger hinzugezogen werden.
Auch Feste und Veranstaltungen unter der Lupe
Die Kontrollen des Landratsamts beschränken sich nicht nur auf Gaststätten und Restaurants. Auch auf Festen und großen Veranstaltungen unter freiem Himmel sind die Prüfer unterwegs. Hin und wieder fehlte der sogenannte »Spuckschutz«, der die Lebensmittel vor Speichel schützen soll, ebenso wie eine Möglichkeit zum Händewaschen oder die klare Kennzeichnung der Preise. In einem besonderen Fall wurden Würstchen und Brötchen direkt neben den Mülltonnen gelagert – und das ungeschützt.
In einigen Fällen kommen die Impulse zur Überprüfung aus der Bevölkerung. Im vergangenen Jahr gingen 62 Verbraucherbeschwerden bei der Lebensmittelüberwachung ein – etwa, weil Besucher Hygieneverstöße in den Gaststätten feststellten oder weil in einem gekauften Steinbeisserfilet der sprichwörtliche Wurm drin war. In diesem speziellen Fall traf den Einzelhändler, der den Fisch verkauft hatte, keine Schuld. Die Filets wurden korrekt gelagert. Die Larven des »Kabeljauwurms«, die beim Verzehr zu Entzündungen im Magen- und Darmtrakt führen können, waren bereits im Fisch enthalten. Zu Schaden gekommen ist dabei niemand. Im Jahr 2023 blieben Erkrankungsfälle im Zusammenhang mit Lebensmitteln laut Bericht aus. (GEA)