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Biologe Kretschmann besucht Tübinger Biologen

Was haben Fadenwürmer, Braunalgen und Fruchtfliegen gemeinsam? An ihnen erforschen Wissenschaftler im Tübinger Max-Planck-Institut die Evolution. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ließ sich das vor Ort erklären.

Von jungen Forscherinnen und Forschern ließ sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Tübinger Max-Planck-Institut für Biol
Von jungen Forscherinnen und Forschern ließ sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Tübinger Max-Planck-Institut für Biologie und biologische Kybernetik ihre Arbeit erklären. Foto: Irmgard Walderich
Von jungen Forscherinnen und Forschern ließ sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Tübinger Max-Planck-Institut für Biologie und biologische Kybernetik ihre Arbeit erklären.
Foto: Irmgard Walderich

TÜBINGEN. Auf gewisse Weise war der Besuch des baden-württembergischen Ministerpräsidenten im Tübinger Max-Planck-Institut eine Art Heimspiel: ein Biologe unter Biologen. Und ein seltenes Gastspiel dazu. Biologische Institute besuche er höchst selten, sagte Kretschmann. Einen ganzen Nachmittag hat er sich dafür Zeit genommen. »Schnupperkurse mache ich genug.«

Wie Evolution funktioniert, wie sich also Lebewesen über Generationen hinweg verändern, erforschen Wissenschaftler am Institut für Biologie. Braunalgen, Fadenwürmer und Fruchtfliegen sollen darüber Auskunft geben. Was oben neben der Tübinger Sternwarte auf dem Max-Planck-Campus passiert, ist Grundlagenforschung pur. Das bestätigte Prof. Dr. Ralf Sommer dem Ministerpräsidenten auf Nachfrage. Die Max-Planck-Institute bieten dafür die besten Bedingungen, betonte Sommer. Jedes Institut arbeite autonom. »Die Geldmittel sind schon üppig«, sagte der Evolutionsbiologe. Einzigartig sei auch die langfristige Sicherheit für die Forscher. Sie dürfen Neues ausprobieren, ohne die Kürzung von Finanzmitteln fürchten zu müssen. Das bringt die Wissenschaft weiter. »Vieles geht schief. Aber wenn ich immer denselben Pfad weitertrete, komme ich nicht weiter«, beschreibt es Sommer.

»Ich habe persönlich noch das ganze Tierreich durchmikroskopiert - Ministerpräsident Winfried Kretschmann«

Das menschliche Gehirn ist Forschungsschwerpunkt am Institut für biologische Kybernetik. Wie speichert das Gehirn Erinnerungen und neue Informationen im Schlaf, wie funktionieren neuronale Schaltkreise? Das sind die Fragen, denen die Wissenschaftler dort nachgehen. Sie haben dafür die modernsten Geräte. So steht im Magnetresonanzzentrum ein Kernspintomograph, den es weltweit mit einem derart starken Magnetfeld nur drei Mal gibt: in Paris, den USA und Tübingen. Das Gerät steht in einem 600 Tonnen schweren Eisenkäfig, der dieses Magnetfeld abschirmt. Detailgenaue Bilder des menschlichen Gehirns können so aufgenommen werden. Dabei wird untersucht, wo Denkprozesse im menschlichen Hirn stattfinden. Es sind gesunde Menschen, die im MPI für biologische Kybernetik in die Röhre steigen, betonte Prof. Dr. Klaus Scheffler. Medizinisch genutzt werde das Gerät aber auch immer wieder - auf Nachfrage des Uniklinikums.

»Mein Studium hatte im Vergleich dazu etwas Betuliches an sich«, sagte Kretschmann in Anbetracht der Forschungsfelder, die im MPI vor ihm ausgebreitet wurden. »Ich habe persönlich noch das ganze Tierreich durchmikroskopiert.« Auch die Schnitte dazu habe er selbst angefertigen und anschließend zeichnen müssen. »Das hat dann einen Schein gegeben, auf dem stand: Herr Kretschmann kann zoologische Präparate gut zeichnen.«

Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit Prof. Dr. Ralf Sommer vom Max-Planck-Institut für Biologie.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit Prof. Dr. Ralf Sommer vom Max-Planck-Institut für Biologie. Foto: Irmgard Walderich
Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit Prof. Dr. Ralf Sommer vom Max-Planck-Institut für Biologie.
Foto: Irmgard Walderich

Eine sehr frühe Spezialisierung im Bereich Biologie sieht der Ministerpräsident kritisch. »Wie soll man die ökologischen Zusammenhänge verstehen, wenn man keine Tiere und Pflanzen mehr kennt.« Interdisziplinarität sei das Gebot der Stunde. »Wie vernetzten wir Institutionen, damit sie zusammenarbeiten.« Die Einwände Kretschmanns fanden bei den Wissenschaftlern durchaus Gehör. Nur wer das große Ganze kenne, hat auch einen Überblick, bestätigte Sommer. »Dann forschen Sie mal schön weiter«, verabschiedete sich der Ministerpräsident vom Evolutionsbiologen und ging interessiert weiter in Richtung Schlaflabor. (GEA)