TÜBINGEN. Im September reist Landes-Staatssekretärin Ute Leidig als Mitglied einer deutschen Delegation nach Dänemark. »Wir schauen uns verschiedene Einrichtungen im Gesundheitswesen an. Vor allem was die Digitalisierung an geht sind die Dänen weiter als wir«, sagte die Staatssekretärin im Landesministerium für Soziales Gesundheit und Integration am Mittwoch bei ihrem Besuch in Tübingen.
Hier besuchte sie vormittags das Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg betriebene LebensPhasenHaus in der Rosenau. Nach ihrem Besuch des Gebäudes fasste sie zusammen: »Hier wird anschaulich gemacht, welche Möglichkeiten die Digitalisierung bietet, um Pflege zu erleichtern.« Vieles geht über Sensoren, etwa jene, die signalisieren, wenn ein Topf ohne Inhalt auf einem Herd steht – und diesen dann ausschalten.
Akustische Signale erinnern daran, rechtzeitig und genug zu trinken
Die Teilnehmer des Gesprächs im LebensPhasenHaus hörten von Zeit zu Zeit akustische Signale. Eins erinnert die Menschen daran ihre Medikamente zu nehmen. Ein anderes fordert die Menschen auf, rechtzeitig und genügend zu trinken. »Das ist ein großes Thema bei älteren Menschen. Auf diese Weise bleiben sie stabil. Das mindert auch die Sturzgefahr«, so die Staatssekretärin.
Ute Leidig sagte, ihr liege viel daran, alte, pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen lassen zu können. Dazu sei Aktivierung, Beschäftigung nötig, sonst baue sich deren Leistungsfähigkeit rapider ab. Gerade bei eingeschränkter Feinmotorik, so Ute Leidig, gebe es mittlerweile Hilfsmittel und geeignete Angebote zur Unterstützung.
Telemedizin ermöglich heute in manchen Fällen Ferndiagnosen
Dies veranschaulichten die Gründer des Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg, der Politologe Daniel Buhr und der Chemiker Udo Weimar, zusammen mit ihren Mitarbeitern Kirsten Heiland und Manuel Höfland, auf verschiedene Weise. Etwa mit dem Hinweis auf Exo-Skelette, die den Bewegungsapparat älterer Menschen von außen unterstützen.
Telemedizin ermöglicht, dass sich Patienten und Ärzte auf Augenhöhe begegnen können: Heute sind Ferndiagnosen in bestimmten Fällen möglich. Die Digitalisierung ermöglicht außerdem Pflegekräften mehr Kompetenzen zu übertragen. Mittlerweile kann mit Spracherkennung gearbeitet werden. Dahinter stecke die App »Dexter«, sie erleichtere beispielsweise das Arbeiten von Pflegern in Heimen.
Sprach-App erleichtert die Dokumentation
Durch Spracheingabe zeigt die App an, welche Patienten Hilfe brauchen und welcher Raum aufgesucht werden muss. Laut Kirsten Heiland erkennt die App auch Sprachfärbungen und Dialekte und übersetzt in grammatikalisch korrektes Deutsch: »Die Dokumentation hat sich dadurch deutlich verbessert.« Dies spare 33 Prozent der dafür aufgewendeten Zeit ein, ergänzte Daniel Buhr. »Das ist die Voraussetzung, dass die E-Patientenakte kommen kann«, stellte Udo Weimar fest.
Mittlerweile, so Weimar weiter, sei das Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg »auch für Berlin Ansprechpartner als Stimme der Pflege.« Das LebensPhasenHaus will darstellen, welche Möglichkeiten es gibt. Etwa die sprechende Roboterin »Navel«, die als Kommunikationspartner vor allem für Demenzkranke in Frage kommt.
Das LebensPhasenHaus transportiert sein Wissen auch aus Tübingen hinaus
Das System Enna wiederum funktioniert über das Auflegen von Karten, die Informationen oder Wünsche des Patienten enthalten auf einen Laptop mit Schrifterkennung. Oder das »Bike-Race«, ein Ergometer mit Bildschirm: Man radelt zuhause durch Landschaften, die von anderen Radlern auf deren Touren gefilmt wurden.
Vor allem aber setzen die Macher des LebensPhasenHauses darauf, ihr Wissen auch mit Menschen zu teilen, die nicht nach Tübingen kommen können. Sie statteten einen Transporter mit digitaler Technik aus, so dass sie dorthin fahren können, wo ihr Wissen benötigt wird. »Das halte ich für einen guten Ansatz«, fasste Ute Leidig zusammen.
Kasten
Die gebürtige Heidelbergerin Ute Leidig, 61, ist auf politischer Ebene im Karlsruher Kreisverband der Grünen zuhause. Für sie saß die (an der Uni Tübingen) promovierte Psychologin zwischen 2009 und 2019 im Gemeinderat der Fächerstadt, zuletzt als Fraktionsvorsitzende. Im Februar 2019 rückte sie in den baden-württembergischen Landtag nach. Bei den Wahlen 2021 holte Ute Leidig erneut das Direktmandat für die Grünen in ihrem Wahlkreis. Seitdem bekleidet sie das Amt der Staatssekretärin im Landesamt für Soziales Gesundheit und Integration.