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Aktuell Medizin

Forscher der Uni Tübingen: Alzheimer-Signatur in der Darmflora

Durch eine neue Art, Alzheimer zu identifizieren, öffnet sich auch die Tür für neue Behandlungsmöglichkeiten. Die sollen nun entwickelt werden.

In Deutschland leben rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Erkrankung. FOTO: ADOBE STOCK/
In Deutschland leben rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Erkrankung. Foto: ADOBE STOCK/LIGHTFIELD STUDIOS
In Deutschland leben rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Erkrankung.
Foto: ADOBE STOCK/LIGHTFIELD STUDIOS

TÜBINGEN. Die Darmflora des Menschen – das Darm-Mikrobiom – rückt bei vielen Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes immer mehr in den Fokus. Aktuelle Studienergebnisse eines Forschungsteams der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene – beide am Uniklinikum Tübingen – zeigen nun, dass das Darm-Mikrobiom auch bei der Alzheimer-Krankheit eine wichtige Rolle spielen kann.

Mithilfe dieser neuen Erkenntnisse wollen die Forscherinnen und Forscher nun auch neue Behandlungsmöglichkeiten ergründen. Die Studie wurde jüngst im Fachjournal Frontiers in Neuroscience publiziert.

Wenn Nervenzellen absterben

Die Alzheimer-Erkrankung stellt die häufigste Form von Demenz bei älteren Menschen dar. Betroffene leiden aufgrund absterbender Nervenzellen im Gehirn zunehmend unter Vergesslichkeit, sind orientierungslos und verwirrt. Über die Ursachen, die zur Entstehung der Erkrankung führen, ist noch nicht viel bekannt, Chancen auf Heilung gibt es bislang nicht. Ein Forschungsteam um Professor Dr. Christoph Laske der Sektion für Demenzforschung an der Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen und um Professor Dr. Matthias Willmann vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Tübingen sowie Eurofins Germany konnte nun anhand einer Studie einen neuen Weg aufzeigen, bei Betroffenen die Alzheimer-Krankheit zu identifizieren.

Treffsichere Identifizierung

Im Rahmen der AlzBiom-Studie untersuchten sie das Darm-Mikrobiom von jeweils 100 gesunden älteren Menschen ohne Gedächtnisbeeinträchtigung, 100 Personen mit leichten Gedächtnisbeeinträchtigungen und 100 Personen mit gesicherter leichtgradiger Alzheimer-Demenz.

Mithilfe des Shotgun Metagenomics Sequencing, einer Methode zur Sequenzierung und Messung von langen DNA-Strängen, konnten Laske und sein Team erstmals nachweisen, dass sich das Darm-Mikrobiom von Patientinnen und Patienten mit Alzheimer sowohl auf der Speziesebene (Zusammensetzung der Bakterien) als auch auf funktioneller Ebene (Stoffwechselprozesse) vom Darm-Mikrobiom gesunder Studienteilnehmender deutlich unterscheidet. Die Analyse des Mikrobioms erlaubt eine treffsichere Identifizierung von Alzheimer-Erkrankten, was die diagnostische Bedeutung des Darm-Mikrobioms unterstreicht.

»Wir haben eine Alzheimer-Signatur im Darm-Mikrobiom identifiziert, die zur Unterscheidung von Amyloid-positiven Alzheimer-Patienten von gesunden Kontrollpersonen verwendet werden kann«, beschreibt Studienleiter Laske. »Die Untersuchungsergebnisse sprechen dafür, dass eine Beeinflussung des Darm-Mikrobioms ein neuer, innovativer Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung darstellen könnte. Die Wirksamkeit eines solchen Behandlungsansatzes muss in zukünftigen Studien noch untersucht werden.«

Aktuell wertet die Forschungsgruppe die Studiendaten der longitudinalen Untersuchung über vier Jahre aus.

Die Studie wurde unter anderem durch einen AKF-Grant (Angewandte Klinische Forschung) der Uni Tübingen und einen Zuschuss des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg unterstützt. (u)