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Aktuell Patenschaft

Besondere Freundschaft zwischen Studenten und krebskranken Kindern in Tübingen

In der Kinderonkologie der Tübinger Uniklinik sind viele junge Menschen mit den Herausforderungen des Lebens konfrontiert. Ein Projekt zweier engagierter Medizinstudenten lässt nicht nur die Herzen der betroffenen Kinder höher schlagen.

Die Tübinger Medipaten bringen mit ihrem Patenschaftsprojekt Freude in den schwierigen Alltag von krebskranken Kindern in der Kl
Die Tübinger Medipaten bringen mit ihrem Patenschaftsprojekt Freude in den schwierigen Alltag von krebskranken Kindern in der Klinik. Foto: Medipaten
Die Tübinger Medipaten bringen mit ihrem Patenschaftsprojekt Freude in den schwierigen Alltag von krebskranken Kindern in der Klinik.
Foto: Medipaten

TÜBINGEN. Gute Freundschaften sind ein Geben und Nehmen. Wenn die Herausforderungen des Lebens auf den einen einprasseln, eilt der andere mit dem Regenschirm herbei - unterstützt seinen Gegenüber, steht ihm bei. So läuft das auch bei den Medipaten in Tübingen, einer Gruppe engagierter Medizinstudenten, die sich ihren Patenkindern auf besondere Weise widmen. Es ist eine Freundschaft, von Zusammenhalt und Hoffnung geprägt.

In Deutschland erhalten jedes Jahr etwa 2.200 Kinder und Jugendliche die Diagnose Krebs. Von einem Moment auf den anderen wird ihre Welt aus den Angeln gehoben. Statt unbeschwert zu spielen und zu träumen, müssen sie sich plötzlich mit langen, belastenden Behandlungen auseinandersetzen. Ihre Tage im Krankenhaus sind geprägt von Unsicherheit und der ständigen Frage nach dem Morgen. Doch zwei Medizinstudenten aus Tübingen, Linda Maschke und Niclas Wiebe, wollten diesem Schicksal etwas entgegensetzen. 2022 gründeten sie die Medipaten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Freude in den Alltag dieser Kinder zu bringen und gleichzeitig deren Eltern und Ärzte zu entlasten.

Das Kernteam der Medipaten (von links): Niclas Wiebe, Nele Tacke, Linda Maschke, Aylin Kuru, Sophia Mebold, im Herz: Amira van C
Das Kernteam der Medipaten (von links): Niclas Wiebe, Nele Tacke, Linda Maschke, Aylin Kuru, Sophia Mebold, im Herz: Amira van Capelle, nicht auf dem Foto: Simon Vogel.
Das Kernteam der Medipaten (von links): Niclas Wiebe, Nele Tacke, Linda Maschke, Aylin Kuru, Sophia Mebold, im Herz: Amira van Capelle, nicht auf dem Foto: Simon Vogel.

Gemeinsam malen, basteln, spielen oder einfach mal quatschen: »Wir sehen unsere Patenkinder ungefähr einmal die Woche«, erzählt Nele Tacke. Die 23 Jahre alte Medizinstudentin ist heute ein fester Bestandteil des Medipaten-Teams. »Ich habe vor zweieinhalb Jahren über Instagram von dem Projekt erfahren und war begeistert. Dann habe ich Niclas angeschrieben und bin schließlich zu einer Patin geworden«, erinnert sie sich zurück. Aktuell ist Nele die Patin der 14 Jahre alten krebskranken Kim. »Unsere Patenschaft hat angefangen, als Kim ihre Stammzellentransplantation hatte. Da haben wir dann zusammen in der Isolation gebastelt«, erzählt sie.

Die Mission der Medipaten geht über das hinaus, was das Pflegepersonal täglich leisten kann. »In der Klinik gibt es tolle Pflegekräfte, die sich um die Kinder kümmern und sich sehr viel Mühe geben. Unser Ziel bei den Medipaten ist es jedoch, den Kindern als fast gleichaltrige Bezugspersonen und Freunde zur Seite zu stehen«, erklärt Niclas Wiebe, der das Projekt ins Leben gerufen hat. So haben die Kinder die Möglichkeit, ihre Zeit anders zu verbringen als nur mit Themen, die ihre Pflege, Therapie oder Krankheit betreffen.

