Logo
Aktuell Protestaktion

Gegner von geplantem Tübinger Tunnel besetzen Wald

Seit der Nacht zum Montag haben Gegnerinnen und Gegner des geplanten Autotunnels in der Tübinger Südstadt den dortigen Wald besetzt. Ein erstes Baumhaus ist gebaut, ein Protestbanner gehisst, Lagerfeuer entzündet. Die Besetzer wollen vor allem Aufmerksamkeit für ihr Ziel: den Bau des Schindhaubasistunnel verhindern.

Seit Montagnacht haben Aktivisten ein Protestcamp am Wald beim  Französischen Viertel in Tübingen errichtet. Ein erstes Baumhaus
Seit Montagnacht haben Aktivisten ein Protestcamp am Wald beim Französischen Viertel in Tübingen errichtet. Ein erstes Baumhaus ist bereits gebaut. Besucher sollen Waldspaziergänge und Kletterkurse angeboten bekommen. Foto: Ralf Rittgeroth
Seit Montagnacht haben Aktivisten ein Protestcamp am Wald beim Französischen Viertel in Tübingen errichtet. Ein erstes Baumhaus ist bereits gebaut. Besucher sollen Waldspaziergänge und Kletterkurse angeboten bekommen.
Foto: Ralf Rittgeroth

TÜBINGEN. Seit etwa 1 Uhr am frühen Montagmorgen ist der Wald zwischen der vierspurigen B28 und dem Französischen Viertel von Gegnerinnen und Gegnern des dort geplanten Schindhaubasistunnels besetzt. Symbolisch natürlich. Niemand hindert Wanderer, Spaziergänger oder Radfahrer den Wald zu betreten.

Unter dem Motto »Schindi-verhindi« wollen die etwa zehn Aktivisten, die sich momentan am Eingang zum Wald aufhalten, auf ihr Ziel aufmerksam machen: Der seit Jahrzehnten diskutierte und mittlerweile in der Planung befindliche Autotunnel unter Tübinger Gemarkung soll verhindert werden. Dafür haben die Protestler bereits ein großes Banner zwischen die Bäume gehängt. »Klimaschutz heißt Tunnelstopp« steht darauf und ist weithin sichtbar. Auch von der B28 aus, die nur einige Meter entfernt daran vorbeiführt.

Lagebesprechung im Wald mit Karte. Da, wo die Aktivisten ihr Protestcamp aufgeschlagen haben, soll einmal der Eingang zum Schind
Lagebesprechung im Wald mit Karte. Da, wo die Aktivisten ihr Protestcamp aufgeschlagen haben, soll einmal der Eingang zum Schindhaubasistunnel entstehen. Foto: Ralf Rittgeroth
Lagebesprechung im Wald mit Karte. Da, wo die Aktivisten ihr Protestcamp aufgeschlagen haben, soll einmal der Eingang zum Schindhaubasistunnel entstehen.
Foto: Ralf Rittgeroth

»Wir brauchen die Verkehrswende jetzt«, sagt beispielsweise Samuel Bosch im Protestcamp und meint damit: »Der Schindhaubasistunnel basiert immer noch auf Verkehrsplanungen von vor 50 Jahren. Das Konzept ist schon veraltet, bevor der Tunnel überhaupt in Angriff genommen werden soll.« Seine Mitstreiterin Ronja May ergänzt: »Wir unterstützen den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mehr Straßen nur immer mehr Autoverkehr anziehen. Das gilt auch für einen solchen Tunnel.« Die jungen Frauen und Männer im Tübinger Wald sind sich einig: Wenn der Tunnel kommt, bedeutet das eine noch höhere Verkehrsbelastung für Tübingen und besonders für die Anwohner im Französischen Viertel.

»Die Menschen, die hier in unmittelbarer Nähe leben, werden getäuscht. Die versprochene Verkehrsentlastung wird nicht kommen. Sie werden weiter leiden, wenn der Tunnel kommen sollte«, ist sich Samuel Bosch sicher. Seine Mitstreiterinnen Lu Schmidt und Lena Mapler ergänzen: »Wir brauchen ein anderes Konzept, der den Dauerstau, den es ja jetzt schon auf den beiden Bundesstraßen B27 und B28 gibt, aus Tübingen heraushält. Pförtnerampeln könnten dann dafür sorgen, dass sich Autos woanders stauen, aber nicht hier.«

Auch bei den Planern bei Stadt, Regierungspräsidium Tübingen (RP) bis hin zu Verkehrsminister Volker Wissing müsse ein Umdenken stattfinden, heißt es im Tübinger Wald: »Mehr Verkehr bedeutet auch immer mehr CO₂-Belastung, und das heißt weniger Klimaschutz.« Der Klimaschutz steht im Mittelpunkt bei den Aktivisten. Es sei das zentrale Thema für ihre Generation, sagen sie. Mit ihrer Protestaktion wollen sie zum Klimaschutz beitragen. Deshalb lautet einer ihrer Slogans auch: »Tunnel stoppen statt Klima schrotten«. Der steht auch auf den Flyern, die sie verteilen und zur Demonstration einladen, am Samstag, 23. November, um 15 Uhr auf dem Tübinger Sternplatz hinter dem Kaufland. Weitere Infos gibt es auf einer Internetseite.

Eine Aktivistin klettert nach dem GEA-Besuch wieder auf ihr Baumhaus.
Eine Aktivistin klettert nach dem GEA-Besuch wieder auf ihr Baumhaus. Foto: Ralf Rittgeroth
Eine Aktivistin klettert nach dem GEA-Besuch wieder auf ihr Baumhaus.
Foto: Ralf Rittgeroth

Die eingeschworene Gemeinschaft will auf jeden Fall weiter im Wald ausharren, auch nach dieser Demonstration. »Denn am Montag, 2. Dezember, gibt es den für die Tunnelplanung entscheidenden nächsten Schritt: die Informationsveranstaltung in der Tübinger Herrmann-Hepper-Halle«, erläutert Lena Mapler. An diesem Tag soll es auch eine Mahnwoche vor der Halle geben. Bei der Informationsveranstaltung werden laut RP Tübingen zunächst wichtige Themen, wie die technische Straßenplanung, die Landschaftsplanung, der Lärmschutz, die Verkehrssicherheit und die Auswirkungen des Projektes auf Mensch, Natur und Umwelt vorgestellt.

Die Klima-Aktivisten laden ausdrücklich alle Menschen ein, sie im Wald zu besuchen. »Wir bieten auch Waldwanderungen und Kletterkurse an«, so Lu Schmidt. Apropos Klettern: Die Polizei sei auch schon vor Ort gewesen, habe sich erkundigt, ob es allen gut gehe und ob ausreichend Kletterkenntnisse vorhanden seien. Damit niemand vom Baum falle und es keine Verletzten gebe. »Ansonsten ist dies ein öffentlicher Wald, wir dürfen uns hier aufhalten«, so die Aktivisten. (GEA)