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Aktuell Kriminalität

Frau aus Nehren bringt Einbrecher zum Weinen

Als Claudia B. von einem kurzen Spaziergang nach Hause kommt, erwartet sie eine böse Überraschung. Ein Einbrecher steht vor ihr. Sie spricht ihn an. Wie sie den Einbruch in Nehren erlebt hat.

Aus diesem Balkon in Nehren hüpfte ein Einbrecher, um der Polizei zu entkommen. Foto: Ifigenia Stogios
Aus diesem Balkon in Nehren hüpfte ein Einbrecher, um der Polizei zu entkommen.
Foto: Ifigenia Stogios

NEHREN. »Noch sitzt der Schrecken tief«, sagt Claudia B. aus Nehren. Es könnte einem Filmszenario gleichen, was sie und ihr Ehemann neulich erlebt haben. Sie ertappen einen Einbrecher auf frischer Tat. Trotz des Schocks unterhält sich die Frau mit dem Eindringling. Claudia B. berichtet, was sie genau erlebt hat. 

Nur kurz geht die Frau an jenem Mittwoch mit ihrem Hund aus dem Haus. Währenddessen klettert ein Unbekannter auf den etwa drei Meter hohen Balkon und verschafft sich dann Zugang zum Hausinneren. Ihr Gatte Helmut B. befindet sich im Bad, als er Geräusche hört. Dann nimmt er eine Stimme wahr. Es heißt: »Wenn Sie fertig sind, muss ich dringend mit Ihnen reden.« Angst verspürt er keine, nur Verwunderung, da er davon ausgeht, dass einer der Handwerker, die am Morgen auf dem Dach arbeiteten, unangemeldet ins Haus hineingelaufen sei. Kurz danach hört er, wie sich der Schlüssel an der Tür dreht. Seine Ehefrau ist zurück.

Der Eindringling weint

Als Claudia B. das Haus betritt, folgt eine böse Überraschung. Im Wohnzimmer steht ein unbekannter Mann, etwa 1,75 Meter groß. Er hat dunkle, kurze Haare und einen Drei-Tage-Bart. Er trägt eine Outdoor-Hose mit mehreren Taschen und eine Weste über einem weißen T-Shirt. Claudia B. weiß nicht weiter. »Ich war entsetzt und brüllte los.« Sie fragt ihn, wer er denn sei. Helmut B., der inzwischen das Bad verlassen hat und den Unbekannten sieht, kommentiert schockiert: »Das würde ich auch gern wissen.« 

Daraufhin greift die Nehrenerin zum Hörer, um Hilfe zu rufen. Weil sie aber sehr durcheinander ist, wählt sie versehentlich die Notfallnummer und bittet die Person, mit der sie telefoniert, ihr Anliegen der Polizei weiterzuleiten. Der Unbekannte, der Gummihandschuhe trägt, sagt, er habe einen Fehler gemacht. Er fleht sie an, sich bei der Polizei zu melden und zu sagen, es sei alles gut. Er fängt zu weinen an. »Uns gegenüber war er gar nicht aggressiv«, sagt Claudia B. und klingt erleichtert.

Um Zeit zu gewinnen und mit der Hoffnung, dass die Polizei ihn noch schnappt, stellte sie ihm Fragen. Sie möchte wissen, woher er denn komme und wie alt er sei. »Er meinte, er sei aus Syrien, wohne in Rottenburg und sei 15.« Doch Claudia B. weiß, dass er definitiv kein Jugendlicher ist. Sie schätzt: »Er ist Anfang bis Mitte 20.« Auf die Frage, was er denn bei ihr zu Hause zu suchen habe, antwortet er, ihm sei die geöffnete Balkontür aufgefallen und er habe nachschauen wollen, ob alles in Ordnung sei. Auch auf die Frage, weshalb er überhaupt Handschuhe trage, hat er eine Ausrede parat. Seine Hand sei verletzt. Als ihn Claudia B. anfordert, sie auszuziehen, fällt ihr keine Verletzung auf. Nach rund zehn Minuten »läuft er rückwärts Richtung Balkon und springt runter«.

Hilfe für Opfer von Einbrüchen

Der Verein »Weisser Ring« bietet jeglichen Opfern von Kriminalität kostenlos Hilfe an. Die Außenstellen sowohl in Tübingen als auch in Reutlingen sind zwar nicht besetzt, es können sich bei dem Verein aber trotzdem Betroffene aus dem Landkreis Tübingen und Reutlingen telefonisch unter 0711 90713990 melden. »Wir haben kein festes Schema, wie wir helfen, sondern viele verschiedene Möglichkeiten und Ideen«, ist online zu lesen. Auf der Internetseite finden sich noch Tipps, wie man sich vor Einbrechern schützen kann. Die Initiative der Polizei und Wirtschaft »K-Einbruch« liefert ebenso Sicherheitstipps und kostenlose Beratung. (ifi)

Claudia B. hört noch ein »Aua!« und dann flieht er. Er fährt mit einem E-Scooter davon, den er auf ihrem Grundstück deponiert hatte. Claudia B. fällt auf, dass ihr Rucksack durchwühlt ist. Glücklicherweise fehlt nichts. Die Polizei kommt erst 25 Minuten nach dem Anruf, berichtet sie. Bisher wurde der Täter nicht gefunden.

Ein Phantombild wird nicht erstellt. »Aus verschiedenen Gründen, die nicht bekanntgegeben werden können«, so ein Polizeisprecher. Einen Tag davor war im Lokal direkt nebenan eingebrochen worden. Ein Unbekannter stahl eine Kaffeemaschine, die er hinterher in einen Müllcontainer warf und ein Handy. Es wird ermittelt, ob zwischen den zwei Einbrüchen ein Zusammenhang besteht, heißt es auf GEA-Anfrage.

Das Erlebnis »hinterlässt Angst«. Claudia B. sei gutgläubig und hilfsbereit durchs Leben gelaufen, sagt sie. »Ich habe immer das Gute an den Menschen gesehen.« Das hat sich geändert. Jetzt sei sie misstrauisch geworden. Wenn jemand an ihrer Tür klopft, überlegt sie sich zweimal, ob sie aufmachen soll.

Früher sei sie kein ängstlicher Mensch gewesen. »Hier im idyllischen und etwas verschlafenen Nehren habe ich mich immer wohlgefühlt.« Nach dem Einbruch fühlt sie sich allerdings in ihren eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. (GEA)

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www.k-einbruch.de