Großer Pool an potenziellen Paten

Die Kinder sind zwischen einem und 19 Jahren alt. In Zukunft könnten die Medipaten sich aber vorstellen, das noch weiter auszubauen. Das freiwillige Angebot der Studenten wird von den Kindern und ihren Eltern gut angenommen. Zehn Patenschaften laufen derzeit auf der Kinderonkologischen Station der Uniklinik. Andere Patenschaften werden nach der Zeit auf Station im Privaten weitergeführt. Über eine Verbindung zum psychosozialen Dienst werden die Medipaten darüber informiert, welches Kind Interesse an einer solchen Patenschaft hat. Das zehnköpfige Organisations-Team gibt dann einige Informationen, wie beispielsweise Alter, Hobbys und die Liegezeit des Kindes an einen großen Pool aus interessierten Paten weiter - die sich anschließend melden können.

Über 120 Medizinstudenten befinden sich aktuell in diesem Pool. Für andere Studenten oder Freiwillige ist das Projekt leider nicht zugänglich. Das liegt neben dem benötigten medizinischen Wissen auch an anderen Hürden wie Impfungen oder Schweigepflichtserklärungen. Trotzdem komme »fast immer« eine Medi-Patenschaft zustande. Das sei leider nicht immer ganz einfach. »Wir geben uns immer sehr Mühe, dass einer Verbindung keine Sprachbarrieren und Semesterferien in die Quere kommen«, versichert Nele. Zweite Muttersprachen tragen so oft dazu bei, dass eine Partnerschaft überhaupt funktionieren kann.

Profit für alle Beteiligten

»Medipate zu sein, das ist einfach ein großartiges Gefühl. Die Einblicke, die man als Medizinstudent erhält, und die beeindruckenden Kinder, die man dabei kennenlernt... Mein Patenkind Kim zum Beispiel gibt mir so viel. Ihre Tapferkeit inspiriert mich. Gleichzeitig hoffe ich natürlich, dass unsere Treffen auch für sie eine Bereicherung sind.« Die Rückmeldungen zum Projekt sind stets positiv, doch meist sind es nicht Worte, die dieses Feedback ausdrücken, erklärt Niclas. »Es ist der Blick und die Mimik eines Kindes, wenn man es aus dem Klinikalltag herausholt. Sie blühen regelrecht auf. Genau deshalb machen wir das.«

»Anfangs war es ein reines Patenschaftsprojekt«, erzählt Niclas Wiebe. »Mittlerweile ist es jedoch viel mehr geworden.« Neben den Patenschaften organisiert die Gruppe auch verschiedene soziale Aktionen. Ein Highlight war der Spendenlauf im Januar, der mit überwältigender Teilnehmerzahl von rund 250 Läufern 6.000 Euro für den guten Zweck einbringen konnte. Bunte Gruppen – darunter Vereine, Arztpraxen, Eltern und Firmen – nahmen teil. Der Lauf führte etwa fünf Kilometer durch den Wald bis zum griechischen Restaurant »Faros«. Im nächsten Sommer soll das Event erneut stattfinden und noch größer werden.

Hand in Hand: Das Maskottchen der Tübinger Tigers war im letzten Jahr zu Besuch auf der onkologischen Station der Tübinger Unikl
Hand in Hand: Das Maskottchen der Tübinger Tigers war im letzten Jahr zu Besuch auf der onkologischen Station der Tübinger Uniklinik. Das sorgte für strahlende Gesichter. Foto: Medipaten
Hand in Hand: Das Maskottchen der Tübinger Tigers war im letzten Jahr zu Besuch auf der onkologischen Station der Tübinger Uniklinik. Das sorgte für strahlende Gesichter.
Foto: Medipaten

Immer weiter Gutes tun, ist das Motto der Gruppe. Niclas Wiebe, der zusätzlich zu Medizin auch noch Physik studiert, denkt keineswegs ans Runterfahren. Woher er die Zeit für sein ehrenamtliches Engagement nimmt? »Passion«, grätscht Kollegin Nele ein, bevor er antworten kann. »Auch wenn es manchmal stressig ist, er macht alles möglich«. Dem stimmt Niclas mit einem Lächeln auf den Lippen zu.

Heute ist aus dem anfänglichen Entwurf der Medipaten ein stetig weiterentwickeltes und auch international wachsendes Projekt geworden. So konnten nach Kliniken in Heidelberg und Homburg auch eine in Zürich für das besondere Freundschaftsmodell begeistert werden. Die ersten Patenschaften seien dort bereits in der Planung. In Tübingen geht bald das neue Projekt der Medipaten an den Start: Die »Cuddle-Buddys«. Hier knuddeln Medizinstudenten Neugeborene. »Der Körperkontakt, die Wärme und Geborgenheit bringen den Babys einen großen gesundheitlichen Vorteil«, so Nele. (GEA)